Das Insolvenzverfahren über den Nachlass wird, wie aus § 26 ersichtlich ist, von dem Insolvenzgericht per Beschluss (vgl. dazu § 27) eröffnet, wenn ein zulässiger Insolvenzantrag iSv oben II. 2. sowie ein Insolvenzgrund vorliegt. Zudem müssen die Kosten des Insolvenzverfahrens iSd § 54 gedeckt sein.
1. Entstehung der Insolvenzmasse
Die "besondere Vermögensmasse" stellt beim Nachlassinsolvenzverfahren der Nachlass dar. Diese Vermögensmasse wird durch Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens von dem ursprünglichen, sog. originären Eigenvermögen des Erben getrennt. Somit erreicht der Erbe im Nachlassinsolvenzverfahren zweierlei: Er führt zum einen die Haftungsbeschränkung zu seinen Gunsten im Hinblick auf Gläubiger des Nachlasses herbei (vgl. § 1975 BGB aE). Zum anderen können Gläubiger des Erben selbst nicht mehr ohne Weiteres in die Vermögenswerte des Nachlasses vollstrecken. In Anlehnung an § 35 InsO gehört zur Insolvenzmasse eines Nachlasses dessen gesamtes pfändbares Vermögen, also Vermögenswerte wie Immobilien und Forderungen. Auf der anderen, nämlich der Passivseite, aber auch Verbindlichkeiten, wie zuvor dargestellt.
2. Verfügungsmacht (§ 80), Insolvenzanfechtung (§ 322) und sonstige Ansprüche
Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis geht mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den gerichtlich nach § 27 Abs. 1 bestellten Nachlassinsolvenzverwalter über, § 80. Zum Nachlass gehörige Vermögenswerte verwaltet er – und nicht mehr der Erbe –, verwertet sie und zieht realisierte Gegenwerte zur sogenannten Insolvenzmasse. Der Nachlassinsolvenzverwalter ist zum anderen aber auch verpflichtet, Belangen des Nachlasses – insbesondere steuerlichen Erklärungspflichten – nachzukommen, aber auch Masseverbindlichkeiten wie die Beerdigungskosten gemäß § 324 Abs. 1 Nr. 2 zu begleichen.
Einem Insolvenzverfahren eigen ist die Möglichkeit des Insolvenzverwalters, gewisse Rechtshandlungen zugunsten der Insolvenzmasse im Wege der Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff InsO "zurück zu drehen". Dies gilt auch im Nachlassinsolvenzverfahren: Sofern der Erbe vor Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens beispielsweise Pflichtteilsansprüche, Vermächtnisse oder Auflagen erfüllt hat, kann dieses als unentgeltliche Leistung des Erben anfechtbar und der Insolvenzmasse in dem Nachlassinsolvenzverfahren zurückzugewähren bzw. zu erstatten sein, § 322.
Weitere Vermögenspositionen können auch (Schadens-)Ersatzansprüche gegen den Erben, einen Nachlassverwalter oder Dritte sein – z. B. weil ein Erbe den Nachlass bis zur Verantwortlichkeit des (vorläufigen) Insolvenzverwalters nicht ordnungsgemäß verwaltet oder/und erhalten hat. Hat ein Erbe bis zu diesem Zeitpunkt Nachlass-Gegenstände verkauft, kann der Nachlassinsolvenzverwalter als Partei kraft Amtes die Abtretung des Kaufpreises verlangen. Nachlassgegenstände sind von dem Erben an den Insolvenzverwalter herauszugeben, damit dieser die Verwaltung/Verwertung gem. §§ 148 ff, 159 vornehmen kann.
3. Exkurs: Der Nachlassinsolvenzverwalter und ggf. mit diesem "konkurrierende" Ämter
Im Zusammenhang mit Nachlässen gibt es bekanntlich unterschiedliche Ämter, beispielsweise das des Testamentsvollstreckers oder des Nachlassverwalters. Mit der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens endet das Amt des Nachlassverwalters (§ 1988 Abs. 1 BGB) im Gegensatz zur Nachlasspflegschaft gem. § 1960 BGB. Diese bleibt trotz Insolvenzeröffnung nicht nur bestehen; selbst während eines eröffneten Nachlassinsolvenzverfahrens kann sogar ein Nachlasspfleger für unbekannte Erben bestellt werden. Das Amt des Testamentsvollstreckers endet zwar ebenfalls nicht mit Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens. Aufgrund dessen, dass die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis jedoch auf den Insolvenzverwalter des Nachlassinsolvenzverfahrens übergegangen ist, beschränkt sich die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers auf unpfändbare Gegenstände, denn diese würden gem. § 35 InsO nicht in die Insolvenzmasse fallen. Der Testamentsvollstrecker kann zudem die Rechte der Erben wahrnehmen und Rechtsmittel gegen den Eröffnungsbeschluss einlegen oder/und zur Insolvenztabelle in dem Nachlassinsolvenzverfahren angemeldete Forderungen bestreiten. Lediglich für den Fall, dass über das Vermögen des Erben selbst das Insolvenzverfahren eröffnet wird, stellt der Nachlass, über den Testamentsvollstreckung angeordnet ist, ein Sondervermögen dar, das zwar in die Insolvenzmasse fällt. Dieses Sondervermögen bleibt jedoch unter der Verwaltungs- und Verfügungsberechtigung des Testamentsvollstreckers. Der Insolvenzverwalter darf den Nachlass nicht verwerten. Der Nachlass darf zudem gem. § 2214 BGB nur der Befriedigung der Nachlass-Gläubiger dienen. Dies gilt – insgesamt – solange, wie die Testamentsvollstreckung angeordnet ist.