Die Erstellung des privatschriftlichen Nachlassverzeichnisses obliegt dem Erben; diejenige des notariellen Nachlassverzeichnisses obliegt dem Notar auf Basis der durch den Erben erteilten Auskünfte nebst den durch den Notar selbst auszuführenden Ermittlungen. Der Pflichtteilsberechtigte selbst hat auch im Rahmen der Hinzuziehung zur Aufnahme des Nachlassverzeichnisses kein Recht, aktiv an den Ermittlungen teilzunehmen, sei es durch Erteilung von Hinweisen oder sogar durch Anstrengung eigener Ermittlungen.
Zudem ergäbe sich bei Hinzuziehen des Pflichtteilsberechtigten zu den Ermittlungstätigkeiten des Erben und vor allem auch des Notars eine Pflicht zur Vorlage von Belegen an den Pflichtteilsberechtigten. Der Erbe und der Notar wären dazu angehalten, dem Pflichtteilsberechtigten sämtliche gesichteten Unterlagen zur Verfügung zu stellen bzw. gemeinsam mit diesem durchzusehen.
Besonders deutlich wird dies im Hinblick auf die durch den Notar im Zweifel vorzunehmende Anforderung und Durchsicht der Kontoauszüge des Erblassers der letzten zehn Jahre. Auch wenn der Pflichtteilsberechtigte oftmals ein erhebliches Interesse daran haben wird, die Kontoauszüge der letzten zehn Jahre dezidiert selbst durchzusehen, besteht hierauf kein Anspruch. Der Erbe und auch der Notar sind jedoch dazu verpflichtet, eben diese Ermittlungsarbeiten durchzuführen.
Würde dem Pflichtteilsberechtigten nunmehr durch Hinzuziehung zur Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses das Recht gestattet werden, sämtliche Ermittlungsarbeiten zu begleiten, würde ihm hierdurch gerade das nicht bestehende Recht zur Durchsicht sämtlicher Kontoauszüge "durch die Hintertür" eröffnet werden.
Gleiches gilt in Bezug auf das Erfordernis zum Betreten der vom Erblasser ehemals bewohnten Immobilie. Der Pflichtteilsberechtigte ist nicht einmal dazu berechtigt, die Aufnahme des Nachlassverzeichnisses in der Wohnung des Erblassers zu verlangen. Notar und Erbe sind jedoch dazu verpflichtet, den Nachlassbestand zu ermitteln und daher auf die Besichtigung der ehemals durch den Erblasser bewohnten Immobilie im Zweifelsfall angewiesen bzw. sogar hierzu verpflichtet. Würde die Hinzuziehung zur Aufnahme des Nachlassverzeichnisses nunmehr bedeuten, dass der Pflichtteilsberechtigte bei jedem Ermittlungsschritt mit zugegen sein müsste, so würde ihm hierdurch die Anwesenheit in der ehemals durch den Erblasser bewohnten Wohnung gestattet werden.
Zum gleichen Ergebnis kommen rein praktische Überlegungen. Zur Aufnahme des Nachlassverzeichnisses wäre bei Hinzuziehung des Pflichtteilsberechtigten zu jedem Ermittlungsschritt nicht nur ein Termin, sondern mehrere notwendig. In den gesamten Materialien zur Erstellung des Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich ist jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sowohl Erbe als auch Pflichtteilsberechtigter ein Interesse an der zeitnahen Ermittlung des Nachlasses haben.
Würde nunmehr die Hinzuziehung des Pflichtteilsberechtigten dazu führen, dass sämtliche Ermittlungsarbeiten gemeinsam durchzuführen wären, so ergäbe sich die Notwendigkeit der Durchführung einer erheblichen Anzahl an Terminen, die durch mindestens 2, im Zweifel jedoch 5 Beteiligte – Notar, Erbe und Pflichtteilsberechtigter nebst jeweils einem rechtlichen Beistand – wahrzunehmen wären. Dies ist bereits aus praktischer Sicht weder durch den Erben, noch den Pflichtteilsberechtigten, keinesfalls aber von Notar und Rechtsanwalt leistbar.
Darüber hinaus ist nochmals darauf hinzuweisen, dass Sinn und Zweck der Hinzuziehung des Pflichtteilsberechtigten zur Aufnahme des Nachlassverzeichnisses ausschließlich die Ermöglichung der Beurteilung ist, ob weitere Rechte in Bezug auf das Nachlassverzeichnis geltend gemacht werden sollen. Dies betrifft insbesondere das Verlangen der eidesstattlichen Versicherung bei fehlender Sorgfalt des Erben bei Erstellung des Verzeichnisses.
Diesem Zweck ist jedoch Genüge getan, wenn Erbe und Notar den die Hinzuziehung zur Aufnahme des Verzeichnisses verlangenden Pflichtteilsberechtigten über Stand und Umfang der vorgenommenen Ermittlungsarbeiten beispielsweise durch Übersendung der versandten Anfragen an beispielsweise Kreditinstitute, Versicherungen, Grundbuchamt und mögliche Zuwendungsempfänger auf dem Laufenden halten sowie vor Festlegung eines Termins zur endgültigen Fertigstellung des Verzeichnisses einen Entwurf des Verzeichnisses zur Verfügung stellen. Ggf. kann es trotz fehlender Verpflichtung sinnvoll sein, den Pflichtteilsberechtigten anzuhören und möglichen Ermittlungsansätzen nachzugehen.
An dem Termin zur Fertigstellung des Verzeichnisses hat der Pflichtteilsberechtigte sodann das Recht, anwesend zu sein. In diesem Termin legen Notar und Erbe ihre Ermittlungsschritte sowie Ermittlungsergebnisse nochmals abschließend offen, sodass nach Abhalten dieses Termins eine umfassende Möglichkeit zur Beurteilung der Notwendigkeit und des Erfolgs der Geltendmachung weiterführender Rechte besteht.
Eine Ausdehnun...