Zwar besitzen mehr als 80 % der Deutschen mittlerweile einen E-Mail-Account,[15] doch ist das erbrechtliche Schicksal dieses Dauerschuldverhältnisses derzeit nicht ausreichend geklärt. Nach heute hM handelt es sich bei einem Access-Provider-Vertrag um einen Übermittlungsvertrag, der als Dienstvertrag (§§ 611 ff BGB) zu qualifizieren ist.[16] Grundsätzlich fällt ein vom Erblasser begründetes (Dauer-)Schuldverhältnis in den Nachlass,[17] soweit dessen Vererbbarkeit nicht im Wege rechtswirksamer vertraglicher Regelung abbedungen wurde. Ausnahmen bestehen im Einzelfall dann, wenn Rechte und Pflichten begründet werden, die höchstpersönlichen Charakter besitzen.[18] Dies ist bei einem Access-Provider-Vertrag nicht der Fall,[19] was schon der Umstand verdeutlicht, dass die entsprechenden Verträge häufig ohne eine Identitäts- oder Solvenzprüfung, im Einzelfall sogar unter Verwendung eines Pseudonyms, abgeschlossen werden. Wie ein Miet-[20] oder ein Girovertrag[21] so geht auch die Rechtsbeziehung zwischen Provider und Erblasser im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 Abs. 1 BGB auf den Erben über.[22] Teilweise enthalten die AGB der E-Mail-Provider gleichwohl das Recht zur automatischen Löschung des Accounts nach einer gewissen Zeit der Inaktivität bzw. mit dem Tod des Nutzers.[23] Während vereinzelte Anbieter gar die Übertragbarkeit eines E-Mail-Accounts ausdrücklich verwehren mit der Folge, dass die Rechte daran und sämtliche gespeicherte Kommunikation mit dem Tod des Nutzers erlöschen,[24] verwehren andere zumindest die Herausgabe von Zugangsdaten und Passwörtern, behalten sich aber vor, selbst über die Herausgabe von Emails und Inhalten zu entscheiden.[25] Teilweise soll diese Entscheidung auch von der Beibringung einer Anordnung eines US-Gerichts abhängen.[26] Wieder andere Email-Dienste sind in der Handhabung wesentlich großzügiger und geben auf Antrag der Erben eine DVD mit den Inhalten des Email-Kontos heraus, sofern die Erben sich durch entsprechende amtliche Dokumente legitimiert haben und der Herausgabe nach dem Ermessen des Anbieters keine gewichtigen Gründe entgegenstehen.[27] Die Praxis der E-Mail-Provider ist also höchst uneinheitlich,[28] woran sich bereits ablesen lässt, dass Gewissheit und Sicherheit im Umgang mit dem digitalen Nachlass weitgehend fehlt. Ob einzelne Regelungen einer AGB-Kontrolle standhalten, wird in der Literatur zum Teil bezweifelt, ist höchstrichterlich aber ungeklärt.

[15] Vgl. Statista: Der Anteil der E-Mail-Nutzer betrug im Jahr 2015 in Deutschland 81 %, (http://de.statista.com/statistik/daten/studie/240154/umfrage/nutzung-von-e-mail-in-europa-nach-laendern/).
[16] Vgl. dazu BGH NJW 2005, 2076; Erman/Edenfeld (Fn 5), § 611 Rn 50; Härting, CR 2001, 37, 38; Spindler, CR 2004, 203, 207 f; ders., Vertragsrecht der Internetprovider, 2. Aufl. 2004, Teil IV Rn 142.
[17] Brox/Walker (Fn 11), § 2 Rn 20; Ebenroth (Fn 5), Rn 26; Lange (Fn 5), Kap. 2 Rn 32; Staudinger/Marotzke (Fn 6), Neub. 2008, § 1922 Rn 44.
[18] Siehe dazu Lange (Fn 5), Kap. 2 Rn 32.
[19] Zutreffend Brinkert/Stolze/Heidrich, ZD 2013, 153, 155; Kutscher (Fn 2), S. 101.
[20] Besonderheiten sind bei der Wohnraummiete zu beachten, vgl. §§ 563, 563 a BGB.
[21] BGH ZEV 2000, 157 mit Anm. Werkmüller; ders., in Lange/Werkmüller, Der Erbfall in der Bankpraxis, 2002, § 11 Rn 3 ff.
[22] Herzog, in DAV Stellungnahme 34/2013, S. 30, 51; Leeb, K&R 2014, 693, 694; zurückhaltend hingegen Kutscher (Fn 2), S. 102, wonach die Erben "zumindest vorläufig in das Schuldverhältnis mit dem Provider eintreten" würden.
[23] So etwa bei Yahoo AGB Ziff. 5.4 (https://policies.yahoo.com/ie/de/yahoo/terms/utos/); GMX (https://service.gmx.net/de/cgi/g.fcgi/products/mail/agb); vgl. auch Kroiß/Horn/Solomon/Herzog (Fn2), Teil 1/9 Rn 97.
[24] ICloud AGB Ziff. 4D (http://www.apple.com/legal/internet-services/icloud/de/terms.html); Strato AGB Ziff. 4.1 (www.strato.de/agb/), allerdings nicht ausdrücklich auf den Todesfall des Nutzers bezogen.
[25] Überblick bei Brisch/Müller-ter Jung, CR 2013, 446, 447 f; Kutscher (Fn 2), S. 116 ff. Siehe auch GoogleMail https://support.google.com/accounts/contact/deceased?hl=de&ref_topic=30755325&rd=1).
[26] So die Praxis bei GoogleMail, vgl. Holzer, in Groll, Praxis-Handbuch Erbrechtsberatung, 2015, BXVII, Rn 45.
[27] So bei Outlook (http://windows.microsoft.com/de-DE/outlook/next-of-kin).
[28] Siehe auch die Zusammenstellung bei Groll/Holzer (Fn 26), BXVII, Rn 41 ff.

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