Was sagen die Begutachtungsrichtlinien zur Fahreignung?
Unter 3.16 Straftaten ist festgehalten:
Leitsätze:
Wer Straftaten begangen hat, ist nach § 2 Abs. 4 StVG ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, – wenn sie im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr oder im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen oder – wenn sie auf ein hohes Aggressionspotenzial schließen lassen, sei es auf einer Neigung zu planvoller, bedenkenloser Durchsetzung eigener Anliegen ohne Rücksicht auf berechtigte Interessen anderer oder einer Bereitschaft zu ausgeprägt impulsivem Verhalten (z.B. bei Raub, schwerer oder gefährlichen Körperverletzung, Vergewaltigung) und dabei Verhaltensmuster deutlich werden, die sich so negativ auf das Führen von Kraftfahrzeugen auswirken können, dass die Verkehrssicherheit gefährdet wird.
Die Voraussetzungen zum sicheren Führen von Kraftfahrzeugen können nur dann als wiederhergestellt gelten, wenn die Persönlichkeitsbedingungen, Krankheitsbedingungen und sozialen Bedingungen, die für das frühere gesetzwidrige Verhalten verantwortlich waren, sich entscheidend positiv verändert oder ihre Bedeutung so weit verloren haben, dass negative Auswirkungen auf das Verhalten als Kraftfahrer nicht mehr zu erwarten sind. Davon ist nur dann auszugehen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
a) Eine unter den entscheidenden Aspekten positiv zu wertende Veränderung der Lebensweise ist deutlich erkennbar und wird durch die jetzigen Lebensverhältnisse gestützt (soziale Beziehungen, wirtschaftliche Situation, Engagement in Beruf bzw. Ausbildung).
b) Diese Veränderung wurde vom Betroffenen aus einem Problembewusstsein heraus vollzogen (ggf. initiiert oder begleitet von einer angemessenen sozialpädagogischen, therapeutischen oder verhaltensmodifizierenden Intervention), und sie wird als zufriedenstellend erlebt.
c) Generelle Fehleinstellungen oder Störungen, die eine soziale Einordnung verhindern, lassen sich nicht (mehr) feststellen.
d) Die unter a) bis c) genannten Voraussetzungen haben sich über einen gewissen Zeitraum, in der Regel etwa ein Jahr, als stabil erwiesen.
Für Fahrer der Gruppe 2 sind bei der Beurteilung der Fähigkeit, Fahrzeuge dieser Gruppe sicher zu führen, wegen der besonderen Anforderungen an die Fahrer und der zusätzlichen Risiken im Straßenverkehr strenge Maßstäbe anzulegen. Begründung: Allgemeinrechtliche Straftaten sind in der Regel durch generalisierte, gewohnheitsmäßige Fehleinstellungen und Fehlreaktionen bedingt. Diese erschweren auch eine adäquate Bewertung der Normen und Gesetze, die den Straßenverkehr regeln, und ein entsprechend angepasstes Verhalten als motorisierter Verkehrsteilnehmer. Ursachen für Straftaten können auch Krankheiten sein. Der Straßenverkehr ist ein soziales Handlungsfeld, welches von den Beteiligten "ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht" (§ 1 StVO) erfordert. Wer aufgrund des rücksichtslosen Durchsetzens eigener Interessen, aufgrund seines großen Aggressionspotentials oder seiner nicht beherrschten Affekte und unkontrollierten Impulse in schwerwiegender Weise die Rechte anderer verletzt, lässt nicht erwarten, dass er im motorisierten Straßenverkehr die Rechte anderer Verkehrsteilnehmer – zumindest in den sehr häufig auftretenden Konfliktsituationen – respektieren wird. Solange ein solches Fehlverhalten besteht, ist auch mit sicherheitswidrigen Auffälligkeiten im Straßenverkehr zu rechnen.