Leitsatz
Das dem Urkundsnotar vom Erblasser in seiner notariell beurkundeten letztwilligen Verfügung eingeräumte Recht zur Bestimmung der Person des Testamentsvollstreckers stellt für den Urkundsnotar einen rechtlichen Vorteil im Sinne des § 7 Nr. 1 BeurkG dar, sodass die diesbezügliche Beurkundung der Willenserklärung des Erblassers unwirksam ist.
OLG Stuttgart, Beschluss vom 29. März 2012 – 8 W 112/12
Sachverhalt
Der Erblasser hat in § 9 des vor dem Beteiligten Z. 5 notariell beurkundeten Testaments vom 29. Juli 2005 Testamentsvollstreckung angeordnet und bestimmt, dass der Testamentsvollstrecker durch den beurkundenden Notar, ersatzweise durch das zuständige Nachlassgericht, zu ernennen ist, sofern er nicht selbst noch einen Testamentsvollstrecker benannt hat. Aufgrund dessen bestimmte der Urkundsnotar die Beteiligte Z. 4, die ehemalige Rechtsanwältin des Erblassers, als Testamentsvollstreckerin. Ihre Annahmeerklärung ging am 23. Februar 2011 beim Nachlassgericht ein, das mit Beschluss vom 1. März 2011 den Eingang bestätigte. In Kenntnis des von der Beteiligten Z. 2 gestellten Antrags auf Entlassung der Testamentsvollstreckerin beantragte diese mit notarieller Urkunde des Notariats Aalen I vom 9. November 2011 die Erteilung eines Zeugnisses über ihre Ernennung zum Testamentsvollstrecker.
Dem Antrag wurde mit Beschluss des Nachlassgerichts vom 9. Februar 2012 entsprochen. Seine sofortige Wirksamkeit und die Erteilung des Zeugnisses wurden jedoch bis zur Rechtskraft der Entscheidung zurückgestellt, nachdem diese dem erklärten Willen der Beschwerdeführerin widerspricht. Gegen den am 11./13. Februar 2012 zugestellten Beschluss hat die Beteiligte Z. 2 am 1. März 2012 Beschwerde eingelegt, der der Notar nicht abgeholfen hat. Er hat die Akten mit Beschluss vom 22. März 2012 dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt und zugleich darauf hingewiesen, dass über den Antrag auf Testamentsvollstreckerentlassung erst nach dem Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung in der gegenständlichen Beschwerdesache entschieden werde.
Zur Sachverhaltsdarstellung im Einzelnen wird verwiesen auf das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten, den angefochtenen Beschluss und den übrigen Akteninhalt.
Aus den Gründen
Die befristete Beschwerde der Beteiligten Z. 2 ist gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthaft. Ihre Beschwerdeberechtigung ergibt sich aus § 59 Abs. 1 FamFG. Durch die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses für die Antragstellerin wird sie als Miterbin in ihrer Verfügungsbefugnis bezüglich des Nachlasses (§ 2211 Abs. 1 BGB) beschränkt. Der erforderliche Beschwerdewert (§ 61 Abs. 1 FamFG: über 600 EUR) ist gegeben und das Rechtsmittel wurde innerhalb der gesetzlichen Frist des § 63 Abs. 1 FamFG in der vorgeschriebenen Form (§ 64 Abs. 2 FamFG) beim Notariat (§ 64 Abs. 1 FamFG) eingelegt.
Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Einem Testamentsvollstrecker hat das Nachlassgericht auf Antrag ein Zeugnis über die Ernennung zu erteilen (§ 2368 BGB). In diesem Rahmen entscheidet das Notariat nur mittelbar über die Wirksamkeit der Testamentsvollstreckerernennung (Mayer in Mayer/Bonefeld/Wälzholz/Weidlich/Vassel-Knauf, 3. Aufl. 2011, Testamentsvollstreckung, Anm. II. "Bestimmung durch einen Dritten", Rn 11, mwN).
Allein entscheidungserheblich ist insoweit die zwischen den Beteiligten bereits erstinstanzlich diskutierte Rechtsfrage, ob die vom Erblasser in dem notariellen Testament vom 29. Juli 2005 dem Urkundsnotar überlassene Bestimmung der Person des Testamentsvollstreckers gemäß § 7 Nr. 1 BeurkG unwirksam ist mit der Folge der Teilnichtigkeit der diesbezüglichen Anordnung (§§ 2197 Abs. 1, 2198 Abs. 1 S. 1, 125 S. 1, 134 BGB).
Auf den weiteren Streit des Umfangs der notariell verfügten Testamentsvollstreckung kommt es entsprechend den nachfolgenden Ausführungen nicht an.
Bestimmungsberechtigter Dritter im Sinne von § 2198 Abs. 1 S. 1 BGB konnte nach früher maßgeblicher Meinung (OLG Neustadt DNotZ 1951, 339) auch der das Testament beurkundende Notar sein. Durch das später eingeführte Beurkundungsgesetz vom 28. August 1969 ist es im Hinblick auf § 7 BeurkG zwischenzeitlich zu einer Ablehnung dieser Meinung gekommen. Dem Urkundsnotar darf in der Urkunde kein rechtlicher Vorteil eingeräumt werden. Der wirtschaftliche Vorteil spielt keine Rolle (Reimann Bengel/Reimann, Handbuch der Testamentsvollstreckung, 4. Aufl. 2010, 2. Kapitel Rn 135; Mayer, aaO, E. "Beurkundungsrechtliche Fragen, insbesondere zur Testamentsvollstreckerernennung", Rn 7; Zimmermann in MüKo zum BGB, 5. Aufl. 2010, § 2198 BGB Rn 3; Mayer in Beck’scher Online-Kommentar BGB, Hrsg. Bamberger/Roth, Stand 1. Februar 2012, § 2198 Rn 2; Reimann in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2003, § 2198 BGB Rn 3; Reimann DNotZ 1994, 659; ZNotP 2000, 196 und 208; Schiemann in dem vorliegend erstellten Rechtsgutachten vom 15. November 2011; je mwN).
Abzustellen ist allein darauf, ob das dem Urkundsnotar eingeräumte Bestimmungsrecht einen rechtlichen Vorteil im Sinne des § 7 BeurkG für ihn mit sich bringt.
Der unbestimm...