FeV § 13 S. 1 Nr. 2a Alt. 2 § 3
Leitsatz
1. Rechtsgrundlage für eine Untersagung des Führens von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen ist § 3 Abs. 1 S. 1 FeV. In der Rechtsprechung bestehen Bedenken, ob § 3 Abs. 1 FeV mit höherrangigem Recht vereinbar ist (vgl. nur BVerwG, Urt. v. 4.12.2020 – 3 C 5.20 – (Der Verkehrsanwalt 2021, 109 = Leits. in zfs 2021, 360 =) juris, Rn 35 ff.; BayVGH, Beschl. v. 8.6.2021 – 11 Cs 21.968 –, juris, Rn 15; OVG Saarland, Beschl. v. 3.5.2021 – 1 B 30/21 – (zfs 2021, 595 =) juris, Rn 32 ff.; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 23.9.2021 – 7 L 901/21 –, juris, Rn 24 ff.).
2. Ist die Anordnung zur Beibringung einer MPU rechtswidrig und legt der Betroffene gleichwohl ein solches Gutachten vor, das ihn als ungeeignet zum Führen von Fahrzeugen beschreibt, so stellt dieses Gutachten eine eigene Beweistatsache dar, sodass rechtlich ohne Relevanz ist, ob es von der Verwaltung unberechtigterweise angefordert wurde.
3. Jedenfalls dann, wenn ein Verkehrsteilnehmer bislang nicht unter dem Einfluss von Alkohol beim Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge auffällig geworden ist, sind nicht nur erhöhte Anforderungen in Bezug auf die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens zu stellen. Wurde ein solches Gutachten vorgelegt, muss aus diesem eindeutig hervorgehen, dass der Betroffene zum einen übermäßig Alkohol konsumiert und dass – unter Darlegung entsprechender Anhaltspunkte – davon auszugehen ist, dass der Alkoholkonsum zu einem Kontrollverlust im Zusammenhang mit der Verkehrsteilnahme führt. (Leitsätze der Schriftleitung)
VG Koblenz, Beschl. v. 31.8.2022 – 4 L 810/22.KO
1 Aus den Gründen:
Zitat
1. Der zulässige, … auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die mit Bescheid v. 1.8.2022 verfügte Untersagung zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge gerichtete Antrag hat in der Sache Erfolg.
Zur Entscheidung über die vorläufige Vollziehbarkeit des angefochtenen Bescheides bis zur endgültigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren bedarf es einer gemäß § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Abwägung der gegenseitigen Interessen der Beteiligten. Im Rahmen dieser vom Gericht nach § 80 Abs. 5 VwGO zu treffenden eigenen Ermessensentscheidung überwiegt hier das private Aussetzungsinteresse das öffentliche Interesse am Sofortvollzug des Bescheides v. 1.8.2022 bereits deshalb, weil dieser sich bei der im vorliegenden Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit als rechtswidrig erweisen wird.
2. Rechtsgrundlage für eine Untersagung des Führens von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen ist § 3 Abs. 1 S. 1 FeV. Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde das Führen von Fahrzeugen zu untersagen, zu beschränken oder die erforderlichen Auflagen anzuordnen, wenn sich jemand als ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet hierzu erweist. Die Eignung zum Führen von Fahrzeugen bestimmt sich grundsätzlich nach den Vorschriften, die auch für das Führen fahrerlaubnispflichtiger Kraftfahrzeuge gelten, nämlich nach § 3 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 4 StVG, § 46 i.V.m. § 11 Abs. 1 FeV. Die §§ 11 bis 14 FeV finden gemäß § 3 Abs. 2 FeV entsprechende Anwendung, soweit sie ihrem Inhalt nach nicht das Führen eines fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeugs voraussetzen (vgl. Hentschel/König/Dauer, 45. Aufl. 2019, § 3 FeV Rn 11 m.w.N.).
Ungeachtet der in der Rechtsprechung geäußerten Bedenken, ob § 3 Abs. 1 FeV mit höherrangigem Recht vereinbar ist (vgl. nur BVerwG, Urt. v. 4.12.2020 – 3 C 5.20 –, juris, Rn 35 ff.; BayVGH, Beschl. v. 8.6.2021 – 11 Cs 21.968 –, juris, Rn 15; OVG Saarland, Beschl. v. 3.5.2021 – 1 B 30/21 –, juris, Rn 32 ff.; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 23.9.2021 – 7 L 901/21 –, juris, Rn 24 ff.), liegen im vorliegenden Fall keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Ungeeignetheit des Antragstellers zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge wegen Alkoholmissbrauchs vor.
3. Liegen Tatsachen für Alkoholmissbrauch vor, hat die Fahrerlaubnisbehörde zur Überprüfung der Fahreignung nach § 13 S. 1 Nr. 2 lit. a Alt. 2 FeV die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen. Diese Vorschrift findet über § 3 Abs. 2 FeV auch bei der Überprüfung der Eignung zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge Anwendung (vgl. OVG RP, Beschl. v. 8.6.2011 – 10 B 10415/11.OVG [zfs 2011, 657 =] juris, Rn 6). Alkoholmissbrauch ist nach Ziffer 8.1 der Anlage 4 zur FeV anzunehmen, wenn das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden kann. Entsprechende Tatsachen, die diese Annahme rechtfertigen, liegen jedoch nicht bereits dann vor, wenn der Verkehrsteilnehmer als Kraftfahrer unter Einfluss von Alkohol am Straßenverkehr teilgenommen hat (vgl. OVG RP, Beschl. v. 8.6.2011 – 10 B 10415/11.OVG [zfs 2011, 657 =] juris, Rn 8). Erst recht gilt dies, wenn der Betroffene – wie hier der Fall – ohne Teilnahme am Straßenverkehr alkoholauffällig geworden ist. Vielmehr müssen die Gesamtumstände Zweifel begründen, ob der Betroffene zwischen dem Alkoholkonsum und dem Fahren eine...