Trotz der wenigen kritischen Punkte ist der Gesetzesentwurf als wichtiger Meilenstein vor allem im deutschen IPR zu qualifizieren. Die hierdurch geschaffene Rechtsklarheit überwiegt die nicht ganz geglückten Punkte. Das Prüfen von ausländischen Rechtsordnungen im Hinblick auf das jeweilige Ehemündigkeitsalter und der unsichere Umgang mit dem ordre public-Grundsatz werden entfallen. Dass dies erforderlich war, zeigen die letzten Gerichtsurteile, v. a. aber die Kritik daran und die fehlende Akzeptanz in der Gesellschaft und Politik. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die mit dem neuen Gesetz befassten Stellen, v. a. die Justiz und die Verwaltung, es schnell akzeptieren werden. Die mit dem neuen Gesetz in erster Linie nicht konfrontierten (wohltätigen) Organisationen werden dem Gesetz wohl weiterhin kritisch gegenüberstehen und eine konkrete, am ordre public orientierte Einzelfallprüfung bevorzugen. Die erwünschte und durch das neue Gesetz zu schaffende Rechtsklarheit kann aber nur zulasten der Einzelfallgerechtigkeit durchgesetzt werden.
Für deutsche Staatsanbehörige besteht kein Bedarf, bereits ab 16 Jahren heiraten zu dürfen. Die gesellschaftlichen Vorstellungen haben sich geändert. Die Heraufstufung des Heiratsalters soll die Jugendlichen vor den nach dem Wortlaut des Gesetzes auf Lebenszeit eingegangenen Pflichten einer Ehe schützen. Die Rechte, die in früheren Zeiten gesellschaftlich und von Gesetzes wegen nur Ehegatten vorbehalten waren, etwa die Entfaltung der sexuellen Selbstbestimmung, die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen anlässlich einer Geburt und die Zeugung von gesellschaftlich und rechtlich nicht benachteiligten Kindern, können sie heutzutage bereits im Jugendlichenalter und unabhängig von der Eingehung einer Ehe wahrnehmen.
Schließlich ist die Gleichbehandlung von deutschen und ausländischen Ehegatten, die es bislang nicht gab, und die es künftig auch nur hinsichtlich des Ehemündigkeitsalters geben wird, trotz der zu erwartenden Unstimmigkeiten, Umsetzungsschwierigkeiten und wohl fehlender Akzeptanz bei den davon betroffenen Bevölkerungsgruppen, geradezu erforderlich, um das Entstehen von Parallelgesellschaften zu verhindern. Sie wird der Rechtszersplitterung im höchstpersönlichen familiären Bereich entgegenwirken und dadurch die herbeigesehnte Integration ein Stück vorantreiben. Die durch den Gesetzesentwurf angestoßene Entwicklung in diese Richtung ist zu begrüßen, wünschenswert und hoffentlich nur die erste von mehreren Maßnahmen.