“ … 2. Der Klägerin steht jedoch kein Anspruch auf Invaliditätsleistungen zu, weil es an der nach … § 7 I Ziff. 1 AUB 94) erforderlichen Invalidität in Form der dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit fehlt. Keine Anwendung findet zunächst die Gliedertaxe nach Abschnitt E I Ziff. 3 AUB-Komfort, da dort der Verlust einer Niere nicht aufgeführt ist. Nur für die dort genannten Glieder und Organe ist ein fester Invaliditätsgrad vereinbart, bei dem weder eine höhere noch eine geringere Invalidität in Betracht kommen. Werden durch den Unfall dagegen Körperteile oder Sinnesorgane betroffen, deren Verlust oder Funktionsfähigkeit in der Gliedertaxe nicht geregelt sind, erfolgt die Bemessung des Invaliditätsgrades nach medizinischen Gesichtspunkten (Abschnitt E II Ziff. 3 AUB-Komfort). Maßgebend ist also, inwieweit die normale körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit insgesamt unter ausschließlicher Berücksichtigung medizinischer Gesichtspunkte beeinträchtigt ist. Maßstab ist die Leistungsfähigkeit eines Unversehrten gleichen Alters und Geschlechts (Grimm, AUB, 4. Aufl., AUB 99 2 Rn 36; Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 7 AUB 94 Rn 3). Unberücksichtigt bleiben alle Umstände, die über das Medizinische hinausgehen, wie Beruf, Beschäftigung, Arbeitsmarktsituation, sonstige Tätigkeiten des Versicherten etc. (Grimm, a.a.O. Rn 37; Prölss/Martin, a.a.O. Rn 29).
a) Hierzu hat der Sachverständige H in seinem Gutachten vom 15.11.2006 ausgeführt, aus medizinischer Sicht sei eine dauernde Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit zu verneinen. Zwar sei die Funktion der rechten Niere deutlich eingeschränkt, da ihr Gesamtanteil an der Nierenfunktion nur noch bei 14 % liege. Auch sei eine Wiederherstellung der rechten Niere nicht zu erwarten, da von einem Progress der Funktionsverschlechterung ausgegangen werden müsse. Es erscheine auch möglich, dass sich dieser Prozess fortsetze und es zu einem vollständigen Funktionsverlust der rechten Niere komme. Es sei aber auch möglich, dass sich die Funktion der rechten Niere auf dem gegenwärtigen Niveau stabilisiere. Es fehle jedoch gleichwohl an einer Invalidität, weil die linke Niere den Funktionsverlust der rechten Niere kompensiere. Bei der Klägerin liege eine normale Gesamtnierenfunktion vor. Der Gutachter hat weiter unter Hinweis auf mehrere Langzeitstudien ausgeführt, es gebe keine Hinweise, dass der Verlust einer Niere bzw. der traumatisch bedingte Funktionsverlust einer Niere die Mortalität bzw. Morbidität im Vergleich zur altersentsprechenden Normalbevölkerung erhöhten. Auch die Lebenserwartung sei durch den Verlust einer Niere bzw. bei Spendern von einer Niere nicht beeinträchtigt.
Auf der Grundlage dieser medizinischen Feststellungen des Sachverständigen, die von der Klägerin auch nicht mit Substanz angegriffen werden, kann von einer Beeinträchtigung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit mithin nicht ausgegangen werden. Zwar hat die Klägerin (weitgehend) eine von zwei Nieren verloren. Das wirkt sich indessen insgesamt nicht auf ihre Leistungsfähigkeit aus, sodass es mangels Vereinbarung eines festen Satzes in einer Gliedertaxe gerade am Eintritt der Invalidität fehlt. Soweit z.T. die Auffassung vertreten wird, beim Verlust von paarigen Organen komme etwa bei einer Niere bei verbleibender gesunder Niere in der Praxis eine Bewertung mit 20 % in Betracht (vgl. Grimm, a.a.O. Rn 36), kann dem in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Ist gerade kein fester Satz für den Verlust einer Niere in einer Gliedertaxe vereinbart, ist alleine maßgeblich, ob und inwieweit die Gesamtfunktion des Körpers nach medizinischen Gesichtspunkten beeinträchtigt ist. Ist das wegen einer vollständigen Kompensation durch die andere Niere nach dem Ergebnis der Beurteilung durch einen Sachverständigen nicht der Fall, kann auch kein Invaliditätsgrad festgesetzt werden.
Das Risiko, dass es zukünftig zu einem vollständigen Ausfall der rechten Niere kommt, und auch die Gefahr einer Beeinträchtigung der Leistung der linken Niere besteht, vermag ebenfalls keine abweichende Beurteilung zu rechtfertigen. Hinreichende Anhaltspunkte hierfür gibt es nach dem Gutachten des Sachverständigen gerade nicht. Maßgebend ist aber alleine der zu erwartende Zustand nach Ablauf von 3 Jahren nach dem Unfall (vgl. Abschnitt E II AUB-Komfort am Ende). Diese Frist war aber im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens am 15.11.2006 nach dem Unfall vom 26.5.2003 bereits abgelaufen.
b) Insoweit können auch nicht Wertungen aus anderen Versicherungszweigen auf die private Unfallversicherung übertragen werden. Für die Auslegung des Begriffs der Invalidität kommt es alleine auf die vereinbarten Unfallversicherungsbedingungen, nicht dagegen auf Vorschriften der Sozialversicherung, des Versorgungsrechts oder des Schwerbehindertenrechts an (OLG Celle VersR 1959, 784). Die Begriffe Erwerbsunfähigkeit und Berufsunfähigkeit aus diesen Rechtsgebieten sind vom Invaliditätsbegriff der Allge...