Der Pflichtteilsergänzungsberechtigte P macht gegenüber der Alleinerbin A seinen ordentlichen Pflichtteil und seinen aus einer erheblichen Grundstücksschenkung an B resultierenden Pflichtteilsergänzungsanspruch gerichtlich geltend. Inwieweit der Nachlass zur Befriedigung ausreichend ist, ist völlig unklar. Ebenso ist fraglich, inwieweit die Witwe ihren eigenen Pflichtteil nach § 2328 BGB verteidigen kann. Da der Erbfall am 1.12.2008 eingetreten ist, möchte P von seinem Anwalt wissen, ob und wie er seinen Pflichtteil beim Beschenkten B anmelden muss, damit er ihn notfalls von B erhält, sollte A ganz oder teilweise nicht zahlen müssen.
Lösung: Der Ergänzungsanspruch aus § 2325 BGB richtet sich gegen die Alleinerbin A. Unter bestimmten Umständen kommt es zu einer Haftungsverlagerung nach § 2329 BGB auf B. Beim Hilfsanspruch aus § 2329 BGB ist zu beachten, dass der Anspruch gem. § 2332 Abs. 1 BGB nF strikt in drei Jahren ab dem Erbfall verjährt, d. h. hier zum 1.12.2011. Nur bei einer Identität von Erbe und Beschenktem hemmt die Klage aus § 2325 BGB auch die Verjährung des Anspruchs aus § 2329 BGB.
Droht daher bei einem personenverschiedenen Beschenkten die Verjährung des Anspruchs, kann ausnahmsweise zwecks Hemmung der Verjährung Feststellungsklage nach § 256 ZPO gegen den Beschenkten erhoben werden, wenn ein Leistungsantrag noch nicht möglich ist, da erst noch geklärt werden muss, ob die Erbin die Erfüllung des Anspruchs zu Recht – ggf. teilweise – verweigern kann. Voraussetzung ist, dass der Anspruch aus § 2329 BGB vom Ausgang des Streits mit der Erbin abhängen kann, d. h. die Haftung des Beschenkten muss unwägbar sein; die mit der Erhebung der Feststellungsklage gegen den Beschenkten beabsichtigte Hemmung der Verjährung kann nicht rein vorsorglich herbeigeführt werden, etwa wenn die Haftung des Beschenkten zum Zeitpunkt der Erhebung der Feststellungsklage offensichtlich ausgeschlossen ist und somit nur der Vorbeugung gegen einen späteren Wertverfall des Nachlasses dienen soll. Das Gericht treffen erhöhte Fürsorgepflichten bzgl. Antragstellung und Vorgehensweise.
Der Klageantrag kann lauten: "Es wird festgestellt, dass der Beklagte für den Fall der fehlenden Verpflichtung des/der Erben (§ 2329 Abs. 1 BGB) die Zwangsvollstreckung wegen eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs in dem Beklagten vom Erblasser XY zugewandten Vermögensgegenstand ... zu dulden hat, hilfsweise zur Zahlung verpflichtet ist."
"Es wird festgestellt, dass der Beklagte dem Grunde nach die Zwangsvollstreckung in den Gegenstand (Bezeichnung des Geschenks) bis zur maximalen Höhe von ... EUR zu dulden hat, soweit der Kläger wegen seiner Pflichtteilsergänzungsansprüche nach (Name des Erblassers) nicht bereits von der Alleinerbin A Befriedigung erlangen kann."
"Es wird festgestellt, dass der Kläger vom Beklagten als Beschenktem gemäß § 2329 BGB die Duldung der Zwangsvollstreckung in das im Grundbuch von ... eingetragenen Grundstück zum Zwecke der Befriedigung wegen des fehlenden Betrags fordern kann, soweit die Alleinerbin des am ... in ... verstorbenen Erblassers ..., nämlich Frau ..., gegenüber dem Kläger zu einer Ergänzung des Pflichtteils nicht verpflichtet ist."
ME ist auch eine Streitverkündung des Ergänzungsberechtigten gegen den Beschenkten nach § 72 Abs. 1 ZPO möglich, um zum einen die Hemmung der Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB und zum anderen die Interventionswirkung gem. den §§ 74 Abs. 3, 68 ZPO herbeizuführen. Dem haben sich andere Autoren angeschlossen; Rechtsprechung ist nicht ersichtlich.