AKB § 2b Nr. 3b
Leitsatz
Zur Frage der Leistungsfreiheit der Kfz-Versicherung nach der sog. "Rennklausel" bei einer "Gleichmäßigkeitsprüfung"
OLG Nürnberg, Urt. v. 29.6.2007 – 8 U 158/07
Aus den Gründen
“ … 1. Die Beklagte ist der Klägerin wegen des Schadensereignisses vom 22.4.2006 nach § 12 Nr. 1 II. e, § 13 Nr. 1 1. AKB zur Leistung verpflichtet.
Eine Einstandspflicht der Beklagten ist nicht gem. § 2 IVb der zwischen den Parteien vereinbarten AKB ausgeschlossen (die genannte Regelung entspricht § 2b Nr. 3b der Muster-ARB). Nach dieser Bestimmung wird Versicherungsschutz nicht gewährt für Schäden, die bei Beteiligung an Fahrveranstaltungen entstehen, bei denen es auf Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt; dies ist vorliegend nicht der Fall.
2. Zwar besteht nach einer Entscheidung des BGH vom 4.12.1990 (NJW-RR 1991, 472), die zu einem Bergrennen ergangen ist, gem. § 2 Abs. 3b AKB “ein Risikoausschluss in der Kfz-Haftpflichtversicherung bei der Beteiligung an einem Autorennen. Dieser Risikoausschluss gilt für Renn-Veranstaltungen jeder Art.’
Im Zusammenhang mit einer Gleichmäßigkeitsprüfung hat der BGH außerdem in der Entscheidung vom 1.4.2003 (BGHZ 154, 316) – ergänzend (“Hinzu kommt Folgendes: … ’) – ausgeführt, dass “der Zweck der … erörterten Regelungen von Haftungsbeschränkungen bei Rennen … darin bestehe, Veranstaltungen, bei denen Kraftfahrzeuge nicht – wie im öffentlichen Straßenverkehr – in einer den Verkehrsregeln angepassten Weise benutzt werden und dadurch in ungewöhnlichem Maße gesteigerte Risiken eintreten, einer gesonderten Behandlung zu unterziehen’ sind. “Es kann nicht zweifelhaft sein, dass Veranstaltungen, wie die im Streitfall, solch ungewöhnliche Gefahren heraufbeschwören.’
Aber allein mit diesen – teilweise von der Beklagten bemühten – auszugsweisen Belegstellen können jedoch die Voraussetzungen für einen Risikoausschluss gem. § 2 IVb AKB nicht begründet werden. Nach dessen eindeutigen – und für den Versicherungsnehmer auch maßgeblichen – Wortlaut muss es sich nämlich um Fahrveranstaltungen handeln, bei denen es auf die Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt.
Dies wird vom BGH auch nicht verkannt. Zum einen hatte er sich in der Entscheidung vom 1.4.2003 nicht nur mit den AKB, sondern auch mit § 29 Abs. 1 StVO zu befassen; nach dessen VwV werden jedoch Rennen nicht nur definiert als Veranstaltungen zur Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten, sondern (generell) Prüfungen mit Wettbewerbscharakter. In den tragenden Gründen legt der BGH zudem explizit dar, dass Fahrveranstaltungen vom Anwendungsbereich der Ausschlussklausel (nur) dann erfasst seien, wenn für den Sieg im Wettbewerb die höchste Geschwindigkeit entscheidend oder zumindest mitbestimmend ist. …
3. Anders war es jedoch bei der Veranstaltung, an der sich der Geschäftsführer der Klägerin beteiligt hatte:
Nach dem Reglement dieser Gleichmäßigkeitsprüfung wurde von den zu wertenden Runden die Differenz zwischen der höchsten und der niedrigsten Rundenzeit ermittelt; Sieger sollte der Fahrer mit der niedrigsten Differenzzeit sein. Bei Gleichstand war entscheidend die Differenz zwischen der gewerteten zweithöchsten Rundenzeit und der zweitniedrigsten Rundenzeit. Grundsätzlich galt es also – ohne Hilfsmittel, wie z.B. Stoppuhr, Funk, Transpondersysteme, Signale o.Ä. – zwei von insgesamt 10 Runden über jeweils 4,255 km (von denen allerdings nur 6 gewertet wurden) möglichst mit der gleichen Zeit zurückzulegen.
Anders als beim Reglement der Gleichmäßigkeitsprüfung, die Gegenstand der Entscheidung des BGH vom 1.4.2003 war, war für den Sieg im streitgegenständlichen Wettbewerb die höchste Geschwindigkeit nicht mit entscheidend. Es war zwar – ersichtlich um die Erzielung gleicher Rundenzeiten im “Schneckentempo’ zu vermeiden – vorgesehen, dass bis zu 2 Runden Rückstand ohne Nachteil gewertet “werden’, was zur Folge hat, dass “bei mehr als 2 Runden Rückstand … pro weiterer Runde 10 Sekunden zur Differenzzeit dazugezählt’ werden.
Trotz dieser Regelung kann jedoch nicht angenommen werden, dass der Charakter der streitgegenständlichen Veranstaltung von der Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit geprägt war. Denn trotz dieser Regelung konnte gewinnen, wer 2 Runden weniger zurückgelegt hatte als derjenige, der als Erster die zu fahrenden 10 Runden zurück gelegt hatte, wer also eine ca. 20 % geringere Durchschnittsgeschwindigkeit fuhr als der schnellste Fahrer; dieser langsamere Fahrer musste lediglich die geringste zeitliche Abweichung bei 2 gefahrenen Runden haben.
Nach dem Vortrag der Beklagten wurde anlässlich der streitgegenständlichen Gleichmäßigkeitsprüfung bei der schnellsten Runde eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 158 km/h erreicht. Sieger konnte also auch werden, wer 20 % langsamer, also durchschnittlich “nur’ ca. 126 km/h fuhr – wobei noch nicht einmal berücksichtigt ist, dass bei dieser rechnerischen Betrachtung ausschließlich auf die überhaupt am schnellsten gefahrene Runde abgestellt und nicht berücksichtigt wurde, dass auch durchschnittliche Rundengeschwin...