I. Die Beteiligte zu 1) war aufgrund Erbfolge (Erbschein des AG Marl vom 10.5.2012) am 23.5.2012 als Eigentümerin in dem eingangs genannten Grundbuch eingetragen worden. In Abteilung II des Grundbuchs ist unter lfd. Nummer 4 vermerkt, dass die Beteiligte zu 1) befreite Vorerbin ist und die Nacherbfolge bei Wiederheirat der Vorerbin eintritt. Nacherben seien
a) M, geboren am ##.##.1958,
b) T, geboren am ##.##.1962,
c) K, geboren am ##.##.1955,
d) U, geboren am 30.11.1992.
Die unter a) genannte Frau M ist die Beteiligte zu 2).
Mit notariellem Vertrag vom 19.5.2014 (UR-Nr. 231/2014 des Notars […]) übertrug die Beteiligte zu 1) das Grundstück unentgeltlich auf ihre Tochter, die Beteiligte zu 2). Aufgrund der erklärten Auflassung trug das Grundbuchamt am 6.6.2014 die Beteiligte zu 2) als Eigentümerin ein.
Mit Beschluss vom 6.6.2014 kündigte das Grundbuchamt an, es sei beabsichtigt, eine Eintragungsnachricht an die eingetragenen Nacherben zu übersenden. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten, der das Grundbuchamt nicht abhalf und dem Senat vorlegte.
II. 1. Die namens der Beteiligten vom Urkundsnotar eingelegte Beschwerde ist nach § 71 Abs. 1 GBO statthaft, (...). (...)
2. Die mithin zulässige Beschwerde ist auch sachlich begründet.
Nach § 55 Abs. 1 GBO soll jede Eintragung dem den Antrag einreichenden Notar, dem Antragsteller und dem eingetragenen Eigentümer sowie allen aus dem Grundbuch ersichtlichen Personen bekanntgemacht werden, zu deren Gunsten die Eintragung erfolgt ist oder deren Recht durch sie betroffen wird, die Eintragung eines Eigentümers auch denen, für die eine Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld, Reallast oder ein Recht an einem solchen Recht im Grundbuch eingetragen ist.
Der Wortlaut lehnt sich an den Begriff des Begünstigten iSv § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO und den Begriff des Betroffenen iSv § 19 GBO an (Demharter, GBO, 29. Aufl., § 55 Rn 12 und Rn 13). Vorliegend kommt nur der Gesichtspunkt in Betracht, ob die eingetragenen Nacherben durch die Eigentumsumschreibung vom 6.6.2014 in ihren Rechten betroffen sind. Das ist jedoch nicht der Fall.
Das Nacherbenrecht ist kein dingliches Recht an den einzelnen Nachlassgegenständen und kann daher nicht als solches eingetragen werden. Die Nacherbeneinsetzung bedeutet eine Verfügungsbeschränkung des Vorerben, die nach § 2113 Abs. 3 BGB nicht gegenüber gutgläubigen Dritten wirkt. Um das Anwartschaftsrecht des Nacherben gegen die Wirkungen des öffentlichen Glaubens zu sichern, wird es gem. § 51 GBO in der Form eines Nacherbenvermerks von Amts wegen in das Grundbuch eingetragen (vgl. Demharter, aaO, § 51 Rn 2, 31). Der Nacherbenvermerk bewirkt aber keine Grundbuchsperre. Daher hat das Grundbuchamt den Anträgen des Vorerben ohne Rücksicht auf das Recht des Nacherben stattzugeben (Demharter, aaO, § 51 Rn 32). Zum Schutz der Rechte des Nacherben ist jedoch die Wirksamkeit der Verfügungen des Vorerben eingeschränkt, aber zeitlich hinausgeschoben auf den Tag, an dem der Nacherbfall eintritt. Eine entgeltliche wie auch unentgeltliche Verfügung des Vorerben über ein Grundstück ist nach Maßgabe der § 2113 BGB im Falle des Eintritts der Nacherbfolge insoweit unwirksam, als sie das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen würde. Solange aber der Nacherbfall noch nicht eingetreten ist, ist die Verfügung des Vorerben unter dem Gesichtspunkt des § 2113 BGB wirksam. Dass ihr von vornherein ein Mangel anhaftet, nämlich die Eignung, unter bestimmten Voraussetzungen später unwirksam zu werden, steht der gegenwärtigen Wirksamkeit der Verfügung unter erbrechtlichem Gesichtspunkt nicht entgegen (BGHZ 52, 269 mwN).
Da somit die Rechte der Nacherben derzeit von der Eigentumsumschreibung weder unmittelbar noch mittelbar berührt werden, sind die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 GBO nicht erfüllt. Aus den von dem Grundbuchamt herangezogenen Ausführungen von Bauch (MittBayNot 1983, 155–159) lässt sich ein abweichender sachlicher Standpunkt nicht ableiten. (...)
Der Beschluss des Grundbuchamts ist daher aufzuheben. (...)
ZErb 4/2015, S. 132