Weitere Besonderheiten weist der Fall auf, wenn sowohl der letzte gewöhnliche Aufenthalt als auch das domicile des Erblassers in Deutschland liegen. Diese Konstellation wird insbesondere bei Erblassern eine Rolle spielen, die erst kurze Zeit vor ihrem Tode ihren Wohnsitz nach Singapur verlegt haben.
a) Verhandlung vor einem deutschen Gericht
Ein deutsches Gericht, das von Art. 21 Abs. 1 EU-ErbVO ausgeht, wird diesen Fall in seiner Gesamtheit deutschem Recht unterstellen. Es wird also auch hinsichtlich der in Singapur liegenden Immobilien deutsches Recht anwenden.
b) Verhandlung vor einem singapurischen Gericht
Ein singapurisches Gericht wird dem allerdings nur im Hinblick auf die in Deutschland liegenden Immobilien sowie alle beweglichen Gegenstände des Nachlasses folgen und auf die in Singapur liegenden Immobilien aufgrund des Belegenheitsprinzips des Common Law singapurisches Recht anwenden.
c) Fazit
Befinden sich sowohl der letzte gewöhnliche Aufenthalt als auch das letzte domicile des Erblassers in Deutschland, kommt es hinsichtlich der Behandlung von in Deutschland liegenden Immobilien sowie beweglichen Gegenständen des Nachlasses, unabhängig davon, vor welchem Gericht die Erbsache verhandelt wird, zu einer Anwendung deutschen Rechts. Im Hinblick auf in Singapur liegende Immobilien ist allerdings die Wahl des Gerichts ausschlaggebend für das anzuwendende materielle Recht.
In der Praxis wird dieser Konflikt dennoch keine große Rolle spielen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass bei den betroffenen Parteien nur wenig Interesse an einer Verhandlung über die singapurischen Immobilien vor einem deutschen Gericht bestehen wird, da in Singapur ohnehin ein gesondertes gerichtliches Verfahren durchgeführt werden muss. Pragmatisch ist in einem solchen Fall – wie allgemein, soweit sich im Nachlass singapurische Immobilien befinden – vielmehr ein Antrag auf Beschränkung des Verfahrens und Ausklammerung der in Singapur liegenden Immobilien gemäß Art. 12 Abs. 1 EU-ErbVO. Um derartige Konstellationen schon im Vorfeld zu berücksichtigen, empfiehlt es sich außerdem, zwei letztwillige Verfügungen aufzusetzen. Die eine letztwillige Verfügung sollte deutschem, die andere singapurischem Recht unterliegen. Beide Verfügungen sollten sich dabei aufeinander beziehen, im Übrigen aber jeweils nur den im jeweiligen Staat befindlichen Nachlass regeln.