Der Beschluss des OLG Brandenburg ist im Bereich des Landwirtschaftserbrechts angesiedelt und behandelt einige interessante Fragen zu den §§ 13 ff GrdstVG.
In den §§ 13 ff GrdstVG ist geregelt, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb, der einer durch gesetzliche Erbfolge entstandenen Erbengemeinschaft gehört, unter bestimmten weiteren Voraussetzungen gem. §§ 13 – 15 GrdstVG durch gerichtlichen Beschluss einem einzelnen Miterben ungeteilt zugewiesen werden kann. Diese Regelungen durchbrechen damit für den Bereich des Landwirtschaftserbrechts die sonstigen Vorschriften zur Erbauseinandersetzung des BGB.
Das Zuweisungsverfahren greift gem. § 13 Abs. 1 S.1 GrdstVG nur ein, wenn eine gesetzliche Erbengemeinschaft vorliegt. In diesem Fall ist der Hof dann auf Antrag demjenigen Miterben zuzuweisen, dem er nach dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Erblassers zugedacht war. Ein wirklicher Wille war im vorliegenden Fall nicht feststellbar. Somit kam es alleine auf den mutmaßlichen Willen an. Dieser hypothetische Wille beurteilt sich allgemein danach, welchen Miterben der Erblasser bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände als Nachfolger seines Betriebs ausgewählt haben würde, wenn er zu seinen Lebzeiten zur Beantwortung dieser Frage gezwungen gewesen wäre. Das OLG Brandenburg hat hierzu sämtliche feststellbaren Argumente für und wider die beiden Beteiligten sorgfältig herausgearbeitet und kam zu dem Ergebnis, dass bei der Witwe eine deutlich stärkere Verbundenheit zum Betrieb besteht und daher der Erblasser ihr den Vorzug eingeräumt haben würde. U. a. ausschlaggebend für die Zuweisung an die Witwe war im vorliegenden Fall die Tatsache, dass der landwirtschaftliche Betrieb über einen längeren Zeitraum vom Erblasser und dem überlebenden Ehegatten gemeinsam arbeitsteilig geführt worden ist. Hierin sah das Gericht überzeugend auch zugleich eine positive Fortführungsprognose als gegeben an, was letztlich ausschlaggebend für die Entscheidung war.
Grundlegend sind hierbei die Ausführungen des OLG Brandenburg, wonach einem Abkömmling des Erblassers grundsätzlich kein Vorrang bei der Zuweisung gegenüber dem Ehegatten zukommt. Das ist mE richtig und ergibt sich so auch aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 S. 2 GrdstVG. Denn dort wird sowohl den Abkömmlingen als auch dem Ehegatten gegenüber sonstigen weiteren Miterben beim Zuweisungsverfahren ein gewisser Vorrang eingeräumt. Während eine Zuweisung an andere Miterben nur zulässig ist, wenn sie den Betrieb bewohnen oder bewirtschaften, ist dieses Kriterium sowohl für Abkömmlinge als auch für Ehegatten entbehrlich, womit zum Ausdruck kommt, dass Abkömmlinge und Ehegatten auf einer gleichwertigen Stufe stehen. Hierfür spricht auch Sinn und Zweck des Zuweisungsverfahrens. Denn die Sonderreglungen des GrdstVG sollen in erster Linie leistungsfähige landwirtschaftliche Betriebe am Leben erhalten und nicht das Familienvermögen für die eigene Blutslinie erhalten. Dies muss der Erblasser dann schon selbst ausdrücklich mittels einer letztwilligen Verfügung regeln.
Des Weiteren muss der Zuweisungserwerber auch gem. § 15 Abs. 1 S. 3 GrdstVG zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Hofes geeignet sein. Das war im vorliegenden Verfahren bei beiden Beteiligten der Fall, die eine hatte eine landwirtschaftliche Fachausbildung, die andere hatte jahrelang den Betrieb selbst (mit-)bewirtschaftet. In diesem Zusammenhang betont das Gericht, dass ein etwas höheres Alter an sich noch kein Kriterium ist, das gegen die Geeignetheit spricht, auch nicht das Vorliegen bestimmter körperlicher Beeinträchtigungen. Die körperliche Mitarbeit im Betrieb ist gerade keine Eignungsvoraussetzung, denn der Betrieb kann auch mit Hilfe von Arbeits- und Hilfskräften bewirtschaftet werden, zumindest wenn dies wirtschaftlich tragfähig ist.
RA Dr. Alexander Wirich – Villingen-Schwenningen – Kanzlei Schrade und Partner, FA ErbR, FA SteuerR
ZErb 3/2016, S. 081 - 086