Die Beteiligten streiten darum, ob der Kl. berechtigt ist, mit seinem in der Tschechischen Republik ausgestellten Führerschein in Deutschland Kfz der Klassen A, B und C zu führen.
Dem Kl. wurde in Deutschland im Jahr 2000 eine Fahrerlaubnis der Klasse B und im Jahr 2001 eine Fahrerlaubnis der Klasse A erteilt. Am 1.6.2006 erwarb er in der Tschechischen Republik eine Fahrerlaubnis der Klasse C. Der tschechische Führerschein, in dem ein Wohnsitz des Kl. in Deutschland eingetragen ist, weist neben dieser Fahrerlaubnis auch Fahrerlaubnisse für die Klassen A und B aus. Im Jahr 2007 wurde dem Bekl. mitgeteilt, der Kl. sei sowohl im Besitz eines deutschen als auch eines tschechischen Führerscheins. Er wies den Kl. mit Schreiben v. 18.11.2009 darauf hin, dass ihn sein tschechischer Führerschein nicht berechtige, in Deutschland fahrerlaubnispflichtige Fahrzeuge zu führen und forderte ihn auf, diesen Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen. Komme er dieser Aufforderung nicht nach, werde die Verpflichtung mit einem förmlichen Bescheid und unter Androhung eines Zwangsgeldes durchgesetzt.
Die daraufhin erhobene Klage, die auf die Feststellung gerichtet war, dass der Kl. berechtigt sei, von seiner 2006 in Tschechien erworbenen Fahrerlaubnis der Klassen A, B und C in Deutschland Gebrauch zu machen, hatte vor dem VG [Bayer. VG Augsburg – 19.3.2010 – VG Au 7 K 09.1916] Erfolg; es hat festgestellt, dass der Kl. berechtigt sei, von den in seinem tschechischen Führerschein eingetragenen Fahrerlaubnisklassen A, B und C auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen. Zwar ergebe sich aus dem tschechischen Führerschein, dass der Kl. zum Ausstellungszeitpunkt seinen ordentlichen Wohnsitz nicht in der Tschechischen Republik gehabt habe. Allein das führe aber nach Art. 8 Abs. 4 S. 1 der Richtlinie 91/439/EWG noch nicht zur Ungültigkeit dieser Fahrerlaubnis; erforderlich sei zusätzlich, dass gegen den Betr. eine der in Art. 8 Abs. 2 dieser Richtlinie genannten Maßnahmen – also eine Einschränkung, eine Aussetzung, ein Entzug oder eine Aufhebung der Fahrerlaubnis – zur Anwendung gekommen sei. Das sei beim Kl. nicht der Fall.
Dieses Urt. hat der Bayerische VGH [BayVGH v. 28.10.2011 – VGH 11 BV 10.987] auf die Berufung des Bekl. mit Urt. v. 28.10. 2011 geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung heißt es: § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FeV, wonach eine EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nicht im Inland gilt, wenn deren Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz zum Erteilungszeitpunkt ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellermitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen im Inland hatte, führe zur Unwirksamkeit der tschechischen Fahrerlaubnis des Kl. Das gelte nicht nur für die Fahrerlaubnis der Klasse C, sondern ebenso für die in diesem Führerschein zusätzlich ausgewiesenen Fahrerlaubnisse der Klassen A und B. Hinsichtlich dieser Fahrzeugklassen habe der Kl. eine tschechische EU-Fahrerlaubnis im Wege des Umtauschs erworben; es handele sich nicht nur um die Dokumentation der früher erworbenen deutschen Fahrerlaubnis. Ein aus dem Führerschein selbst ersichtlicher Verstoß gegen das Erfordernis eines ordentlichen Wohnsitzes im Ausstellermitgliedstaat habe auch bei einem Umtausch die Inlandsungültigkeit der Fahrerlaubnis zur Folge. § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FeV unterscheide nicht danach, ob die betreffende EU- oder EWR-Fahrerlaubnis durch erstmalige Erteilung, Neuerteilung nach vorherigem Entzug oder Umtausch erworben worden sei. Dort sei nur von "Inhaberschaft" die Rede; Inhaber sei aber auch derjenige, der diese Fahrerlaubnis im Wege des Umtausches erhalten habe.
Zur Begründung seiner Revision macht der Kl. geltend: Es sei paradox, wenn er ohne jeden Anlass seine in Deutschland erteilte Fahrerlaubnis der Klassen A und B eingebüßt haben solle, nur weil er einen tschechischen Führerschein für die Klasse C erhalten habe, der mit dem Makel eines dort eingetragenen deutschen Wohnsitzes behaftet sei. Ein deutscher Wohnsitz sei in seinen am 1.6.2006 ausgestellten Führerschein nur deshalb eingetragen worden, weil das unionsrechtliche Wohnsitzerfordernis im tschechischen Recht erst zum 1. 7.2006 umgesetzt worden sei.
Der Bekl. tritt der Revision entgegen.
Der Vertreter des Bundesinteresses beim BVerwG trägt vor: Durch den Umtausch habe die Tschechische Republik dem Kl. eine neue tschechische Fahrerlaubnis erteilt. Gleichwohl bestehe materiell-rechtlich die früher erteilte deutsche Fahrerlaubnis fort; diese Berechtigung sei durch die Ausstellung des tschechischen Führerscheins nicht verloren gegangen. Andernfalls würde ein tschechischer Hoheitsakt einen deutschen Hoheitsakt mit Wirkung für das deutsche Hoheitsgebiet beseitigen. Wegen der Eintragung eines deutschen Wohnsitzes in den tschechischen Führerschein sei der Kl. nach § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FeV nicht berechtigt, mit der in Tschechien erteilten Fahrerlaubnis Kfz der Klassen A, B und C in Deutschland zu führen.