Eine ganz wesentliche Neuorientierung hat der BGH in der sog. VW-Entscheidung eingeleitet und seitdem, wie Ihnen allen bekannt ist, bis in jüngste Zeit weiterentwickelt. Danach darf der Geschädigte bei der fiktiven Abrechnung zwar grds. die bei einer markengebundenen Fachwerkstatt voraussichtlich entstehenden Reparaturkosten abrechnen. Auf Nachweis des Schädigers, der auch noch im laufenden Prozess erfolgen kann, ist er jedoch nach § 254 Abs. 2 BGB verpflichtet, eine vom Schädiger nachgewiesene günstigere, technisch gleichwertige und für ihn mühelos zugängliche Reparaturmöglichkeit seiner Schadensabrechnung zugrunde zu legen. Nur wenn ihm eine Reparatur außerhalb einer markengebundenen Fachwerkstatt ausnahmsweise unzumutbar ist – entsprechende Umstände hat der Geschädigte vorzutragen, der Schädiger zu widerlegen – bleibt Abrechnungsgrundlage die Markenwerkstatt.
Das stellt einen Paradigmenwechsel dar. War der BGH zuvor um einen weitergehenden Gleichlauf von konkreter und fiktiver Abrechnung bemüht, verpflichtet er nunmehr den Geschädigten, sich zur Abrechnung der Reparatur – nicht, was nicht selten vermengt wird, zu deren Durchführung – auf eine freie Fachwerkstatt verweisen zu lassen. Das führt zu einem nicht unerheblichen Auseinanderdriften von konkreter und fiktiver Abrechnung, was sich in der Praxis etwa in den Prüfberichten der Versicherer und den dort enthaltenen Kostenvergleichen von fiktiver und konkreter Abrechnung anschaulich vergleichen lässt, ist aber entgegen mancher Stimmen durchaus fair. Denn der Geschädigte ist ja nicht verpflichtet, sein Fahrzeug in einer freien Fachwerkstatt reparieren zu lassen. Ihm bleibt die Möglichkeit, die Reparatur von einer Markenwerkstatt durchführen zu lassen und die dabei entstandenen Kosten konkret abzurechnen. Und weil er nach der Rechtsprechung des BGH auch noch nachträglich die Abrechnungsform wechseln darf, kann er – innerhalb der Verjährungsfrist – die konkrete Schadensabrechnung nachschieben, selbst wenn er zuvor fiktiv abgerechnet hatte. Weil es sich folglich hier nur um eine rechnerische Größe handelt, lässt sich eine strenge Orientierung an dem günstigsten Anbieter rechtfertigen, solange er nur technisch gleichwertig repariert und für den Geschädigten mühelos erreichbar ist. Versuche in der Instanzgerichtsbarkeit, dem Geschädigten insoweit die Auswahl unter mehreren Alternativwerkstätten freizustellen oder ihm eine Verweisung bei Zugrundelegung von Mittelwerten ortsüblicher Stundenverrechnungssätze im Gutachten zu ersparen, sind deshalb kaum überzeugend. Es gibt aber auch Grenzen. So hat der BGH zu Recht einem Reparaturmodell eine Absage erteilt, das einen kostenlosen Hol- und Bringservice vor Ort vorsah und das Fahrzeug von dort zu einer entfernten Reparaturwerkstatt verbrachte. Dass dies für den Geschädigten nicht mehr mühelos zugänglich ist, zeigt sich spätestens, wenn der Geschädigte Gewährleistungsansprüche aus einer mangelhaften Reparatur geltend machen will und der zuvor kostenlose Fahrdienst nicht mehr garantiert ist. Dass auch Betriebe als Verweisungswerkstätten in Betracht kommen, die in (enger) Geschäftsverbindung mit einem Versicherungsunternehmen stehen, dürfte zumindest grenzwertig sein. Die Praxis zeigt nämlich, dass die Prüfberichte nicht selten solche Werkstattpreise zugrunde legen, die der vertraglichen Sondervereinbarung mit dem Versicherer, nicht aber den Straßenpreisen für jedermann entsprechen. Dies nachträglich durch Sachverständigengutachten richtig zu stellen, ist zwar möglich, für den Geschädigten und auch die Gerichte jedoch mühsam.
Die Verweisungsrechtsprechung ist aber nicht auf den Verweis auf eine günstigere Fachwerkstatt beschränkt, auch günstigere Reparaturmethoden wie z.B. "Smart-Repair" gehören dazu. Auch sonst hat sie Auswirkungen, die sich erst auf den zweiten Blick erschließen, etwa bei der Abgrenzung von Reparatur- und wirtschaftlichem Totalschaden. So ist denkbar, dass der Geschädigte bei der Frage, welche Wiederherstellungsaufwendungen zugrunde zu legen sind, die Möglichkeit einer Selbstverweisung wählen kann. Liegt etwa die Kalkulation seines Sachverständigen unter Heranziehung von Markenwerkstattpreisen – Gleiches gilt für den Einsatz von Neuteilen – über dem Wiederbeschaffungswert, bei Zugrundelegung der Stundenverrechnungssätze einer freien Werkstatt und/oder von Gebrauchtteilen darunter, eröffnet sich für den Geschädigten, der sein Fahrzeug behalten will, die Möglichkeit statt einer Totalschadensabrechnung den Ausgleich des Reparaturaufwands ersetzt zu verlangen. Das kann sich durchaus lohnen, weil er damit den Restwertabzug bei der Totalschadensabrechnung vermeidet.
In diesem Zusammenhang sei noch kurz auf die Höhe des Gegenstandswertes bei nachträglicher Verweisung eingegangen. Nach gefestigter Rechtsprechung ist dem Anspruch des Geschädigten auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten im Verhältnis zum Schädiger grds. der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der ...