Leitsatz
Bewilligt der Nacherbe die Löschung eines im Grundbuch eingetragenen Nacherbenvermerks und verzichtet auf die Eintragung eines Nacherbenvermerks, so handelt es sich um einen wirksamen Verzicht des Nacherben auf den Schutz des Nacherbenvermerks. Mit diesem Verzicht ist nicht verbunden, dass die Zugehörigkeit des Nachlassgegenstandes zur Vorerbschaft entfällt.
OLG München, Beschluss vom 3. Februar 2017 – 34 Wx 470/16
Sachverhalt
Der Beteiligte und seine zwischenzeitlich verstorbene Mutter M. S. sind im Grundbuch als je hälftige Miteigentümer von Grundbesitz eingetragen.
M. S. hatte aufgrund Auseinandersetzung der gestuften Erbengemeinschaft nach (unter anderem) der Großmutter des Beteiligten, M. F., Alleineigentum am Grundstück erhalten. Der bezüglich des Erbanteils von M. S. eingetragene Nacherbenvermerk, der den Beteiligten als Nacherben und als Eintritt der Nacherbfolge den Tod der Vorerbin bezeichnete, war beim Vollzug der Auseinandersetzung im Grundbuch eingetragen geblieben. Mit notariellem Vertrag vom 20.12.2006 hatte M. S. einen halben Miteigentumsanteil an dem Grundstück auf den Beteiligten übertragen; dieser hatte gleichzeitig die Löschung des Nacherbfolgevermerks bewilligt.
Am 8.9.2016 hat der Beteiligte unter Vorlage eines Teilerbscheins, der den Eintritt des Nacherbfalls und den Beteiligten hinsichtlich des Anteils der Vorerbin am Nachlass als Erben nach M. F. bezeugt, seine Eintragung im Grundbuch beantragt (wörtlich: "die Hälfte des Nachlasses in das Grundbuch einzutragen").
Mit fristsetzender Zwischenverfügung vom 9.9.2016 hat das Amtsgericht als Hindernis der Eintragung benannt, der Beteiligte könne nur als Erbe nach seiner Mutter eingetragen werden, da der noch eingetragene Hälfteanteil der Mutter infolge der Löschung des Nacherbenvermerks nicht mehr der Nacherbfolge unterliege.
Dagegen wendet sich der Beteiligte mit seiner umfassend begründeten Beschwerde vom 11.10.2016. Das Amtsgericht hat mit formloser Verfügung vom 16.12.2016 nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zugeleitet.
Aus den Gründen
Die Abhilfeentscheidung sowie die Vorlageverfügung werden aufgehoben, die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückgegeben. Dessen Verfahrensweise genügt nicht den an das Abhilfeverfahren zu stellenden Mindestanforderungen.
1. Wird eine Entscheidung des Amtsgerichts – Grundbuchamts – angefochten, so hat dieses über die Abhilfe zu entscheiden (§ 75 GBO). Die Vorschrift ist nicht dahin zu verstehen, dass nur dann, wenn das Amtsgericht die Beschwerde für begründet erachtet, förmlich, d. h. durch zu begründenden Beschluss (vgl. Demharter,GBO, 30. Aufl., § 75 Rn 11) zu entscheiden ist. Vielmehr ist auch die Nichtabhilfe eine Sachentscheidung und als solche regelmäßig in Beschlussform zu treffen, zu begründen und den Beteiligten bekannt zu geben (vgl. Senat vom 18.2.2010, 34 Wx 9/10 = RNotZ 2010, 397; vom 27.11.2007, 34 Wx 107/07 = FGPrax 2008, 13). Die Anforderungen an Begründungsumfang und -dichte hängen naturgemäß vom Einzelfall ab. Wird die Beschwerde nicht begründet oder enthält die Beschwerdebegründung keine wesentlichen neuen Gesichtspunkte, auf die nicht schon in der Ausgangsentscheidung eingegangen wurde, so kann eine kurze Begründung oder auch nur eine Bezugnahme auf die angefochtene Entscheidung – wenn diese ausreichend begründet war – durchaus genügen. Allerdings reicht ein Aktenvermerk mit einer zeitgleichen Vorlageverfügung dann nicht aus, wenn das Beschwerdevorbringen neuen Vortrag enthält (vgl. Hügel/Kramer, GBO, 3. Aufl., § 75 Rn 20). Denn der Nichtabhilfebeschluss muss erkennen lassen, dass das Grundbuchamt das wesentliche Beschwerdevorbringen beachtet hat und seiner Pflicht zur Prüfung und Selbstkontrolle im Abhilfeverfahren nachgekommen ist (vgl. Senat vom 18.2.2010 aaO; vgl. auch OLG Brandenburg FGPrax 2000, 45, 46; Budde in Bauer/von Oefele, GBO, 3. Aufl., § 75 Rn 1 und 6; Keidel/Sternal, FamFG, 17. Aufl., § 68 Rn 12 ff; Gottwald, in Bassenge/Roth, FamFG, 12. Aufl., § 68 Rn 4 und 7).
2. Diesen Anforderungen wird die Verfahrensweise des Amtsgerichts ersichtlich nicht gerecht. Schon der Ausgangsbeschluss lässt eine Auseinandersetzung mit den rechtlichen Problemen des Falles vermissen. Vielmehr wird ohne Weiteres davon ausgegangen, dass der Miteigentumsanteil der M. S. nicht mehr der Nacherbfolge unterliege. Auf das Beschwerdevorbringen geht die Nichtabhilfeentscheidung überhaupt nicht ein. Dies hätte sich aber aufgedrängt, weil dort (u. a.) mit erbrechtlichen Vorschriften argumentiert und Rechtsprechung und Kommentarliteratur zitiert wird.
3. Weist das Abhilfeverfahren schwere Mängel auf, so kann das Beschwerdegericht, unter Aufhebung der getroffenen Nichtabhilfe- und Vorlageverfügung, die Sache an das Erstgericht zur erneuten Durchführung des Abhilfeverfahrens zurückgeben (vgl. Senat aaO; Meikel/Schmidt-Räntsch, GBO, § 75 Rn 15; Hügel/Kramer, GBO, § 75 Rn 20; Budde in Bauer/von Oefele, GBO, § 75 Rn 6). Das Amtsgericht – Grundbuchamt – wird zunächst in eigener Zuständigkeit zu prüfen haben, o...