Leitsatz
Eine Beschwerdeberechtigung des Sozialhilfeträgers besteht bei Abänderung oder Außerkraftsetzen der Anordnungen des Erblassers gegenüber dem Testamentsvollstrecker durch das Nachlassgericht gemäß § 59 Abs. 1 FamFG auch dann nicht, wenn dies die wirtschaftliche Lage des Vorerben beeinflusst. Die wirtschaftliche Betroffenheit des Sozialhilfeträgers begründet kein Beschwerderecht.
OLG München, Beschluss vom 16. Mai 2017 – 31 Wx 7/17
Sachverhalt
Die verwitwete Erblasserin ist am ... kinderlos verstorben und hat durch handschriftliches Testament vom ... ihre Nichte, die Beteiligte zu 1, als Vorerbin eingesetzt und Testamentsvollstreckung angeordnet und zugleich umfangreiche Verwaltungsanordnungen für den Testamentsvollstrecker getroffen.
Die Beteiligte zu 1 leidet seit vielen Jahren an einer psychischen Erkrankung und steht unter Betreuung; sie ist derzeit in einer Einrichtung des Beschwerdeführers untergebracht und erhält vom Beschwerdeführer Sozialhilfeleistungen.
Der Beteiligte zu 2 ist vom Nachlassgericht als Testamentsvollstrecker bestellt worden.
Er hat beim Nachlassgericht beantragt, bestimmte Anordnungen der Erblasserin aus dem Testament vom ... hinsichtlich der Verwaltung des Nachlasses gemäß § 2216 BGB abzuändern.
Dem hat das Nachlassgericht mit Beschluss vom 29.11.2013 entsprochen.
Der Beschwerdeführer macht geltend, durch diese vom Nachlassgericht vorgenommene Änderung der Anordnungen der Erblasserin hinsichtlich der im Testament vom ... angeordneten Testamentsvollstreckung in eigenen Rechten verletzt worden zu sein.
Aus den Gründen
Die Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Zutreffend ist das Nachlassgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beschwerde bereits unzulässig ist.
1. Dabei kann nach Ansicht des Senats dahinstehen, ob die Beschwerde bereits deshalb unzulässig ist, weil der Beschwerdeführer die Beschwerdefrist des § 63 FamFG versäumt hat. Auf die kontrovers diskutierte Frage, ob § 63 Abs. 3 FamFG auch dann anzuwenden ist, wenn ein bislang nicht am Verfahren Beteiligter erstmals nach Ablauf der Beschwerdefrist Beschwerde einlegt, kommt es nicht an.
2. Der Beschwerdeführer ist hier jedenfalls deshalb nicht beschwerdeberechtigt im Sinne des § 59 FamFG, weil er weder die Verletzung eines eigenen subjektiven Rechts rügen kann (Abs. 1), noch folgt seine Beschwerdeberechtigung aus § 59 Abs. 3 FamFG.
a) Eine Beschwerdeberechtigung im Sinne des § 59 Abs. 1 FamFG liegt nicht vor.
aa) Für diese ist ein unmittelbarer, nachteiliger Eingriff in ein dem Beschwerdeführer zustehendes subjektives Recht erforderlich. Die angefochtene Entscheidung muss daher ein bestehendes Recht des Beschwerdeführers aufheben, beschränken, mindern, ungünstig beeinflussen oder gefährden, die Ausübung dieses Rechts stören oder dem Beschwerdeführer die mögliche Verbesserung seiner Rechtsstellung vorenthalten oder erschweren. Nicht ausreichend sind demgegenüber lediglich wirtschaftliche, rechtliche oder sonstige berechtigte Interessen (BGH FamRZ 2013, 1035; OLG München FamRZ 2016, 1387; OLG Hamm FGPrax 2014, 165, 166; NK-Nachfolgrecht/Horn, 1. Aufl, 2014 § 59 Rn 2; Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 59 Rn 2).
bb) Ein derartiges subjektives Recht des Beschwerdeführers ist aber nicht ersichtlich.
Ziel der Beschwerde ist es, die ursprünglichen Anordnungen der Erblasserin gegenüber dem Testamentsvollstrecker wiederherzustellen. Davon erhofft sich der Beschwerdeführer, dass Vermögen, das jetzt der Testamentsvollstreckung unterliegt, freigegeben wird mit der Folge, dass die Vorerbin dann selbst leistungsfähig wäre und der Beschwerdeführer deswegen seinerseits von der Erbringung von Sozialleistungen gegenüber der Vorerbin befreit würde.
Dieses Interesse des Beschwerdeführers ist aber kein rechtliches Interesse im Sinne des § 59 Abs. 1 FamFG, sondern allenfalls ein – unbeachtliches – wirtschaftliches Interesse.
(1) Zweck der Testamentsvollstreckung ist es, die Anordnungen des Erblassers auszuführen. Der Erblasser hat somit über seinen Tod hinaus die Möglichkeit, auf den Nachlass Einfluss zu nehmen (NK-BGB/Kroiß, 4. Aufl. 2014 vor § 2197 Rn 4). Somit beschränkt die Testamentsvollstreckung von Anfang an die Rechte des Erben im Hinblick auf den Nachlass; der Testamentsvollstrecker wird im Interesse des Erblassers, nicht der Erben, tätig (Kroiß, aaO Rn 3).
(2) Die Umsetzung der Anordnungen des Erblassers findet ihre Grenze dort, wo der Nachlass durch sie ernsthaft gefährdet würde, § 2216 Abs. 2 S. 2 BGB. Schutzrichtung der Norm ist der Nachlass selbst. Für eine derartige Gefährdung reicht es aus, wenn diejenigen Interessen am Nachlass beteiligter Perso- nen erheblich gefährdet werden, die der Erblasser durch seine Verwaltungsanordnungen hat fördern wollen (BayObLGZ 1961, 155, 159). Neben dem Testamentsvollstrecker können deshalb auch alle Personen, die an der Aufhebung von Anordnungen des Erblassers ein rechtliches Interesse haben, also z. B. Erben, Vermächtnisnehmer und Auflagenberechtigte einen entsprechenden Antrag stellen (BGH NJW 1961, 1717; Kroiß, aaO § 2216 Rn 23)...