Eine Schenkung unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) erfordert nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG eine freigebige Zuwendung, durch die der Bedachte auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Gegenstand dieser Zuwendung muss, worauf der BFH zutreffend hinweist, eine Vermögensverschiebung zwischen dem Schenker und dem Beschenkten sein, die sich grundsätzlich auf die Vermögenssubstanz beziehen muss. Bloße Wertverschiebungen genügen ausdrücklich nicht (BFH, v. 9.12.2009 – II R 28/08, DStR 2010, 925 f). Etwas anderes gilt nur im Falle des Eingreifens entsprechender Fiktionstatbestände, wie z. B. nach § 7 Abs. 8 ErbStG (Eingefügt durch das Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz v. 7.12.2011, BGBl I 2011, 2592). Vor diesem Hintergrund ist dieses jüngste Urteil des BFH kaum überraschend (wenngleich doch beruhigend).
Allerdings fokussiert sich das Gericht in seiner Begründung auf nur eine von mehreren Gestaltungsmöglichkeiten zur Erreichung einer disquotalen Stimmrechtsverteilung. Denn im Urteilsfall stand einem der Beteiligten persönlich ein überproportionales Stimmrecht zu, das ausdrücklich an seine persönliche Mitgliedschaft in der Gesellschaft, nicht aber an einen konkreten Geschäftsanteil gebunden war. Vor diesem Hintergrund stelle – so der BFH – das überproportionale Stimmrecht gerade keine "selbstständige Rechtsposition" dar, sei daher auch nicht übertragbar und könne bereits deswegen nicht Gegenstand einer Schenkung (Übertragung der Vermögenssubstanz) bilden. Daher fehle bei einem Verzicht auf das überproportionale Stimmrecht (ohne Verschiebung der Beteiligungsquoten im Übrigen) auch eine substanzielle Mehrung des Vermögens der übrigen Gesellschafter. Dies gelte umso mehr, als ein persönliches Mehrstimmrecht nach § 9 Abs. 2 Satz 3 BewG nicht bewertungsrelevant sei. Dies alles ist richtig, lässt aber die Frage offen, wie der BFH den Fall entschieden hätte, wäre das überproportionale Stimmrecht nicht an die Person eines Gesellschafters geknüpft gewesen sondern an einen von ihm gehaltenen Geschäftsanteil ("Golden Share").
Im Ergebnis müssen die Aussagen des BFH auch im Falle des Verzichts auf ein solches Mehrfachstimmrecht (durch Änderung des Gesellschaftsvertrags bzw. der Stimmrechtsausstattung des betroffenen Geschäftsanteils) durchgreifen. Denn eine substanzielle Vermögensverschiebung ist auch in diesem Fall mit dem Stimmrechtsverzicht nicht verbunden. Auf die Erwägungen zur Bestimmung des Verkehrswerts eines solchen Anteils kommt es für die Frage der Steuerpflicht der Aufgabe des Mehrfachstimmrechts im Grunde nicht an. Denn wo es bereits an einer Vermögensverschiebung fehlt, kann die Höhe einer (nicht relevanten) Bemessungsgrundlage keine Rolle spielen.
Interessanter erscheint vor diesem Hintergrund die Frage, ob bzw. wie sich das Bestehen disquotaler Stimmrechte auf die Bewertung der – hinsichtlich des Stimmrechts – nicht privilegierten Anteile auswirkt.
Nach § 97 Abs. 1 b BewG richtet sich die Aufteilung des Werts einer Kapitalgesellschaft auf die einzelnen Gesellschafter bzw. die von ihnen gehaltenen Geschäftsanteile rein nach dem Verhältnis ihrer Kapitalanteile zum insgesamt eingezahlten Nennkapital (Eisele, in Rössler/Troll BewG, § 97 Rn 29 a). Obwohl ein "Golden Share" im Geschäftsleben zu einem höheren Preis gehandelt werden könnte als ein nicht mit einem Mehrfachstimmrecht versehener Anteil gleichen (kapitalmäßigen) Umfangs, lässt § 97 Abs. 1 b Satz 3 BewG eine Berücksichtigung dieses werterhöhenden Faktors nicht zu. Gleiches gilt spiegelbildlich für die Bewertung der nicht mit einem Mehrfachstimmrecht versehenen Anteile. Die zeitweise erwogene Änderung von § 97 Abs. 1 b Satz 1 BewG, die für den Fall der atypischen Ausstattung von Beteiligungen eine von den Kapitalanteilen abweichende Aufteilung des Unternehmenswerts ermöglichen sollte (Stellungnahme des Bundesrats zum Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2013 v. 6.7.2012, BR-Drucks 302/12, Ziff. 59 zu Artikel 19 Nummer 1 a – neu – und Nummer 2 – [§ 97 Abs. 1 b, 205 Abs. 5 BewG]) wurde im gerade abgeschlossenen Gesetzgebungsverfahren zum Amtshilferichtline-Umsetzungsgesetz nicht mehr verfolgt.
Nichts desto trotz wäre – jedenfalls bei Knüpfung des Mehrfachstimmrechts an einen bestimmten Gesellschaftsanteil – ein über den Wert nach § 97 Abs. 1 b BewG hinausgehender Wertansatz für die Beteiligung des von dieser atypischen Ausgestaltung begünstigten Gesellschafters über § 11 Abs. 3 BewG möglich. Denn insoweit handelt es sich um besondere Umstände, aus denen sich ein höherer gemeiner Wert ableiten lässt. Dieser Aspekt wird indes nur dann relevant, wenn die Beteiligung des betreffenden Gesellschafters tatsächlich – substanziell – übertragen wird. Im Falle der Zurückbehaltung einer solchen Beteiligung spielt § 11 Abs. 3 BewG aber keine Rolle, auch nicht für die Bewertung der nicht privilegierten, übertragungsgegenständlichen Anteile. Denn § 11 Abs. 3 BewG bezieht sich einzig und allein auf einen höheren Wert rechtfertigende besondere Umstände; ein von den allgemein...