Aus Sicht der Bank stellt sich nunmehr die Frage, wann sie denn nun von einem Erben oder einem Testamentsvollstrecker einen Erbschein bzw. ein Testamentsvollstreckerzeugnis verlangen kann.
Der Bundesgerichtshof hat im Rahmen seiner Begründung insbesondere auf § 35 GBO hingewiesen. Aus dieser Argumentation ließe sich dann der Grundsatz ableiten, wonach eine Bank dann nicht die Vorlage eines Erbscheins oder Testamentsvollstreckerzeugnisses verlangen kann, wenn auch ein Grundbuchamt hierzu nicht berechtigt wäre.
Voraussetzung für ein berechtigtes Fordern wäre somit, wenn sich konkrete Zweifel an der Gültigkeit bzw. dem Inhalt des Testaments ergäben. Nach der zu § 35 GBO ergangenen Rechtsprechung müsste dann das Grundbuchamt aber sogar den Inhalt des Testaments stets selbst prüfen und – sofern notwendig – durch Anwendung von Auslegungs- und Zweifelsregeln das Testament auslegen. In Bezug auf die Bankenpraxis wird jedoch dort die Grenze zur Zumutbarkeit der eigenen Auslegungsverpflichtung etc. gegeben sein, wenn die Bank erst einmal die tatsächlichen Grundlagen oder den Sachverhalt erforschen müsste. Immer dann, wenn also außerhalb der Urkunde liegende Umstände eine Rolle spielen und sich daraus Zweifel am Erblasserwillen ergeben, würde eine Vorlageforderung zulässig sein. So könnte sich z. B. allein aus der Verwendung der Formulierung "Abkömmlinge als Erben" durch den Erblasser nicht ohne weitere Klärung erschließen, wen der Erblasser alles mit "Abkömmlinge" gemeint haben könnte. Sofern aber die Bank nun auf außerhalb der Urkunde liegende Beweismittel zurückgreifen müsste, um diese Frage zu klären, ist die Forderung nach Vorlage eines Erbscheins geboten.
Auf den Wert, der sich auf dem Konto oder den Konten bei der Bank befindet, kommt es somit nicht an. Insofern trifft die Bank keine gesteigerte Obliegenheitspflicht, nur weil sich ein hoher Betrag auf dem Konto befindet. Ausschlaggebend ist allein, ob sich konkrete Zweifel an der Gültigkeit etc. des Testaments ergeben oder nicht.
Weitere Besonderheiten greifen für den Testamentsvollstrecker. Im Unterschied zur Erbenstellung erfolgt hier kein Vonselbsterwerb, sondern dieser muss das Amt erst nach § 2202 BGB gegenüber dem Nachlassgericht annehmen. Die Erklärung gegenüber der Bank, man sei aufgrund einer letztwilligen Verfügung bestimmt, reicht nicht aus.
Nach alledem kann man folgende Fallgruppen bilden:
Vorgelegter Nachweis jeweils mit Eröffnungsprotokoll |
Problem |
Forderung der Vorlage Erbschein oder TV-Zeugnis notwendig? |
Begründung |
Handschriftliches Testament |
Keine Einwendung durch Beteiligte oder konkrete Zweifel - Eindeutige Erbeinsetzung |
Kein Erbschein erforderlich |
Es bestehen keine begründeten Zweifel |
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Ein Beteiligter trägt Testierunfähigkeit vor |
IdR Erbschein notwendig |
Abhängig davon, ob Beteiligter lediglich ins Blaue hinein Testierunfähigkeit behauptet. Da dies idR die Bank nicht überprüfen kann, wäre Erbschein erforderlich. Auf die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung muss sich die Bank ebenso wie das Gericht als Beweis der Testierfähigkeit nicht einlassen. Sofern die Behauptung ins Blaue hinein erfolgt und dadurch wegen des Erbscheins Kosten ausgelöst werden, ist zu prüfen, ob Schadensersatzansprüche gegen den Beteiligten bestehen |
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Ein Beteiligter zweifelt Urheberschaft an |
Erbschein notwendig |
Ausnahme: Unterschrift des Erblassers wurde beglaubigt |
Öffentliches Testament oder Nottestament |
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Ein Beteiligter trägt Testierunfähigkeit vor |
IdR Erbschein notwendig |
Abhängig davon, ob Beteiligter lediglich ins Blaue hinein Testierunfähigkeit behauptet. Da dies idR die Bank nicht überprüfen kann, wäre Erbschein erforderlich. Auf die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung muss sich die Bank ebenso wie das Gericht als Beweis der Testierfähigkeit nicht einlassen. Sofern die Behauptung ins Blaue hinein erfolgt und dadurch wegen des Erbscheins Kosten ausgelöst werden, ist zu prüfen, ob Schadensersatzansprüche gegen den Beteiligten bestehen |
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Ein Beteiligter trägt fehlende Testierfreiheit vor (z. B. wegen Bindungswirkung) |
Erbschein notwendig |
Voraussetzung ist, dass im Eröffnungsprotokoll mehrere letztwillige Verfügungen aufgeführt und eröffnet wurden, die sich inhaltlich widersprechen |
Gemeinschaftliches Testament |
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Namentlich unbestimmte Schlusserbeneinsetzung (z. B. "Schlusserben sind unsere Abkömmlinge") |
IdR kein Erbschein notwendig |
Hier dürfte es ausreichend sein, wenn Abkömmlinge durch Geburts- bzw. Abstammungsurkunden nachweisen, dass sie Abkömmlinge sind. Die Abgabe einer eidesstattlichen Erklärung, dass es keine weiteren Abkömmlinge gibt, kann im Unterschied zum Grundbuchverfahren nicht verlangt werden, da die straf- und zivilrechtlichen Konsequenzen einer einfachen Erklärung für die Bank ausreichend sind |
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Pflichtteilsstrafklausel |
IdR kein Erbschein notwendig |
Die Abgabe einer eidesstattlichen Erklärung, dass die Strafklausel nicht durch Geltendmachung des Pflichtteils ausgelöst wurde, kann auch hier im Unterschied zum Grundb... |