Einführung
Der Käufer eines Kunstwerkes erwirbt im Idealfall dreierlei: Erstens ein beständiges Konsumgut, denn regelmäßig ist ein Kunstwerk Ausdruck einer Sammelleidenschaft, infolgedessen sein Erwerb beim passionierten Kunstliebhaber zu einer Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens führt. Darüber hinaus dient das Kunstobjekt in Zeiten historisch niedriger Zinsen und Unsicherheit an den Kapitalmärkten zunehmend auch als alternative Vermögensanlage. Dabei haben Kunstwerke gegenüber oftmals volatilen Aktien den Vorteil, auf Schwankungen sonst gewichtiger Indikatoren wie Ölpreis, Inflationsrate oder Arbeitslosenquote nur in eingeschränktem Umfang zu reagieren. Zu guter Letzt bieten Kunstwerke neben ihrer ideellen Bedeutung sowie den möglichen Wertsteigerungen, bei Beachtung der gesetzlichen Verschonungsregelungen des ErbStG, auch außerordentliche steuerliche Vorteile. Die zur Gewährung der Steuerbefreiung maßgeblichen Voraussetzungen sollen im Folgenden dargestellt werden.
I. Die Entwicklung des globalen Kunstmarktes
Der Verkauf des Gemäldes "Les femmes d’Alger (Version >O<)" des spanischen Malers Pablo Picasso zu einem sagenhaften Preis von 179,4 Mio. Dollar im Mai 2015 ist der jüngste Höhepunkt einer Entwicklung, die seit dem Einsetzen der Finanzkrise rasant an Fahrt gewonnen hat. Das Gemälde, vom Verkäufer im Jahr 1997 bei Christies’s für 31,9 Millionen Dollar erworben, erzielte 18 Jahre später – unter Berücksichtigung der Transaktionskosten – einen Gewinn von ca.128 Mio. Dollar.
Der Markt für Kunst und Antiquitäten boomt, der weltweite Umsatz hat sich zwischen 2008 und 2013 von rund 28 Mrd. Dollar auf 65,9 Mrd. Dollar mehr als verdoppelt. Dies zeigt, dass eine stetig zunehmende Zahl von Käufern das Kunstobjekt inzwischen als Investitionsobjekt wahrnimmt. Dies führt im Ergebnis dazu, dass "nicht mehr das Werk selbst, sondern seine Wertsteigerung bis auf Weiteres die treibende Kraft aller Marktstrategien ist", wie das Kunstmagazin "art" kürzlich feststellte.
Aufgrund der steigenden Zahl vermögender Privatpersonen – besonders in den Schwellenländern Indien, China und Russland – ist zudem zu erwarten, dass zukünftig regelmäßig neue Superlative vermeldet werden. So zählte eine von Merrill Lynch und cap-gemini herausgegebene Studie bereits im Jahr 2008 weltweit über 950 Millionen Menschen mit einem investierbaren Vermögen von mehr als einer Million Dollar.
Ob Kunstwerke per se eine bessere Verzinsung als andere Wertanlagen bieten, lässt sich indes nicht pauschal beantworten. Gemälde aller Stilrichtungen und Epochen brachten zwischen 1972 und 2010 im Schnitt eine Rendite von 6,5 Prozent – vor Kosten. Dagegen verzeichnete Kunst der Nachkriegszeit und Gegenwart einen durchschnittlichen jährlichen Zuwachs von 8,4 Prozent. Allgemein lassen sich Renditechancen eines Gemäldes in erster Linie anhand der Popularität des Künstlers sowie der Verbreitung seines Werkes bei den wichtigsten Akteuren im Markt ermitteln.
Die Gefahr zu scheitern ist jedoch nicht gering, insbesondere der Ankauf (noch) unbekannter Künstler ist regelmäßig als hochspekulativ zu bewerten. Selbst Charles Saatchi, einer der einflussreichsten Sammler der Gegenwart, äußerte hierzu, er mache beim Kauf von fünf Bildern lediglich mit einem Profit, zwei gebe er zum Einkaufspreis wieder ab und mit zweien erleide er Verluste. Bei Kunstobjekten, die bei Auktionen erworben werden, ist überdies zu beachten, dass für den Käufer ein Aufgeld von ca. 25 Prozent fällig wird. Es vergeht daher – je nach jährlich erzielter Rendite – erst ein gewisser Zeitraum, bis echte Vermögenszuwächse realisiert werden können. Daher sollte, wer in Kunst anlegt und dabei die Kunst auch als Form der Wertanlage im Blick hat, entweder die nötige Expertise mitbringen oder einen unabhängigen Berater an seiner Seite haben, bestenfalls beides.
II. Die Verschonungsregelung für Kulturgüter in der deutschen Erbschaftsteuer
§ 13 ErbStG enthält sowohl teilweise als auch vollständige Steuerbefreiungen, deren Eingreifen – unabhängig von den subjektiven Verhältnissen des Erwerbers – ausschließlich an objektive Voraussetzungen anknüpfen. Es handelt sich um eine in weiten Teilen unveränderte Nachfolgeregelung des § 18 ErbStG von 1959.
Die Steuerbefreiung von Kulturgütern regelt § 13 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG, wonach Grundbesitz, Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken und Archive, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt und unwirtschaftlich ist, grundsätzlich mit 60 Prozent des Wertes, unter bestimmten Voraussetzungen ohne Rücksicht auf die Art des Gegenstands sogar mit 100 Prozent des Wertes, steuerfrei sind.
Diese Regelung blieb – bis auf redaktionelle Änderungen und Anpassu...