Leitsatz
Ein Testamentsvollstrecker kann weder im Wege der gewillkürten noch der gesetzlichen Prozessstandschaft vorgehen, wenn für das von ihm verfolgte, im Grundbuch eingetragene subjektiv-persönliche Vorkaufsrecht eine Übertragbarkeit o. ä. aus dem Grundbuch nicht ersichtlich ist.
OLG Celle, Urteil vom 21. März 2012 – 4 U 103/11
Sachverhalt
Der Kläger verfolgt in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker für seine Tochter die Ausübung eines Vorkaufsrechts; der Beklagte zu 1 ist der Bruder des Klägers.
Wegen des Sachverhalts sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen. Ergänzend wird aus dem Testament vom 31. Januar 1986 unter Ziffer 2 auszugsweise zitiert:
Zitat
"Bezüglich der Einsetzung meiner Vorerbin K. ordne ich Testamentsvollstreckung an. Testamentsvollstrecker soll mein Sohn P. sein. Die Testamentsvollstreckung wird auf die Dauer von 30 Jahren angeordnet. Die Testamentsvollstreckung soll auch bestehen bleiben im Falle des Nacherbfalls. Die Testamentsvollstreckung endet jedoch in jedem Falle mit dem Ableben meines Sohnes P. …"
Ferner enthält das Testament unter Ziffer 3. folgende Teilungsanordnung zum Grundbesitz … (Ziffer 3.1):
Zitat
"… Beide Miterben haben sich wechselseitig ein Vorkaufsrecht einzuräumen. Auch dieses Vorkaufsrecht soll im Grundbuch vermerkt werden. …"
Die Vorerbin K. ist am … geboren, war also zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung 20 Jahre alt.
Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger könne sich nicht auf eine gesetzliche Prozessstandschaft berufen. Die Erblasserin habe die Testamentsvollstreckung nur bezogen auf den Erbteil der Tochter des Klägers bzw. deren Erbeinsetzung als Vorerbin angeordnet, weswegen bei der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht der Erbteil der Tochter des Klägers betroffen gewesen sei, sondern der Erbteil des Beklagten zu 1. Auch eine gewillkürte Prozessstandschaft komme nicht in Betracht. Der Kläger habe kein eigenes rechtlich schutzwürdiges Interesse an der Geltendmachung der Klageansprüche dargelegt; ein solches Interesse sei auch nicht ersichtlich, ebenso wenig eigene wirtschaftliche Interessen des Klägers.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Dieser vertritt die Auffassung, dass es zu seinen Aufgaben als Testamentsvollstrecker u. a. gehöre, nicht nur das Vorkaufsrecht im Grundbuch eintragen zu lassen, sondern auch über die Ausübung desselben zu entscheiden. (...)
Aus den Gründen
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Senat ist im Ergebnis mit dem Landgericht der Auffassung, dass die erhobene Klage unzulässig ist. Der Kläger ist nicht prozessführungsbefugt. Er kann das verfolgte Recht in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker weder in gewillkürter noch in gesetzlicher Prozessstandschaft geltend machen.
1. Der Senat teilt allerdings nicht die Auffassung des Landgerichts, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht den Erbteil der Enkeltochter beeinflussen würde. Dies kann sehr wohl der Fall sein, und zwar im Sinne einer Vermehrung des Grundbesitzes.
2. Eine gesetzliche Prozessstandschaft des Klägers ist nicht gegeben. Die Prozessführungsbefugnis ist das Recht, ein behauptetes Recht im Prozess im eigenen Namen zu verfolgen oder aufgrund Gesetzes oder besonderen anderweitigen Rechts zur Verfolgung fremder Rechte befugt zu sein (Musielak/Weth, ZPO, 8. Aufl., § 51 Rn 16; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., vor § 50 Rn 18). Die Geltendmachung fremden Rechts im eigenen Namen wird als Prozessstandschaft bezeichnet (Musielak/Weth, aaO, § 51 Rn 16). Die gesetzliche Prozessstandschaft ist die aufgrund gesetzlicher Ermächtigung verliehene Befugnis, ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend zu machen. Dies ist z. B. bei einem Testamentsvollstrecker gem. den §§ 2212, 2213 Abs. 1 Satz 1 BGB der Fall. Diese Ermächtigung gilt allerdings nicht uneingeschränkt.
Die Aufgaben und Befugnisse des Testamentsvollstreckers ergeben sich u. a. aus den §§ 2205, 2212 BGB. Grundsätzlich kann der Testamentsvollstrecker voll über den Nachlass verfügen, es sei denn, er ist durch gesetzliche oder testamentarische Beschränkungen daran gehindert. Normalerweise darf der Testamentsvollstrecker keine höchstpersönlichen Rechte wahrnehmen, da er gemäß § 2205 Satz 1 BGB den Nachlass nur verwaltet (Palandt/Weidlich, BGB, 71. Aufl., § 2205 Rn 4). In den Nachlass fällt das Vermögen, d. h. die Gesamtheit der Rechtsverhältnisse des Erblassers beim Erbfall. Entscheidend für die Aufteilung des Nachlasses, also dasjenige, was dem Einzelnen zufällt, sind z. B. Testament, Vermächtnis, Auflage und Erbvertrag. Vorliegend stellt die Verpflichtung der durch das Testament Bedachten zur Einräumung eines gegenseitigen und grundbuchlich abgesicherten Vorkaufsrechts eine Auflage iSv § 1940 BGB dar. Hiernach kann der Erblasser durch Testament den Erben zu einer Leistung verpflichten, ohne einem anderen ein Recht auf die Leistung zuzuwenden. Die Umsetzung dieser Auflage ist erfolgt. Beide Er...