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Der Beitrag geht der bislang ungeklärten Frage nach, ob ein Prokurist einer gGmbH ein der gGmbH angefallenes Erbe ausschlagen kann. In der Praxis stehen Nachlassgerichte dieser Verfahrensweise mitunter skeptisch gegenüber.
I. Einleitung
Bisweilen kommt es vor, dass eine GmbH als Erbin bedacht wird. Hierbei handelt es sich in der Regel um eine gemeinnützige Gesellschaft, eine gGmbH iSd § 4 S. 2 GmbHG. Kommt man nach Prüfung der Werthaltigkeit des Nachlasses zu dem Ergebnis, dass der Nachlass überschuldet ist oder aber der Abwicklungsaufwand in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zu dem zu erwartenden Ertrag steht, sollte das Erbe fristgerecht iSd § 1944 BGB ausgeschlagen werden. Befindet sich der Alleingeschäftsführer zu dem Zeitpunkt, zu dem die Werthaltigkeit des Nachlasses geklärt werden konnte, aber beispielsweise auf einer längeren Geschäftsreise und hat er auch nicht vorausschauend durch eine formgerechte Bevollmächtigung eines Vertreters iSd § 1945 Abs. 3 BGB vorgesorgt, stellt sich die Frage, ob ein etwaig bestellter Prokurist die Erbschaft ausschlagen kann. In Rechtsprechung und Schrifttum finden sich bislang jedoch keinerlei Stellungnahmen zu der Frage, ob ein Prokurist einer gGmbH berechtigt sein soll, für die Gesellschaft – gegebenenfalls in Absprache mit dem Geschäftsführer – das Erbe auszuschlagen. Das in genanntem, in der Praxis aufgetretenem Fall zuständige Nachlassgericht stand der notariell beglaubigten Ausschlagungserklärung des Prokuristen skeptisch gegenüber.
II. Prokura bei der gemeinnützigen GmbH
Zunächst ist der Frage nachzugehen, ob eine gemeinnützige GmbH überhaupt einen Prokuristen wirksam bestellen kann. Mangels Gewinnerzielungsabsicht wird man zumindest nach herkömmlichem, freilich umstrittenem Begriffsverständnis einen (Handels-)Gewerbebetrieb bei der gGmbH verneinen müssen. Insofern käme in Betracht, dass eine gGmbH auch keinen Prokuristen bestellen kann, sie also bereits deshalb nicht wirksam durch ihn bei der Ausschlagung der Erbschaft vertreten werden kann. Indes ist anerkannt, dass, ungeachtet des Streits um die genauen Anforderungen an einen Gewerbebetrieb iSd § 1 HGB, auch auf eine gGmbH grundsätzlich die allgemeinen Vorschriften des GmbHG sowie des HGB anwendbar sind. Eine gGmbH gilt denn gem. § 13 Abs. 3 GmbHG, § 6 HGB als Formkaufmann, obgleich ein klarstellender Hinweis wie in § 3 Abs. 1 AktG im Gesetz fehlt. Trotz fehlender Gewinnerzielungsabsicht kann eine gGmbH mithin einen Prokuristen wirksam bestellen.
III. Vertretungsmacht des Prokuristen
1. Erstreckung der Reichweite der mit der Prokura einhergehenden Vertretungsmacht auf die Ausschlagung einer dem Prinzipal angefallenen Erbschaft?
Indes ist unklar, ob sich die Vertretungsmacht eines Prokuristen auf die Ausschlagung einer dem Prinzipal angefallenen Erbschaft erstreckt. Versucht man, die in Rechtsprechung und Literatur – soweit ersichtlich – nicht spezifisch behandelte Fragestellung nach allgemeinen Grundsätzen zu lösen, ergibt sich Folgendes: Die äußerst weit gefasste Vertretungsmacht eines Prokuristen "ermächtigt zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt" (§ 49 Abs. 1 HGB). Ihr Radius ist branchenübergreifend, bezieht sich also nicht auf das konkrete Handelsgewerbe oder das konkrete Unternehmen (vgl. Formulierung "eines Handelsgewerbes" in § 49 Abs. 1 HGB im Vergleich zu "eines derartigen Handelsgewerbes" in § 54 Abs. 1 HGB). Die Vertretungsmacht des Prokuristen reicht – entgegen der ultra-vires-Lehre – selbst über den statutarischen Unternehmensgegenstand hinaus. Sie ist grundsätzlich unbeschränkt und gem. § 50 Abs. 1 HGB im Außenverhältnis unbeschränkbar. Die Prokura deckt nicht nur übliche und typische Geschäfte, sondern prinzipiell auch außergewöhnliche Geschäfte, die nur noch einen en...