Das Testament als hochmittelalterliche Innovation im Rechtsleben ist uns über die Jahrhunderte hinweg zu einer solchen Selbstverständlichkeit geworden, dass man sich über Sinn und Zweck eigentlich schon gar keine Gedanken mehr macht. Aber es ist, auch im Gebrauch der Rechtsbürger, immer noch eine Ausnahme des Normalfalls: automatische Erbschaftsregelung nach der BGB-Rechtslage. Estate planning (vornehmlich unter Ausfertigung eines Testaments) jedweder Art setzt einerseits eine gewisse Weitsicht wie auch Gestaltungslust (beim – zugegebenermaßen eher wohlhabenden – Erblasser) voraus, andererseits bringt das aber auch ein gewisses Zwangselement in die (späteren) Eigentumsverhältnisse. Der Erbe/die Erben wird/werden gehindert, so zu verfahren, wie es ihm/ihnen vorschwebt und die Rechtsordnung das auch als Normalfall so sieht.
Es soll also beim Standard-Vermögensübergang von dem alten auf den neuen Rechtsträger eigentlich schnell gehen, und ebenfalls konsensual – tunlichst die Rechtsordnung außen vor lassend. Da das nicht so ohne Weiteres zu erwarten ist, eröffnet die Rechtsordnung unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie des Erblassers (hier in der Form der Testierfreiheit) neben dem Testament eine weitere Ausnahme vom – nunmehr vorherigen – Normalfall: Einschaltung eines Testamentsvollstreckers. Dadurch wird die Erbschaftsabwicklung idR verlängert, üblicherweise zwar nur für die kurze Zeitspanne der Neustrukturierung der Erblasser-Vermögensverhältnisse. Auch wird ein – zwar geringer – Raum für Willkür eines Dritten (Fremdbestimmung durch in des Wortes wahrster Bedeutung “einsame‘ Entscheidungen des “Alleintäters‘ TV) eröffnet, nämlich über die Erblasseranordnungen hinausgehende, u.U. bindende Entscheidungen zu fällen, die die direkt Beteiligten u. U. in freier Entscheidung nicht immer so gefällt hätten. Natürlich fallen da idR gewisse Kosten an.
Und um die Ausnahmen vom – jeweils vorherigen – Normalfall noch auf die Spitze zu treiben, gibt es auch noch für ganz penible oder sonst was befürchtende Erblasser die Dauer-TV. Die enthält, wegen der zeitlichen Länge des Verfahrens und der vielen zu treffenden Entscheidungen, noch mehr Willkür- und Kostenelemente. Daher soll dieses Gestaltungselement typischerweise nach 30 Jahren ein Ende haben, nach dem aus dem Alltagsleben geschöpften Motto: Einmal muss Schluss sein. Es handelt sich bei dieser Zeitbegrenzung um eine Ordnungsfunktion des Rechts, allerdings gepaart mit einer gewissen Schutzfunktion zugunsten des “belasteten‘ Erben.
Diese Kaskade an Ausnahmen vom jeweiligen Regelfall wollen die Autoren nun noch um eine weitere ergänzen, indem sie bei Stiftungen die Dauer-TV als von der Testierfreiheit des Erblassers gedeckt ansehen, gegen das Selbstverwaltungsrecht der Stiftung als – auch – Geschöpf des Stifters, da nicht weiter störend und letzten Endes auf dasselbe Ziel gerichtet. Allerdings haben sie dabei offensichtlich selbst hin und wieder ein ungutes Gefühl gehabt. So zeugt die Annahme einer vom Dauer-TV zu beachtenden "konkludenten Erblasseranordnung" (S. 256) davon, dass im Nichtbeachtensfall die Rechtsordnung hier wohl ein Durchsetzungsproblem hätte, das recht umständlich gelöst werden müsste. Auch zeugt die Anregung, dass der TV sich bei einem bestimmten Problem (zeitnahe Mittelverwendung) in der Vermögensverwaltung mit Aufsichtsbehörde und Finanzamt abstimmen sollte, nicht gerade von einer kohärenten Argumentation; damit kann die Dauer-TV nicht gerettet werden. Der Dissenz entstünde nämlich, wenn der Stiftungsvorstand bei diesbezüglich Optionen eröffnender Gesetzeslage eigentlich so entscheiden würde, der TV aber anders entscheidet, er dabei also gegen das “wohlmeinende‘ Angebot der Rechtsordnung die Deutungshoheit hat.
In einem gewissen Sinne und bis zu einem gewissen Punkt besteht innerhalb der Privatrechtsordnung eine Art institutioneller Wettbewerb, wobei sich die Rechtssubjekte der einen oder anderen Rechtsgestaltung bedienen können, um ihre jeweiligen Ziele nach ihren Vorstellungen optimal zu verwirklichen. Aber dieser Freiraum ist bei aller inhaltlichen Gestaltungsfreiheit mal mehr (z. B. im Familienrecht) und mal weniger eingehegt und nicht willkürlich über rechtsimmanente Grenzen hinaus ausdehnbar. So ist beispielsweise der Kanon der einseitigen Rechtsgeschäfte, d. h. solcher Rechtsakte, die ohne Beteiligung Zweiter oder Dritter bewirkt werden können, auf diese aber Bindungen erzeugen, sehr eng. Solche “Gesetzgebungskraft‘ mit Bindungswirkung kommt nur bei begünstigenden einseitigen Rechtsgeschäften infrage (wozu u. a. auch die Einrichtung einer Stiftung gehört), steht ansonsten eher dem Souverän (Staat, daneben noch in gewissen Grenzen der hohen Gerichtsbarkeit, zusätzlich hier und da noch den Kirchen) zu, nur sehr beschränkt den Staatsbürgern bei imaginierten belastenden Rechtsakten.
So wäre beispielsweise an die aus Stiftersicht sinnvolle, weil erkennbare Probleme der Nachfolgegeneration bis zur Heraufkunft einer vielleicht “ve...