Im Beschluss des OLG Düsseldorf ging es nun um die Wirksamkeit letztwilliger Verfügungen, welche die Erblasserin in einem gemeinschaftlichen Testament wechselbezüglich mit ihrem Ehegatten errichtet hatte. Diese seien – so das Gericht – im Wege der Umdeutung als Einzelverfügungen aufrecht zu erhalten, falls der Ehegatte, wie vorgetragen, zum Errichtungszeitpunkt testierunfähig gewesen und das gemeinschaftliche Testament daher unwirksam sei.
Problematisch war hier allerdings, dass die Ehegatten schon Jahre zuvor ein gemeinschaftliches Testament mit wechselbezüglichen Verfügungen errichtet hatten, von welchen nunmehr im zuletzt errichteten Testament abgewichen wurde. Im Fall der vorgetragenen Testierunfähigkeit des Ehegattens wäre davon zunächst auszugehen gewesen, dass seine wechselbezüglichen Verfügungen unwirksam sind. Dann wären die alleinstehenden wechselbezüglichen Verfügungen der Erblasserin entweder infolge des Nichtigkeitszusammenhangs nach § 2270 Abs. 1 BGB ebenfalls unwirksam gewesen. Oder sie bestünden, falls im Rahmen der Auslegung festzustellen war, dass ein strikter Nichtigkeitszusammenhang nach § 2270 Abs. 1 BGB nicht gewollt war, erst einmal als Einzelverfügungen fort.
In letzterem Fall wäre aber Folgendes zu berücksichtigen: War das jüngere gemeinschaftliche Testament infolge der Testierunfähigkeit des Ehegatten unwirksam, so musste automatisch das ältere gemeinschaftliche Testament wieder aufleben. Mit der Unwirksamkeit des jüngeren gemeinschaftlichen Testaments fällt nämlich denknotwendig auch dessen widerrufende Wirkung gegenüber dem älteren gemeinschaftlichen Testament weg. Die als Einzelverfügung weiter aufrecht erhaltene Verfügung der Erblasserin aus dem jüngeren gemeinschaftlichen Testament liefe also Gefahr, mit einer etwaigen Bindung des älteren gemeinschaftlichen Testaments zu konfligieren und mithin gemäß § 2289 Abs. 1 BGB ebenfalls unwirksam zu sein. Damit sich die Einzelverfügung der Erblasserin aber gegen eine etwaige Bindung des älteren gemeinschaftlichen Testaments durchsetzt, müsste sie nach herrschender Meinung als einseitiger Widerruf den Anforderungen des §§ 2271 Abs. 1 S. 1, 2296 Abs. 2 BGB genügen. Im Falle der Testierunfähigkeit des Ehegatten hätte der Widerruf aber nur gegenüber dem Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigten erfolgen können.
Dogmatisch etwas unsauber hat sich das OLG Düsseldorf nun auf den Standpunkt gestellt, dass die Umdeutung eines nichtigen wechselbezüglichen Testaments in Einzeltestamente möglich sei, wenn davon ausgegangen werden könne, dass die zu erhaltende Verfügung auch in Kenntnis der Unwirksamkeit der korrespektiven Verfügung getroffen worden wäre. Die Wirkung des § 2270 Abs. 1 BGB sei nicht zwingend, sondern vom Willen der Ehegatten abhängig.
Ist § 2270 Abs. 1 BGB ausdrücklich oder im Wege der Auslegung jedoch abbedungen, so führt – wie gezeigt – die Unwirksamkeit einer Verfügung schon nicht die Unwirksamkeit der anderen Verfügung herbei. Diese bleibt dann automatisch als Einzelverfügung bestehen. Eine Umdeutung ist mithin nicht notwendig und mangels Unwirksamkeit genau genommen auch nicht möglich.
Im Übrigen stellt sich dann, wie bereits angedeutet, die Frage, ob tatsächlich Wechselbezüglichkeit aller Verfügungen bestand. Diese muss nämlich für jede Verfügung gesondert festgestellt werden. Hätten die Erblasser die Verfügungen aber ohnehin auch unabhängig voneinander errichtet, liegt ein innerer Zusammenhang der Verfügungen wohl eher fern. Die Verbindung beschränkt sich dann auf das Ereignis der gemeinschaftlichen Errichtung. Auch in diesem Fall wäre schon kein Anlass für eine Umdeutung gegeben.
Letztendlich entscheidend und zutreffend hat das OLG Düsseldorf jedenfalls festgestellt, dass eine Bindung des älteren Testaments der Aufrechterhaltung der Verfügungen der Erblasserin aus dem jüngeren gemeinschaftlichen Testament nicht entgegenstand. Ob nun im Wege der Umdeutung oder auch ohne, die wechselbezüglichen Verfügungen der Erblasserin aus dem jüngeren gemeinschaftlichen Testament konnten als Einzelverfügungen bestehen.