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Vor dem Hintergrund hoher Vermögensübertragungen im Rahmen von Nachfolgeentscheidungen hat die Stiftung als Instrument der Nachfolgeplanung an Bedeutung gewonnen. Dabei erfolgt nicht selten auch ein Hinweis auf möglicherweise günstigere Gestaltungen im benachbarten Ausland. Der zweiteilige Beitrag vergleicht die Situation der Familienstiftung in Deutschland und Österreich. In Deutschland gibt es ca. 700 Stiftungen mit dem Ziel der Unternehmensfortführung; 300 sind im Bundesverband Deutscher Stiftungen in Berlin registriert. In Österreich gibt es zur Zeit etwa 3.183 Privatstiftungen. Während Österreich sein Stiftungsrecht insbesondere auf die Interessen von Privatleuten ausgerichtet hat, steht in Deutschland die gemeinnützige Stiftung im Fokus. Das deutsche Recht geht aber – mittlerweile unstreitig – von der gemeinwohlkonformen Allzweckstiftung aus, d. h. eine Stiftung darf auch privatnützig sein.
A. Die Familienstiftung in Österreich
I. Grundlagen des österreichischen Stiftungsprivatrechts
Am 1.1.1993 trat in Österreich das Privatstiftungsgesetz PSG in Kraft, dessen Ziel war, ein liberales Stiftungsrecht zu schaffen, das den Bedürfnissen von Stiftern – besonders aus den Kreisen der Wirtschaft – entsprach. Die Privatstiftung ist ein Rechtsträger, dem vom Stifter ein Vermögen gewidmet ist, um durch dessen Nutzung, Verwaltung und Verwertung der Erfüllung eines erlaubten, vom Stifter bestimmten Zwecks zu dienen; sie genießt Rechtspersönlichkeit und muss ihren Sitz im Inland haben (vgl. § 1 Abs. 1 PSG). Wenn der Zweck der gemeinnützigen Privatstiftung ist, Familienangehörige zu fördern, handelt es sich um eine Familienstiftung. Diese ist keine besondere Rechtsform, sondern eine spezielle Anwendungsform der privatnützigen Stiftung, deren konzeptioneller Stiftungszweck die Vermögenserhaltung und -weitergabe innerhalb der eigenen Familie ist.
In Österreich ist eine Familienstiftung auch in Gestalt einer voraussetzungslos berechtigten Versorgungsstiftung ohne Einschränkung des Stiftungszwecks zulässig. Die Familienstiftung ist keine besondere Rechtsform, sondern eine spezielle Anwendungsform der privatnützigen Stiftung. Eine gesetzliche Definition der Familienstiftung gibt es nicht. Sie kann aber als Stiftung definiert werden, welche im Wesentlichen dem Interesse einer oder mehrerer Familien dient. Familienstiftungen sollen den oder die Begünstigten an den Erträgen des Stiftungsvermögens teilhaben lassen, ohne dafür bestimmte Voraussetzungen erfüllen zu müssen. Das entspricht der gesetzlichen Erbfolge.
1. Wesensmerkmale einer Stiftung
Wesensmerkmale der Stiftung sind der Stiftungszweck, das Stiftungsvermögen und die Stiftungsorganisation.
a) Stiftungszweck
Die österreichische Privatstiftung ist als Allzweckstiftung gestaltet worden. Eine Schranke findet die liberale Grundhaltung des österreichischen Gesetzgebers in § 35 Abs. 2 Nr. 3 PSG: Der Stiftungsvorstand muss einen einstimmigen Auflösungsbeschluss fassen, sobald eine nicht gemeinnützige Privatstiftung, deren Zweck die Versorgung von Privatpersonen ist, 100 Jahre gedauert hat. Die Stiftung kann dann fortgesetzt werden, wenn alle Letztbegünstigten dies einstimmig, längstens für weitere 100 Jahre, beschließen.
b) Stiftungsvermögen
Die Zusammensetzung des Stiftungsvermögens, das einen Mindestwert von 70.000 EUR haben muss (§ 4 PSG), obliegt der freien Entscheidung des Stifters. Erforderlich ist, dass das Stiftungsvermögen ausreicht, um den Stiftungszweck zu erreichen. Als Vermögen kommen Sachen und Rechte aller Art in Betracht, namentlich Geld, Unternehmensbeteiligungen, Grundstücke, Wertpapiere.
c) Stiftungsorganisation
Die gesetzlich geregelte Struktur der Stiftungsorganisation ist differenziert und steht auch nicht zur Disposition des Stifters. Der Stiftungsvorstan...