“ … Der Klägerin steht der Beklagten gegenüber dem Grunde nach ein Anspruch auf die begehrte Versicherungsleistung wegen eines Einbruchsdiebstahls zu. …
Entgegen der Auffassung des LG kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte gem. § 6 Abs. 3 VVG i.V.m. § 13 Abs. 1b, Abs. 2 AERB leistungsfrei ist, weil die Klägerin ihre Obliegenheit der unverzüglichen Vorlage einer Stehlgutliste bei der Polizei nicht erfüllt hat.
Gem. § 13 Abs. 1b AERB hat der Versicherungsnehmer bei Eintritt eines Versicherungsfalles der Polizeibehörde unverzüglich ein Verzeichnis der abhanden gekommenen Sachen einzureichen. “Unverzüglich’ beschreibt nicht einen fest umrissenen Zeitraum, sondern bedeutet nach der Legaldefinition des § 121 Abs. 1 BGB “ohne schuldhaftes Zögern’. Auch im Versicherungsrecht hat dieser Begriff keinen anderen Inhalt. Unverzüglich verlangt keine sofortige, sondern eine unter den gegebenen Umständen und bei Berücksichtigung der Interessen der Gegenseite alsbald mögliche und zumutbare Erklärung. Abzustellen ist auf die konkreten Verhältnisse des Einzelfalles (Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 121 Rn 4). Angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falles kann auch der Zeitraum von insgesamt 33 Tagen zwischen dem Einbruch und dem Vorlegen der Schadensliste noch als unverzüglich angesehen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auf Seiten der Klägerin die Aufstellung der Schadensliste angesichts der Vielzahl der von ihr geführten Artikel mit erheblichen Schwierigkeiten und hohem zeitlichen Aufwand verbunden war, der üblicherweise bei der Anfertigung einer Schadensliste nicht anfällt. Es ist weiterhin zu bedenken, dass die Klägerin nach ihrem nicht substantiiert bestrittenen Vortrag bereits im Rahmen der Aufnahme des Einbruchs dem ermittelnden Polizeibeamten die Art und in grobem Maße den Umfang der gestohlenen Gegenstände mitgeteilt hatte. Hinzu kommt, dass es sich ausweislich der Stehlgutliste um Allerweltsartikel gehandelt hat, hinsichtlich deren nicht erwartet werden konnte, dass die Kenntnis der Marken und Anzahl der gestohlenen Waren im Detail deren Auffinden und die Zuordnung zu dem Einbruch bei der Klägerin erleichtert hätte. Es ist auch nicht ersichtlich, dass dies zu besonderen Fahndungsmaßnahmen Anlass geben konnte, wie dies z.B. bei einem wertvollen und individuellen Schmuckstück der Fall sein könnte. Auch die Interessen der Beklagten werden im vorliegenden Fall durch den Zeitablauf bis zur Vorlage der Stehlgutliste nicht beeinträchtigt. Zwar mag die Obliegenheit zur unverzüglichen Vorlage der Stehlgutliste auch die Vertragsgefahr reduzieren sollen, d.h. verhindern, dass der Versicherungsnehmer mit Fortschreiten der Zeit den Schaden künstlich aufbauscht. Dieses Interesse des Versicherers rechtfertigt es jedoch nicht, dem Versicherungsnehmer die angemessene und erforderliche Zeit für die Vorlage der Stehlgutliste zu verkürzen. Diesem Interesse des Versicherers wird in erster Linie dadurch Rechnung getragen, dass der Versicherungsnehmer die Höhe seines Schadens in vollem Umfang nachweisen muss.
Aber auch, wenn die Anzeige nicht mehr unverzüglich i.S.d. § 13 Abs. 1b AERB erfolgt sein sollte, würde dies nicht zu einer Leistungsfreiheit der Beklagten führen. Nach § 6 Abs. 3 S. 1 VVG tritt die Leistungsfreiheit dann nicht ein, wenn die Verletzung der Obliegenheit nicht auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruht. Grob fahrlässig handelt derjenige, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in hohem Maße missachtet und der nicht beachtet, was unter den gegebenen Umständen jedem einleuchten muss. Angesichts der Umstände des vorliegenden Falles kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin, welche den Zeitrahmen einer unverzüglichen Vorlage der Stehlgutliste allenfalls um einige wenige Tage überschritten hat, grob fahrlässig gehandelt hätte. Insoweit ist nach dem Beweisergebnis des ersten Rechtszugs eine hinreichend klare, nachdrückliche und merklich auch im Hinblick auf den möglichen Anspruchsverlust unmissverständliche Belehrung der Klägerin nicht belegt. … “