Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das LG einen Anspruch der Klägerin wegen wirksamer Anfechtung des Vertrages durch die Bekl. verneint …
1. Die Kl. hat zunächst mehrere der gestellten Gesundheitsfragen objektiv falsch beantwortet. Die Gesundheitsfrage unter Ziffer 7.1 des Antrages lautet:
"Sind Sie in den letzten fünf Jahren von Ärzten oder Behandlern beraten oder untersucht worden oder haben Sie während dieser Zeit stationäre oder ambulante Krankenhausrehabilitations-/Kuraufenthalte oder Operationen stattgefunden oder sind solche für die nächsten zwei Jahre ärztlich empfohlen oder beabsichtigt?"
Diese Frage beantwortete die Kl. mit Nein. Tatsächlich befand sie sich aber in den fünf Jahren vor Antragstellung am 15.5.2016 in ärztlicher Behandlung wegen eines chronischen Schmerzsyndroms (…), wegen einer Erkältung, einer Angina und einer Mandelentzündung (…), einer Sinusbronchitis (…), einer Augenbindehautentzündung (…), dazu wegen Magen-Darm-Problemen, unter anderem mehrfach wegen einer Gastritis, Oberbauchkoliken und Reizdarm (…). Wegen Schmerzen im Oberbauch erfolgte zudem die Einweisung über die Notaufnahme eines Krankenhauses (…), gefolgt von einem stationären Aufenthalt (…). Die Kl. wurde ferner wegen eines Schulter-Arm-Syndroms behandelt (…), erhielt mehrfach eine Schmerzmedikation mit Novaminsulfon (Wirkstoff Metamizol) und hatte nach eigenen Angaben aus dem Jahre 2016 seit sechs bis sieben Jahren Magenprobleme mit regelmäßiger Verschreibung von Protonenpumpenhemmern.
Hieraus ergibt sich zugleich die Falschbeantwortung der Gesundheitsfrage 7.8 c, wo es heißt:
"Bestehen oder bestanden in den letzten fünf Jahren Krankheiten oder Funktionsstörungen der Verdauungsorgane (z.B. Sodbrennen, Darmentzündung, Gastritis, …)",
die die Kl. auch mit Nein beantwortet hat sowie der Frage 7.10, wo es heißt:
"Haben oder hatten Sie in den letzten fünf Jahren Beschwerden mit Knochen und Gelenken sowie mit den dazugehörigen Muskeln, Bändern und Sehnen, weswegen Sie in Behandlung waren?",
die die Kl. ebenfalls mit Nein beantwortet hat.
2. Die Möglichkeit der Anfechtung ist dem VR nach § 22 VVG i.V.m. §§ 123 ff. BGB eröffnet, wenn der VN seine Offenbarungspflicht arglistig verletzt. Voraussetzung hierfür ist, dass der VN gefahrerhebliche Umstände kennt, sie dem VR wissentlich verschweigt und dabei billigend in Kauf nimmt, dass der VR sich eine unzutreffende Vorstellung über das Risiko bildet und dadurch in seiner Entscheidung über den Abschluss des Versicherungsvertrages beeinflusst werden kann (…).
Der künftige VN hat die in einem Versicherungsformular gestellten Gesundheitsfragen grundsätzlich erschöpfend zu beantworten (BGH, NJW-RR 2003, 1106). Er darf sich daher bei seiner Antwort weder auf Krankheiten oder Schäden von erheblichem Gesicht beschränken noch sonst eine wertende Auswahl treffen und vermeintlich weniger gewichtige Gesundheitsbeeinträchtigungen verschweigen. Es sind daher auch solche Beeinträchtigungen anzugeben, die noch keinen Krankheitswert haben, denn die Bewertung der Gesundheitsbeeinträchtigung ist Sache des VR. Diese weit gefasste Pflicht zur Offenbarung findet ihre Grenze nur bei Gesundheitsbeeinträchtigungen, die offenkundig belanglos sind oder alsbald vergehen. Ob eine bei Antragstellung anzuzeigende Gesundheitsstörung oder eine nicht anzeigepflichtige Befindlichkeitsstörung vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller Gesamtumstände zu beurteilen. Abzustellen ist auf das Gesamtbild, das die Erkrankungen über den Gesundheitszustand des VN vermittelten (Senat BeckRs 2020, 30176).
Nach diesen Grundsätzen hat die Kl. bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen die ihr obliegenden Offenbarungspflichten arglistig verletzt.
Es gibt zwar keinen allgemeinen Satz der Lebenserfahrung dahingehend, dass eine unrichtige Beantwortung von Fragen nach dem Gesundheitszustand von früheren Behandlungen immer oder nur in der Absicht gegeben wird, auf den Willen des VR Einfluss zu nehmen (BGH zfs 2011, 211). Umgekehrt gilt aber auch, dass es sich bei der Arglist und dem Arglistvorsatz um eine innere Tatsache handelt, so dass der Beweis nur durch Indizien geführt werden kann. Dabei ist auf die konkreten Umstände und insbesondere auf die Art, Schwere und Zweckrichtung der Falschangaben, den Umfang der verschwiegenen Tatsachen, die Dauer der Störungen, die Auswahl der genannten und nicht genannten Befunde sowie die zeitliche Nähe zur Antragstellung abzustellen (OLG Brandenburg BeckRS 2018, 34884 …). Das starke Verharmlosen gewisser Umstände indiziert die Arglist hierbei ebenso, wie das Verschweigen entweder schwerer oder chronischer Erkrankungen (…). Steht fest, dass Angaben beim Vertragsschluss objektiv falsch gewesen sind, trifft den VN zudem eine sekundäre Darlegungslast, in deren Rahmen er substantiiert und nachvollziehbar vortragen muss, wie und weshalb es dazu gekommen ist.
Letzteres ist der Kl. nicht gelungen. Vielmehr spricht die starke Verharmlosung ihrer über Jahre währenden chronischen Schmerzen und Erkrankungen für d...