“ … B. Die zulässige Berufung des Bekl. ist begründet.
Dem Kl. steht schon dem Grunde nach weder ein Schadensersatz- noch ein Schmerzensgeldanspruch zu, weil er nicht beweisen konnte, dass die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 PflVG a.F. vorliegen.
I. Festzustellen ist zunächst, dass § 12 Abs. 1 PflVG in der vorherigen Fassung anzuwenden ist, weil sich das Unfallereignis bereits am 24.1.2007 und daher noch vor Gültigkeit der aktuellen Fassung des § 12 Abs. 1 PflVG ab 18.12.2007 ereignet hat.
II. Gem. § 12 Abs. 1 Nr. 1 PflVG a.F. hat derjenige, der durch den Gebrauch eines Kfz einen Personenschaden erleidet, dann einen Entschädigungsanspruch gegen den Bekl., wenn das den Unfall verursachende Fahrzeug nicht ermittelt werden kann.
Dass der Unfall durch ein unbekannt gebliebenes Fahrzeug verursacht wurde, hat der Geschädigte dabei nach Maßgabe von § 286 ZPO zu beweisen.
Beweiserleichterungen kommen ihm nicht zugute, auch wenn er sich angesichts des unbekannt gebliebenen anderen Fahrzeugführers in besonderer Beweisnot befindet (Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung, 3. Aufl. 2009, § 12 PflVG Rn 40, Bruck/Möller/Johannsen, VVG, 8. Aufl., 1993, Anm. B 106).
Grund hierfür ist, dass solche Erleichterungen Missbrauchsmöglichkeiten eröffnen würden, die den beklagten Entschädigungsfonds in seinem Bestand gefährden könnten (Deiters, VersR 1986, 213).
Daher reicht nach ganz allgemeiner Auffassung allein die eigene Unfalldarstellung des Geschädigten für eine Inanspruchnahme des Bekl. nicht aus (Feyock, a.a.O., § 12 PflVG, Rn 43, vgl. auch Sieg, VersR 1970, 681, 685 f.).
Vielmehr bedarf es darüber hinausgehender objektiver Anhaltspunkte, die auf die Beteiligung eines fremden Fahrzeugs schließen lassen, es sei denn die Darstellung des Geschädigten ist derart zwingend, dass das Gericht zu der Überzeugung kommt, dass es gar nicht anders gewesen sein kann (Sieg, a.a.O., 686).
An irgendwelchen objektiven Spuren, die auf die Beteiligung eines unbekannt gebliebenen Fahrzeugs hinweisen, fehlt es hier.
Keiner der vernommenen Unfallzeugen hat den schleudernden Pkw wahrgenommen. Lackspuren des angeblichen Fremdfahrzeugs sind mangels Fahrzeugberührung nicht vorhanden. Schleuderspuren außerhalb der Fahrbahn fanden sich nicht. Fahrspuren, die auf ein Schleudern des überholenden Pkw hätten schließen lassen, konnten trotz schneebedeckter Fahrbahn nicht festgestellt werden, nachdem bis zum Eintreffen der Polizei bereits zahlreiche andere Kfz die Unfallstelle passiert und mögliche Spuren vernichtet hatten. Mit welcher Geschwindigkeit der Kl. vor dem Schleudervorgang gefahren ist, konnte nicht festgestellt werden, nachdem der Fahrtenschreiber seines Lkw nicht aufgefunden wurde.
Auf die Beteiligung eines nicht ermittelten Fahrzeugs weist allein die Aussage des Kl. an der Unfallstelle unmittelbar bei Eintreffen der Polizei hin, als er, erheblich verletzt in seinem Sattelzug eingeklemmt, angab, er sei ins Schleudern geraten, nachdem er wegen eines ihn überholenden und ins Schleudern geratenen Pkw nach links ausgewichen sei.
Dies für sich genommen reicht nicht einmal aus, eine Parteivernehmung nach § 448 ZPO anzuordnen, da auch eine solche Anordnung bereits einen gewissen Anfangsbeweis voraussetzt (Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 448 Rn 2; Sieg, VersR 1970, 681, 684), an dem es hier jedoch gerade fehlt.
Der Senat geht zwar davon aus, dass der Kl. seine Angaben nicht im Hinblick auf einen möglichen Ersatzanspruch gegen den Bekl. gemacht hat, allerdings ist auch eine andere Motivation des Kl. und insb. ein anderer Unfallhergang ohne weiteres denkbar.
Nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Kl. die Beteiligung eines anderen Fahrzeugs vorgeschoben hat, um seinen Beitrag an dem Unfallgeschehen – auch im Hinblick auf die Beschädigung des von ihm geführten, aber wohl nicht in seinem Eigentum stehenden Lkw – zu relativieren.
Ohne weiteres möglich ist auch ein anderer Unfallhergang.
Der Kl. kam nach eigenen Angaben an diesem Tag aus Venedig, war also bereits lange und zumindest zuletzt bei Dunkelheit und widrigen Straßenverhältnissen infolge Schneefalls unterwegs. Eigenen Angaben zufolge stand er kurz vor einer Pause, weil seine zulässige Lenkzeit zu Ende war. Denkbar ist daher durchaus, dass er infolge eines Fahrfehlers, sei es einer unbedachten Lenkbewegung oder einer angesichts der Straßenverhältnisse unangepassten Geschwindigkeit, den Unfall selbst verursacht und verschuldet hat.
An dieser Beurteilung ändert auch das vom Bekl. vorgerichtlich eingeholte Gutachten zur Unfallrekonstruktion nichts. Dort wird nur festgestellt, dass die Unfallbeteiligung eines unerkannt gebliebenen schleudernden Fahrzeugs grds. möglich gewesen wäre, ohne dass dieses zwingend die Fahrbahn verlassen haben oder es zu einer Berührung der schleudernden Fahrzeuge gekommen sein müsste. Feststellungen zum tatsächlichen Unfallablauf werden nicht getroffen.
Keinesfalls kann nach alledem festgestellt werden, dass ein anderer als der vom Kl. geschilderte Unfallhergang schlechthin ausgeschlossen ist.
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