"… Der Kl. steht der geltend gemachte Anspruch auf die Kaskoversicherungsleistung bereits auf der Basis ihres eigenen Vortrages nicht zu. Denn danach ist ein versichertes Ereignis nicht eingetreten."
Gemäß A.2.2 – dort Ziffer 2. – der in den Versicherungsvertrag einbezogenen Versicherungsbedingungen (AKB Juli 2014) war das Fahrzeug Typ Mercedes CLS 63 AMG versichert gegen eine Entwendung durch Raub und Diebstahl. Daneben bestand Versicherungsschutz auch gegen eine Entwendung durch Unterschlagung, dies jedoch nur in den Fällen, in denen dem Täter das Fahrzeug weder zum Gebrauch in seinem eigenen Interesse noch zur Veräußerung noch unter Eigentumsvorbehalt überlassen worden war. Ein Versicherungsschutz gegen eine Entwendung durch Betrug bestand nicht.
Ob vorliegend ein Versicherungsfall eingetreten ist, hängt damit entscheidend davon ab, ob das von der Kl. geschilderte Geschehen einem Diebstahl oder einer Unterschlagung – soweit versichert – zugeordnet werden kann. Was unter den Begriffen Diebstahl und Unterschlagung in A.2.2 AKB 2014 zu verstehen ist, ist dabei durch Auslegung zu ermitteln, wobei Versicherungsbedingungen nach st. Rspr. so auszulegen sind, wie ein durchschnittlicher VN, der nicht über versicherungsrechtliches Spezialwissen verfügt, sie bei verständiger Würdigung unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss (…). Enthalten AVB einen Ausdruck, den die Rechtssprache mit einem fest umrissenen Begriff verwendet, so ist im Zweifel anzunehmen, dass auch die Versicherungsbedingungen darunter nichts anderes verstehen (vgl. BGH VersR 2011, 918, Rn 34 u.a. zur “Unterschlagung' in der Transportversicherung). Der Diebstahl setzt gem. § 242 StGB die Wegnahme einer Sache voraus. Darunter versteht die Rechtssprache – nicht anders als die Alltagssprache – den Bruch fremden und die Begründung neuen, eigenen Gewahrsams, wobei bereits der Bruch von Mitgewahrsam genügen kann. Dabei setzt ein Gewahrsamsbruch stets voraus, dass die tatsächliche Sachherrschaft gegen oder ohne den Willen ihres Inhabers aufgehoben oder beeinträchtigt wird, weshalb ein Einverständnis mit dem von dem Täter erstrebten oder erlangten Gewahrsam einen Gewahrsamsbruch und damit einen Diebstahl ausschließt. Dies gilt auch, wenn das Einverständnis durch gezielte Täuschung des Gewahrsamsinhabers erlangt worden ist (vgl. BGH VersR 1975, 225; OLG Saarbrücken zfs 2010, 154–156, VersR 2007, 830–831). Ein verständiger VN wird dies auch ohne weiteres als Inhalt seines Versicherungsvertrages anerkennen; ihm soll Schutz geboten werden vor einem von ihm nicht voll beherrschbaren Risiko, während freiwillig eingegangene Risiken von ihm selbst und nicht von der Versichertengemeinschaft getragen werden sollen.
Das durch Täuschung erlangte Einverständnis muss sich jedoch auf die erstrebte Gewahrsamsänderung in vollem Umfang erstrecken. Willigt der Geschädigte nur in eine Lockerung seines Gewahrsams ein und muss der Täter daher noch durch eine weitere, eigenmächtige Handlung den vorbehaltenen “Gewahrsamsrest' brechen, so liegt hierin eine Wegnahme der Sache (sog. Trickdiebstahl). Die vorausgegangene Vermögensgefährdung durch Ermöglichung des Diebeszugriffs ist nicht schon als Schaden im Sinne des Betrugstatbestandes anzusehen (…). Deshalb kommt es nach der Rspr. des BGH in Strafsachen in Fällen, in denen sich der Gewahrsamsübergang in einem mehraktigen Geschehen vollzieht, für die Abgrenzung entscheidend auf die Willensrichtung des Getäuschten in dem Zeitpunkt an, in dem er die tatsächliche Herrschaft über die Sache vollständig verliert (BGH NStZ 2016, 727).
Auf der Basis ihres eigenen Vortrags hat die Kl. den versicherten Pkw nicht durch einen versicherten Trickdiebstahl verloren, sondern durch einen Besitzbetrug und eine anschließende Unterschlagung. Denn der Täter hatte durch eine Täuschung über seine Identität den Abschluss eines Mietvertrages über das versicherte Fahrzeug erlangt, auf dessen Basis die Kl. dem Täter gem. § 535 Abs. 1 S. 1 BGB den Gewahrsam an dem Fahrzeug für die Dauer der Mietzeit zum eigenen Gebrauch zu gewähren hatte und auch gewährt hat. Gewahrsam ist die tatsächliche, in der unmittelbaren Verwirklichung nicht behinderte Herrschaft über eine Sache (…), seine Reichweite bestimmt sich nach den Anschauungen des täglichen Lebens für den betreffenden Lebenskreis (…). Gehört nach diesen Anschauungen eine in angemessenen Grenzen bleibende Lockerung oder vorübergehende Aufhebung der Sachherrschaft zum Üblichen, so hört der Gewahrsam während dieser Zeit nicht auf. Maßgeblich ist allein eine fortbestehende Einwirkungsmöglichkeit des Berechtigten.
Durch die Übertragung des unmittelbaren Besitzes an dem Fahrzeug Mercedes CLS am 16.4.2015 auf den Täter hatte der Geschäftsführer der Kl. für die Dauer der vereinbarten Mietzeit seine jederzeitige Einwirkungsmöglichkeit auf das Fahrzeug aufgegeben und nicht nur in eine Lockerung seines Gewahrsams eingewilligt. Denn gem. § 535 Abs. 1 S. 1 BGB stellt es eine Hauptpflicht des Vermiete...