"… [6] 1. Im Ausgangspunkt zutreffend geht das BG allerdings davon aus, dass die vom Senat zum "Schockschaden" entwickelten Grundsätze auch in dem Fall anwendbar sind, in dem das schadensbegründende Ereignis kein Unfallgeschehen im eigentlichen Sinne, sondern eine fehlerhafte ärztliche Behandlung ist."
[7] a) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung können psychische Störungen von Krankheitswert eine Gesundheitsverletzung i.S.d. § 823 I BGB darstellen (vgl. Senat NJW 2015, 1451 Rn 6; BGHZ 201, 263 = NJW 2014, 2190 Rn 8; BGHZ 172, 263 = NJW 2007, 2764 Rn 12; NJW 2001, 1431 [1432]; BGHZ 132, 341 [344] = NJW 1996, 2425; NJW 1989, 2317; NJW 1986, 777 [778]). Die Schadensersatzpflicht für psychische Auswirkungen einer Verletzungshandlung setzt nicht voraus, dass diese Auswirkungen eine organische Ursache haben; es genügt vielmehr grds. die hinreichende Gewissheit, dass die psychisch bedingte Gesundheitsbeschädigung ohne die Verletzungshandlung nicht aufgetreten wäre (Senat NJW 2015, 1451; BGHZ 132, 341 [343 f.] = NJW 1996, 2425; NJW 1991, 2347 [2348]; NJW 1991, 747 [748]; NJW 1989, 2317, jew. m.w.N.). Im Bereich der sog. Schockschäden erfahren diese Grundsätze allerdings eine gewisse Einschränkung. Danach begründen seelische Erschütterungen wie Trauer oder seelischer Schmerz, denen Betr. beim Tod oder einer schweren Verletzung eines Angehörigen erfahrungsgemäß ausgesetzt sind, auch dann nicht ohne Weiteres eine Gesundheitsverletzung i.S.d. § 823 I BGB, wenn sie von Störungen der physiologischen Abläufe begleitet werden und für die körperliche Befindlichkeit medizinisch relevant sind. Denn die Anerkennung solcher Beeinträchtigungen als Gesundheitsverletzung i.S.d. § 823 I BGB widerspräche der Absicht des Gesetzgebers, die Deliktshaftung gerade in § 823 I BGB sowohl nach den Schutzgütern als auch nach den durch sie gesetzten Verhaltenspflichten auf klar umrissene Tatbestände zu beschränken und Beeinträchtigungen, die allein auf die Verletzung eines Rechtsgutes bei einem Dritten zurückzuführen sind, mit Ausnahme der §§ 844, 845 BGB ersatzlos zu lassen. Psychische Beeinträchtigungen können in diesen Fällen deshalb nur dann als Gesundheitsverletzung i.S.d. § 823 I BGB angesehen werden, wenn sie pathologisch fassbar sind und über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinausgehen, denen Betr. beim Tod oder einer schweren Verletzung eines nahen Angehörigen i.d.R. ausgesetzt sind (vgl. nur Senat NJW 2015, 2246 Rn 9; NJW 2015, 1451 Rn 7; ferner Senat BGHZ 218, 220 = NJW 2018, 3250 Rn 10).
[8] b) Zu Recht hat das BG diese Grundsätze im Ausgangspunkt im hier vorliegenden Fall angewendet, in dem das haftungsbegründende Ereignis kein Unfallereignis im eigentlichen Sinne, sondern eine fehlerhafte ärztliche Behandlung ist (vgl. etwa OLG Koblenz GesR 2017, 724 = BeckRS 2017, 127336; OLG Naumburg VersR 2014, 591 [592 f.] = BeckRS 2013, 22072; NJW-RR 2009, 1402 [1403 f.]; OLG Köln VersR 2011, 674 = BeckRS 2010, 29879; OLG Frankfurt a.M. FamRZ 1999, 1064; Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl., Rn A 94; ders. in Spickhoff, Medizinrecht, 3. Aufl., §§ 823 ff. BGB Rn 364). Es ist kein Grund erkennbar, denjenigen, der eine (psychische) Gesundheitsverletzung im dargestellten Sinne infolge einer behandlungsfehlerbedingten Schädigung eines Angehörigen erleidet, anders zu behandeln als denjenigen, den die (psychische) Gesundheitsverletzung infolge einer auf einem Unfallereignis beruhenden Schädigung des Angehörigen trifft.
[9] 2. Weiter scheidet ein Schadensersatzspruch auf der Grundlage des – auch im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden – Vortrages der Kl. nicht deshalb aus, weil ihre psychischen Beeinträchtigungen nicht das von der Rechtsprechung geforderte außergewöhnliche Ausmaß erreicht hätten. Die Würdigung des BG, die von der Kl. behaupteten pathologisch fassbaren Beschwerden, ein mittelschweres depressives Syndrom und behandlungsbedürftige Angstzustände, gingen hinsichtlich Intensität und Dauer über das hinaus, was ein Angehöriger in vergleichbarer Lage erleide, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
[10] 3. Rechtsfehlerhaft ist allerdings die Annahme des BG, ein Anspruch der Kl. gegen die Bekl. sei deshalb zu verneinen, weil die Erkrankung der Kl. – auch bei unterstellter Kausalität der behandlungsfehlerbedingten Verschlechterung des Gesundheitszustands des Patienten für die von der Kl. behauptete (psychische) Gesundheitsverletzung – nicht vom Schutzzweck der verletzten Normen umfasst werde und sich in der Erkrankung der Kl. deshalb lediglich das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht habe.
[11] a) Freilich bedarf der Zurechnungszusammenhang gerade in Fällen psychischer Gesundheitsbeeinträchtigungen einer gesonderten Prüfung (vgl. Senat BGHZ 218, 220 = NJW 2018, 3250 Rn 13; BGHZ 201, 263 = NJW 2014, 2190 Rn 9; BGHZ 172, 263 = NJW 2007, 2764 Rn 13 ff.; Stöhr NZV 2009, 161 [163]). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Schadensersatzpflicht durch den Schutzzweck der verletzten Norm begrenzt wird. Eine Schadensersatzpflicht besteh...