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Das LG hat der auf Zahlung aus einem Vertrag über eine Kaskoversicherung nach einem vom Kl. erlittenen Unfall zu Recht in Höhe von 6.926,05 EUR nebst Zinsen stattgegeben …

1. Dem Kl. steht ein Anspruch auf Zahlung von 6.926,05 EUR aus dem zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag zu.

a) Es ist zu einem Unfall im Sinne von Nr. A.2.1.1 in Verbindung mit Nr. A.2.3 der dem Vertrag zugrunde liegenden AKB 2016 gekommen. Gemäß Nr. A.2.3.2 handelt es sich um einen Unfall bei einem unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkenden Ereignis. Unstreitig kam es zu einer Kollision zwischen dem von der Zeugin F geführten Pkw Opel Corsa und dem Fahrzeug des Kl. und anschließend zu einem Zusammenstoß des Kl. mit der Leitplanke, so dass plötzlich und unmittelbar von außen mechanische Gewalt auf das Fahrzeug des Kl. einwirkte.

Auf die Behauptung der Bekl., der Kl. habe den Unfall bewusst herbeigeführt, kommt es in diesem Zusammenhang noch nicht an. Die Unfreiwilligkeit gehört nicht zum Unfallbegriff im Sinne der Kaskoversicherung (Prölss/Martin-Klimke, VVG, 31. Aufl. 2021, A.2.2.2 AKB Rn 8).

b) Den ihr obliegenden Nachweis einer vorsätzlichen Herbeiführung des Unfalls durch den Kl. hat die Bekl. nicht erbracht.

aa) Zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass der VR nur dann gemäß § 81 Abs. 1 VVG zur Leistung nicht verpflichtet ist, wenn er den Vollbeweis für das vorsätzliche Herbeiführen eines Versicherungsfalles durch den VN (oder seinen Repräsentanten) führt, ohne dass ihm Beweiserleichterungen zu Gute kommen (st Rspr, vgl. nur BGH, VersR 2005, 1387; NJW-RR 1999, 1184 …). Dieser Beweis einer Unfallmanipulation kann dabei durch den Nachweis einer ungewöhnlichen Häufung von typischen Umständen erbracht werden, die für sich betrachtet zwar jeweils auch eine andere Erklärung finden mögen, in ihrem Zusammenwirken vernünftigerweise jedoch nur den Schluss zulassen, dass der Anspruchsteller die Beschädigung seines Fahrzeuges bewusst und gewollt herbeigeführt oder in die Beschädigung seines Fahrzeuges eingewilligt hat (vgl. OLG Hamm BeckRs 2007, 2809). Hierbei bedarf es in Anwendung des § 286 Abs. 1 ZPO für den erforderlichen Vollbeweis zwar keiner von allen Zweifeln freien Überzeugung des Gerichts. Erforderlich ist aber ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit, der vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen. Eine bloße Wahrscheinlichkeit – und sei sie auch erheblich – genügt demgegenüber nicht (OLG Frankfurt NJW-RR 2018, 538; OLG Hamm NJW-RR 2017, 1368).

bb) Der Senat hat keine Zweifel im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an der Vollständigkeit der vom LG festgestellten Tatsachen und an der Richtigkeit der darauf gestützten Bewertung, dass die Bekl. den Nachweis einer solchen ungewöhnlichen Häufung von für eine Unfallmanipulation sprechenden Umständen hier nicht erbracht hat.

(1) Für eine Unfallmanipulation sprechende Indizien können etwa ein Unfall zur Nachtzeit an einem entlegenen Ort sein, an dem mit Zeugen nicht zu rechnen ist, ferner eine Unfallkonstellation mit eindeutiger Haftungsverteilung – wie etwa unter Beteiligung eines parkenden Autos (…) –, des Weiteren der Umstand, dass die Polizei trotz eines erheblichen Sachschadens nicht hinzugezogen wird und schließlich insbesondere eine persönliche Bekanntschaft zwischen den Unfallbeteiligten, und zwar umso mehr, wenn diese zunächst verheimlicht wird.

Vorliegend ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Polizei nach dem Unfall hinzugezogen wurde. Für eine persönliche Bekanntschaft zwischen dem Kl. und der Zeugin F ist nichts ersichtlich. Weder der Unfallort noch die Unfallzeit oder die unfallbeteiligten Fahrzeuge sind ungewöhnlich.

Gerade der konkrete Unfallhergang spricht angesichts der fehlenden Bekanntschaft der Unfallparteien stark gegen eine bewusste Herbeiführung des Unfalls durch den Kl. Denn es liegt auf der Hand und ist im Übrigen auch vom SV ausdrücklich so bestätigt worden, dass der Kl. überhaupt keine Möglichkeit hatte, einen solchen Unfall im Vorhinein zu planen. Für ihn bestanden keine Anhaltspunkte, dass die Zeugin F, nachdem sie sich zunächst ordnungsgemäß auf die Linksabbiegerspur eingeordnet hatte, wieder nach rechts ziehen würde. Die Annahme, der Kl. sei bewusst sozusagen "auf gut Glück" neben der Zeugin gefahren in der Hoffnung, diese werde wieder die Spur wechseln, erscheint dem Senat lebensfern; auch der SV hat eine solche Annahme als "sehr abwegig" bezeichnet. Konkrete Anhaltspunkte, die dafür sprächen, sind jedenfalls nicht ersichtlich.

(2) Die Ausführungen der Bekl. in der Berufungsbegründung dazu, dass der Kl. "nicht immer wahrheitsgemäße Angabe zu behaupteten Versicherungsfällen" macht, bleiben ohne Erfolg.

Zwar kann es ein Indiz für einen manipulierten Unfall sein, wenn der Anspruchsteller in ungewöhnlich kurzer Zeit mehrfach in ähnlich gelagerte Unfälle verwickelt gewesen sein will und daraus Ansprüche herleitet (vgl. OLG Köln NJW-RR 2017, 1370, juris Rn ...

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