"… Die zulässige Klage ist mit Blick auf die geltend gemachten Krankenrücktransport- und Familienheimholungskosten (7.140 EUR) (dazu 1. b) aa) und bb)) sowie hinsichtlich der Kosten für die Fahrzeugrückholung (1.000 EUR) i.H.v. 200,00 EUR unbegründet (dazu 1. b) cc)) und i.H.v. 800,00 EUR derzeit unbegründet (dazu 2.)."
1. Dem Kl. steht gegen die Bekl. kein Aufwendungskostenersatz nach §§ 83, 82 VVG zu.
a) Die §§ 83, 82 VVG sind auf das vorliegende Vertragsverhältnis bereits nicht anwendbar.
Anders als der Kl. meint, handelt es sich vorliegend nicht um eine Auslandsreisekrankenversicherung, da zum einen maßgebliche Elemente einer solchen Auslandsreisekrankenversicherung – insbesondere Kostenübernahme der Heilbehandlung im Ausland bei akut eintretenden Krankheiten oder Unfällen (vgl. zum Gegenstand einer Auslandsreiseversicherung beispielhaft: Prölss/Martin/Dörner, 31. Aufl. 2021, AVB Reisekrankenversicherung § A.1) – fehlen und es sich zum anderen um eine sog. Sachleistungsversicherung handelt, bei der die Bekl. in ihren GVB zusichert, bei dem Vorliegen bestimmter Notfälle bestimme Serviceleistungen, d.h. Leistungen die die Bekl. selbst oder zusammen mit ihren Vertragspartnern organisiert und durchführt (vgl. § 1 Nr. 3 GVB), zu erbringen. Versichert ist Risiko, dass der VN bzw. seine Familie aufgrund bestimmter Ereignisse seine angetretene Reise nicht wie geplant fortsetzen kann bzw. beenden muss; es handelt sich demgemäß als Sachleistungsversicherung ausgestaltete Reiseabbruchversicherung (vgl. MAH VersR, § 30 Reiseversicherung Rn 120 ff.)
Auf die hier vorliegende Form der Sachleistungsversicherung sind die §§ 83, 82 VVG nicht anzuwenden. Vielmehr gilt die von § 83 Abs. 1 S. 1 VVG vorgesehene Erstattungspflicht des VR (nur) für den Bereich der Schadensversicherung (Koch, in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2009, § 83 Rn 9; BeckOK VVG/Klimke, 17. Ed. 1.11.2022, VVG § 83 Rn 4; Langheid/Wandt/Looschelders, 3. Aufl. 2022, VVG § 83 Rn 5).
Wie sich aus § 83 Abs. 3 VVG ergibt, ist zur Beurteilung der Ersatzpflicht des VR stets erforderlich, dass der Versicherungsvertrag bzw. die diesem zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen eine Versicherungs(höchst)summe vorsehen müssen. Diese Summe stellt den größtmöglichen Schaden aus Sicht des VR dar – vorbehaltlich darüber hinausgehender Kosten, die durch eine Weisung des VR entstehen (§§ 82 Abs. 2, § 83 Abs. 3 VVG). Anhand der Summe kann zudem beurteilt werden, inwieweit der VN einen drohenden Schaden überhaupt abwenden oder mindern kann. Wenn aber, wie hier, der Versicherungsvertrag lediglich eine Sachleistung vorsieht, lässt sich aus Sicht des VN schon gar nicht ausreichend beurteilen, inwieweit (dem VR) ein Schaden droht, den es abzuwenden oder zu mindern gilt. Unternimmt der VN dennoch eigenmächtig Handlungen zur vermeintlichen Schadensabwendung oder -minderung, so sind diese im Falle der Sachleistungsversicherung nicht nach §§ 83, 82 VVG ersatzfähig. Würde man in solchen Fällen die Ersatzfähigkeit bejahen, würde das System einer Sachleistungsversicherung – die als Versicherungsleistung gerade keine monetäre Kompensation vorsieht – umgekehrt und diese wie eine reguläre Schadensversicherung behandelt. Der VN, der sich über die anwendbaren Versicherungsbedingungen hinwegsetzt, seine (Schadens-)Anzeigepflichten (bewusst oder unbewusst) verletzt und im Nachgang seine eigenmächtig aufgewandten Kosten unter dem Deckmantel der §§ 83, 82 VVG geltend macht, würde dadurch besser gestellt als ein VN, der seiner Anzeigepflicht nachkommt und im Ergebnis "nur" eine Sachleistung des VR erhält.
Selbst wenn man – mit dem Kl. – davon ausgehen sollte, dass es sich vorliegend um eine (Auslandsreise-)Krankenversicherung handele, so würde dies an der Unanwendbarkeit der §§ 82, 83 VVG nichts ändern.
Zwar sind die Vorschriften gemäß § 194 Abs. 1 VVG auch auf die Krankenversicherung anwendbar, soweit der Versicherungsschutz dort nach den Grundsätzen der Schadensversicherung gewährt wird (vgl. Langheid/Wandt/Looschelders, 3. Aufl. 2022, VVG § 82 Rn 8; für die Krankheitskostenversicherung mit einer Komponente zur Auslandskrankenrücktransportversicherung vgl. OLG Koblenz r+s 2016, 621; OLG Karlsruhe NJW-RR 2015, 1379). Daran fehlt es hier.
Maßgeblich zur Beurteilung, ob die Sachleistungsversicherung den Grundsätzen einer Schadensversicherung folgt, ist in erster Linie, ob und inwieweit nach dem Maßstab der Versicherungsbedingungen ein in quantitativer oder qualitativer Hinsicht bestimmbarer Schaden bevorsteht oder bereits vorliegt, der vom VN abgewandt bzw. gemindert werden kann. So hat das OLG Koblenz in seiner Entscheidung zu einer Auslandskrankenversicherung, die auch eine Rücktransportversicherung beinhaltete, nicht nur darauf abgestellt, dass die in diesem Fall anwendbaren Versicherungsbedingungen (in quantitativer Hinsicht) die Mehrkosten einer (Weiter-)Behandlung im Ausland umfassen, sondern auch (in qualitativer Hinsicht) davor schützen, dass ein Gesundheitsschaden entsteht oder vergrößert wird, ...