Leitsatz
Eine im Jahre 2010 einmalig für einen vergangenen Zeitraum erfolgte Vergütung des Nachlasspflegers mit einem pauschalen Prozentsatz des Aktivvermögens ohne Berücksichtigung der Ausschlussfrist des § 2 VBVG begründet keinen berechtigten Vertrauenstatbestand, aufgrund dessen der zukünftigen Anwendung der Ausschlussfrist § 242 BGB entgegensteht.
OLG Hamm, Beschluss vom 24. April 2015 – I-15 W 455/14
Sachverhalt
Mit Beschluss vom 26.5.2004 bestellte das Amtsgericht die Beteiligte zur Nachlasspflegerin. Mit Schreiben vom 16.7.2013 (Bl 1113), beim Amtsgericht am selben Tag eingegangen, beantragte die Beteiligte die Festsetzung einer Vergütung für den Zeitraum September 2009 bis Dezember 2012 in Höhe von 31.725,00 EUR. Diesen Betrag errechnete sie mit 2 % von dem Aktivvermögen von 1.332.992,54 EUR, zuzüglich 19 % Umsatzsteuer. Dabei nahm sie Bezug auf Ihren vorangegangenen, in dieser Nachlasspflegsschaftssache ersten Antrag vom 28.8.2009 (Bl 624) auf Festsetzung der Vergütung für den Zeitraum Mai 2004 bis August 2009 in Höhe von 34.340,63 EUR, der nach einem Prozentsatz von 2 % aus einem Aktivvermögen von 1.442.883,68 EUR errechnet worden war. Hierauf wurde durch rechtskräftigen Beschluss vom 14.4.2010 eine Vergütung von 28.857,67 EUR festgesetzt; das ist der geltend gemachte Betrag abzüglich 19 % Umsatzsteuer (Bl 811). Nachdem die vom Amtsgericht bestellte Verfahrenspflegerin, Rechtsanwältin S, Bedenken gegen den Antrag vom 16.7.2013 im Hinblick auf die Verjährungsvorschriften erhoben hatte, bat das Amtsgericht mit Schreiben vom 23.10.2013 um Überprüfung des Antrags. Mit Schreiben vom 23.6.2014 (Bl 1175) machte die Beteiligte geltend, es sei bei der Bestellung "vereinbart" worden, dass anstelle der konkreten Abrechnung des Zeitaufwands eine Abrechnung nach Prozenten erfolge, dies sei bei der damals zuständigen Rechtspflegerin so üblich gewesen und werde auch heute noch bei diversen Gerichten so gehandhabt. Zu keinem Zeitpunkt sei darüber gesprochen worden, dass die Ansprüche verjährt sein könnten. Daher könne das Nachlassgericht nicht ohne Vorwarnung von seiner Handhabung abweichen, das verstoße gegen Treu und Glauben und die Grundsätze eines fairen Verfahrens.
Mit Beschluss vom 9.9.2014 wies das Nachlassgericht den Vergütungsantrag zurück. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten, der das Amtsgericht mit Beschluss vom 22.10.2014 nicht abhalf.
Aus den Gründen
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Nach den §§ 1960, 195 Abs. 1 S. 1, 1836 Abs. 1 S. 3 BGB in Verbindung mit § 2 S. 1 VBVG erlischt der Vergütungsanspruch eines Nachlasspflegers, wenn er nicht binnen fünfzehn Monaten nach seiner Entstehung beim Nachlassgericht geltend gemacht wird. § 2 VBVG ist auch auf die dem Nachlasspfleger zustehenden Vergütungsansprüche anwendbar (BGH FamRZ 2013, 295 = NJW-RR 2013, 519, 295 mwN).
Der Vergütungsanspruch eines Nachlasspflegers entsteht für jede konkret aufgewandte und erforderliche Stunde zur Nachlasspflege. Die Frist des § 2 VBVG beginnt daher für jede vom Nachlasspfleger aufgewandte Tätigkeit jeweils taggenau mit der an diesem Tag eintretenden Fälligkeit. Diese Frist wird nur durch einen bei dem Amtsgericht zu stellenden Antrag gewahrt, der inhaltlich den Mindestanforderungen genügt, um die Prüfung und Feststellung der zutreffenden Vergütungshöhe zu ermöglichen. Dazu reicht die bloße Angabe der Stundenzahl ohne konkreten Tätigkeitsnachweis für die fristgerechte Geltendmachung des Anspruchs nicht aus (BGH aaO; Senat FGPrax 2009, 161 ff; KG FGPrax 2011, 235; OLG München MDR 2006, 815; OLG Frankfurt FGPrax 2001, 243). Diesen Anforderungen entsprachen der Antrag der Beteiligten vom 16.7.2013 und ihr ergänzendes Schreiben vom 23.6.2014 auch nicht im Ansatz, weil sie keine Angaben zum Umfang ihrer Tätigkeit als Nachlasspflegerin enthalten. Eine, wenn auch nur stark zusammengefasste, Darstellung ihrer Tätigkeit enthält erstmals ihre Beschwerdebegründung vom 10.10.2014. Damit hat die Beteiligte, weil die pauschale Anmeldung von Ansprüchen, die keine Prüfung der Vergütungshöhe ermöglicht, nach ganz einhelliger Ansicht nicht zur Fristwahrung genügt, die 15-Monatsfrist nicht gewahrt. Ihr Vergütungsanspruch für die im geltend gemachten Zeitraum erbrachten Tätigkeiten ist deshalb nach § 2 VBVG erloschen.
Der Anwendung der Ausschlussfrist des § 2 VBVG steht im vorliegenden Fall auch nicht der Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB entgegen (zu dieser Möglichkeit vgl. BGH aaO). Die Berufung auf die Ausschlussfrist kann zwar unter diesem Gesichtspunkt dann ausgeschlossen sein, wenn der Schuldner durch sein Verhalten den Gläubiger von einer rechtzeitigen Geltendmachung des Anspruchs abgehalten hat (BGH aaO). Abgesehen davon, dass der Staat vorliegend nicht Schuldner der Beteiligten ist, kann der Senat ein treuwidriges Verhalten der für die Festsetzung zuständigen Nachlass-Rechtspflegerin des Amtsgerichts vorliegend nicht feststellen. Zwar hat die Rechtspflegerin sich in dem ersten Antrag der Beteiligten vom 28.8.2009 auf Festsetzung der Vergüt...