Zu Recht und mit weitgehend überzeugender Begründung hat das LG einen Anspruch des Kl. aus §§ 100, 106 Satz 1 VVG, Ziffer 5.1 AHB bejaht und der Klage daher überwiegend stattgegeben. Mit den hiergegen erhobenen Einwendungen kann die Berufung nicht durchdringen.

1. Die Vorinstanz hat fehlerfrei festgestellt, dass ein Versicherungsfall vorliegt. (wird ausgeführt)

2. Der Versicherungsfall fällt in den zeitlichen Rahmen des Versicherungsschutzes.

a) Abweichend von Ziffer 1.1 AHB, der auf ein während der Wirksamkeit der Versicherung eingetretenes Schadensereignis abstellt, umfasst der Versicherungsschutz im Rahmen der hier vorliegenden Architektenhaftpflichtversicherung "Verstöße, die zwischen Beginn und Ablauf des Versicherungsvertrages begangen werden" (Ziffer A III. 1. RBHArch). Gemeint sind damit Verstöße gegen Berufspflichten bei Ausübung der im Versicherungsschein beschriebenen Tätigkeit (Ziffer A I. 1.1 RBHArch). Für die Gewährung des Versicherungsschutzes kommt es demnach nicht auf das eingetretene Schadensereignis (d.h. konkrete bauliche Mängel und daraus resultierende Folgen) an, sondern auf den Zeitpunkt der fehlerhaften Planung bzw. Bauüberwachung des Architekten – sog. Kausalereignistheorie (vgl. Senat VersR 1994, 1462; OLG Hamm, NJW-RR 2001, 391, 392). Diese Sichtweise erscheint im Übrigen auch sachgerecht. Denn anders als in den meisten sonstigen Zweigen der Haftpflichtversicherung bedarf es im Rahmen der Architektenhaftpflichtversicherung im Regelfall noch einer Umsetzung der vom VN erbrachten Leistung. Das Schadensereignis wird aufgrund der Besonderheit des geistigen Werkes des Architekten oftmals erst einige Zeit nach dem Verstoß eintreten.

Frei von Beanstandungen hat das LG festgestellt, dass der Kl. die hier maßgeblichen Planungs- und Überwachungsleistungen in den Jahren 2006 und 2007 erbracht hat. Im Jahre 2007 ist das Bauvorhaben fertiggestellt worden. Der Versicherungsvertrag der Parteien endete hingegen erst zum 6.3.2008.

b) Letztlich nicht entscheidend ist, ob der Versicherungsfall der Bekl. innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Vertrages gemeldet worden ist (Ziffer A III. 1. RBHArch; sog. Nachhaftung).

aa) Dabei kann offen bleiben ob die genannte Klausel überhaupt einer Wirksamkeitskontrolle am Maßstab des § 307 BGB standhält (bejahend: OLG Stuttgart, r+s 2009, 188; mit beachtlichen Gründen verneinend: VersRHdb/v. Rintelen, a.a.O.. Rn 215 m.w.N.). Denn nach der Interessenlage der Parteien handelt es sich bei dieser Klausel um eine Ausschlussfrist (vgl. LG Mönchengladbach, VersR 2000, 754; LG Düsseldorf, r+s 2008, 103, 104; Prölss/Martin/Lücke, VVG, 31. Aufl., BBR Arch Ziffer A. 2. Rn 1). Demzufolge kann sich der VR – hier die Bekl. – nicht auf eine Versäumung der Ausschlussfrist berufen, wenn den VN kein Verschulden daran trifft (…). Dies stellt auch die Berufung nicht in Abrede und neuere Bedingungswerke regeln die Entlastungsmöglichkeit ausdrücklich.

Zutreffend hat das LG ausgeführt, dass sich das Verschulden in dem vorbenannten Sinne auf den konkreten Verstoß gegen eine Berufspflicht beziehen muss, weil dieser dem Wortlaut der Klausel in Ziffer A III. 1 RBHArch entsprechend innerhalb von fünf Jahren nach Vertragsende zu melden ist. Weder aus der … Schadensmeldung eines anderen Baubeteiligten noch aus der Streitverkündungsschrift des Antragsgegners im selbstständigen Beweisverfahren musste sich dem Kl. aufdrängen, inwiefern ihm eine fehlerhafte Planung und/oder eine unzureichende Bauüberwachung vorgeworfen wird. Die vorgerichtlich zum Ausdruck kommende Ansicht des Sachbearbeiters der Bekl. trifft demnach nicht zu. Es ist auch nicht ersichtlich, dass in diesem Zeitpunkt bereits gerichtliche Gutachten vorlagen, aufgrund derer der Kl. von einem eigenen Verstoß gegen eine Berufspflicht ausgehen musste. Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Erklärung einer Streitverkündung auch prozessual (noch) keine Inanspruchnahme auf Schadensersatz i.S.d. Ziffer 1.1 AHB darstellt (vgl. auch Mansel in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 72 Rn 1) und von einem durchschnittlichen VN auch nicht in dieser Weise verstanden werden muss.

Bei dieser Sachlage hatte die Bekl. als VR substantiiert Umstände darzulegen, die gleichwohl für eine bereits vor dem 6.3.2008 vorhandene Kenntnis des Kl. von einem konkreten Verstoß sprechen (vgl. BGH VersR 1967, 769). Dies ist nicht erfolgt. Unzureichend ist namentlich der Verweis auf die letztlich am 14.3.2013 erfolgte Anmeldung des aus seiner Sicht bestehenden Versicherungsfalls durch den Kl. Denn die objektive Versäumung der Frist erlaubt keinen zwingenden Rückschluss auf eine subjektive Vorwerfbarkeit.

bb) Der Bekl. ist es aus einem weiteren Grund versagt, sich auf den Ablauf der Nachhaftungsfrist zu berufen.

Nach Zustellung der Streitverkündung hatte die Bekl. gegenüber dem Kl. eine – zumindest konkludente – Deckungszuge erteilt und gemäß Ziffer 25.5 AHB einen Rechtsanwalt beauftragt, der den Kl. im selbstständigen Beweisverfahren vertrat, Einsicht in die Geri...

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