"… Der Kl. hat Anspruch auf die Versicherungsleistung aus der Reiserücktrittskostenversicherung i.H.v. 2.550 EUR gegen die Bekl. gem. § 1 S. 1 Var. 2, § 43 ff., §§ 74 ff. VVG."
Dem Kl. stehen als versicherte Person die Rechte aus dem Versicherungsvertrag zu (§ 44 Abs. 1 S. 1 VVG). Gem. Ziff. 1.2 der AVB tritt die Bekl. für Stornierungskosten infolge einer Erkrankung der versicherten Person ein. Der Kl. ist als versicherte Person akut erkrankt und konnte deshalb die Reise nicht antreten. Hierfür hatte der Kl. 2.550 EUR Stornokosten zu zahlen, was er mittels der Kartenzahlung auch tat. (…)
Die Bekl. kann sich ferner nicht auf eine Leistungskürzung berufen, weil der Kl. ein Doppelzimmer gebucht hat und noch eine weitere Mitreisende dieses Zimmer bestimmungsgemäß nutzen sollte. Insoweit ist schon nicht ersichtlich, dass nach dem zwischen dem Kl. und dieser Person bestehenden Innenverhältnis die Mitreisende überhaupt an den Kosten der Reise beteiligt werden sollte. Insoweit steht es dem Kl. im Rahmen seiner wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit zu, die Reisekosten allein zu übernehmen. Hinweise auf eine Kostentragungspflicht der Mitreisenden im Außenverhältnis ergeben sich weder aus dem vorgelegten Schriftverkehr noch aus der Abrechnung der Unterkunft. Vertragspartner ist danach allein der Kl. geworden, der auch die Stornokosten selbst bezahlt hat. Eine Beschränkung des Versicherungsschutzes auf anteilige Leistung nach Anzahl der Reiseteilnehmer ist den Versicherungsbedingungen ebenfalls nicht zu entnehmen. Hiernach ist allein maßgeblich, dass es sich bei der erkrankten und zurücktretenden Person um die versicherte Person handelt und die von der versicherten Person gebuchte Reise betroffen ist. Gegenüber Buchungsmodellen, bei denen der Buchende lediglich als verdeckter Stellvertreter für nicht versicherte Personen auftritt, kann sich der Versicherer ausreichend dadurch schützen, dass er sich Ansprüche des Versicherungsnehmers gegen Dritte abtreten lässt (vgl. auch § 86 VVG und Ziff. 7 AT-Reise 2008).
Dem Anspruch des Kl. steht auch nicht die verwendete Risikoausschlussklausel für Vorerkrankungen entgegen. Die verwendete Klausel ist nicht klar und verständlich und deshalb unwirksam (§ 307 Abs. 1 S. 1, S. 2 BGB; entgegen LG Hannover, Urt. v. 23.4.2018 – 2 O 188/17).
Eine Vorerkrankungsklausel genügt dem Transparenzgebot nicht, wenn sie nicht klar und verständlich ist. Das Transparenzgebot verlangt, dass die Ausschlussklausel dem Versicherten bereits im Zeitpunkt der Einbeziehung der Klausel vor Augen führt, in welchem Umfang er Versicherungsschutz erlangt. Beim Gruppenversicherungsvertrag kommt es dabei auch auf die Verständnismöglichkeiten durchschnittlicher Versicherter an. Dabei gebieten es Treu und Glauben, dass die Klausel die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen soweit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Wird der Versicherungsschutz durch eine AVB-Klausel eingeschränkt, so muss dem Versicherungsnehmer oder Versicherten deutlich vor Augen geführt werden, in welchem Umfang Versicherungsschutz trotz der Klausel noch besteht (vgl. BGH NJW-RR 2015, 801, 802 f. m.w.N.).
Diesen Anforderungen genügt die verwendete Klausel nicht. Diese schließt den Versicherungsschutz für der versicherten Person bekannte “medizinische Zustände' insgesamt aus.
Dabei ist schon nicht erkennbar, was einen “medizinischen Zustand' ausmacht. Im Gegensatz zu den im Deutschen geläufigen Bezeichnungen “Erkrankung' bzw. “Befund' liefert die Wendung “medizinischer Zustand' keinen Anhaltspunkt dazu, ob ein entsprechender Zustand pathologisch, behandlungsbedürftig oder risikobehaftet in Bezug auf den Eintritt des Versicherungsfalls ist. Ein durchschnittlicher Versicherter würde darunter allgemein die körperliche oder seelische Verfassung, sei sie gut oder schlecht, verstehen, aber nicht erkennen können, ob er Versicherungsschutz genießt, denn die körperliche Verfassung ist nicht statisch, sondern Veränderungen unterworfen. Eine sichere Beurteilung erfordert aber eine Anknüpfung an zeitlich feststehende Diagnosen oder Symptome oder bestimmte Krankheitsanlagen.
Auch der Rückgriff auf den weiteren Inhalt der Klausel (“insbesondere … ') verhilft der Klausel nicht zu hinreichender Klarheit. Die im Klauselkatalog weiter enthaltenen Umschreibungen verstärken die Unklarheit des Begriffs “medizinischer Zustand' noch, statt ihn zu verdeutlichen.
Bedenken bestehen dabei schon am Aufbau der Klausel insgesamt, denn dieser stellt den Versicherten vor die Frage, ob sie eine Auslegungshilfe in Form von Regelbeispielen darstellen soll, die ihn nicht davon enthebt sich zu fragen, was den Kern des “medizinischen Zustands' ausmacht, oder ob die aufgeführten Anknüpfungstatsachen als abgeschlossener Katalog gelten sollen.
Es tritt hinzu, dass ein Versicherter auch den Zwölfmonatszeitraum nach dem ersten Anstrich der Klausel nicht festlegen kann, denn es bleibt unklar, ob dieser an den Buchungszeitpunkt anknüpft oder an den Eintritt des Versi...