Nicht neu und ohne Weiteres einleuchtend sind Einschränkungen in Zusammenhang mit einem fehlenden oder geminderten Integritätsinteresse des fiktiv Abrechnenden. Das hat insbesondere bei der Abgrenzung zum wirtschaftlichen Totalschaden Bedeutung. Bekanntlich gewährt der BGH einen Integritätszuschlag bis zu 130 % des Wiederbeschaffungswerts, wenn der Geschädigte sein Fahrzeug vollständig und fachgerecht reparieren lässt und dieses mindestens sechs Monate weiternutzt. Reparaturaufwand, der zwar nicht den Wiederbeschaffungswert, jedoch den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigt, kann bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes nur ersetzt werden, wenn das Fahrzeug fahrbereit und mindestens sechs Monate weitergenutzt wird. Während die Reparaturkosten im letzteren Fall auch fiktiv abgerechnet werden können, soll Ersatz von Reparaturkosten bis zur sog. 130 %-Grenze nach neuerer Rechtsprechung des BGH auf die konkrete Schadensabrechnung beschränkt sein.
Demgegenüber hatte der Senat noch 2005 die fiktive Schadensabrechnung bis zur 130 %-Grenze erlaubt für den Fall, dass der Geschädigte sein Fahrzeug selbst fachgerecht und vollständig repariert hatte und weiternutzte. In diesem Fall durfte er den auf Basis des Sachverständigengutachtens errechneten – und nicht nur den bei der Eigenreparatur tatsächlich angefallenen – Aufwand abrechnen. Interessanterweise sieht der BGH dies im Ergebnis auch heute nicht anders, bewertet diese Konstellation aber offenbar als konkrete Schadensabrechnung. Begründet wird dies mit der Überlegung, der Geschädigte stelle mit der Eigenreparatur wertmäßig das gleiche Ergebnis her wie bei der Reparatur in einer Fachwerkstatt.
Das ist nicht unproblematisch, denn das wertmäßig gleiche Ergebnis kann auch bei einer vollständigen und fachgerechten Billigreparatur durch eine günstigere Werkstatt oder selbst vom fachkundigen Reparateur in Nachbarschaftshilfe erreicht werden. Für den Fall, dass der Geschädigte jedoch eine fachgerechte und vollständige Reparatur durch eine günstigere Werkstatt durchführen lässt, hat der BGH die Abrechnung auf Basis des Sachverständigengutachtens – zu Recht – als fiktive Abrechnung gewertet. Warum dies nicht auch bei der Abrechnung auf Gutachtenbasis bei der Eigenreparatur gelten soll, erschließt sich nicht. Es wäre demgegenüber konsequent, bei Ausschluss der fiktiven Abrechnung von dem gesteigerten Integritätszuschlag auch bei der Eigenreparatur nur noch eine Abrechnung nach tatsächlichem Aufwand zuzulassen.