Ob ein schützenswertes Interesse des letztwillig Bedachten bestand, ist durch Gegenüberstellung der jeweiligen Interessenslagen zu ermitteln. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang die Lebenseinstellung der Vertragspartner bei Abschluss des Vertrages, die Absicherung des länger Lebenden, insbesondere die Sicherstellung seiner Versorgung und auch die sog. Bindungsintensität, also inwieweit es den Testierenden jeweils darauf ankam, dass das Vermögen bei den bindend Bedachten ankommt und wie wichtig dies für die Willensentscheidung letztlich war. Bei einem gemeinschaftlichen Testament ist ferner zu berücksichtigen, ob das wesentliche Vermögen dem überlebenden Ehepartner schon immer gehört hat. In dem Fall ist von einer geringeren Bindungsintensität auszugehen. Gleiches gilt auch in den Fällen, in denen der zunächst Bedachte vorentfallen ist und ein ersatzweise Bedachter Erbe wird.

Die Gründe für die lebzeitige Zuwendung können materieller oder immaterieller Art sein.[56] Die Rechtsprechung tendiert dahin, dass das schützenswerte Interesse des Erblassers umso höher ist, je höher der eigennützige Zweck der Zuwendung ist. Dies kann nicht nur dann gegeben sein, wenn es dem Erblasser um die eigene Versorgung[57] geht, sondern bspw. auch dann, wenn er mit der Schenkung einen eigenen Abkömmling, der sich nicht hinreichend selbst versorgen kann, absichern möchte.[58] Eine rein personale Verbundenheit ist nach der Rechtsprechung zur Begründung eines schützenswerten Interesses allerdings nicht ausreichend.[59]

[56] BGHZ 97, 188.
[57] Zum besonderen Interesse des Erblassers an der Versorgung durch einen nahen Angehörigen, OLG Köln ZErb 2014, 196.
[58] OLG München FamRZ 2015, 608.
[59] OLG Köln FamRZ 1992, 607

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?