Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kl. steht gegen die Bekl. kein Anspruch auf Zahlung einer Versicherungsleistung aufgrund des behaupteten Diebstahlereignisses zu. Dahingestellt bleiben kann weiterhin, wie schon in dem Urteil des LG, ob überhaupt ein Versicherungsfall vorliegt, der Kl. also das äußere Bild eines Diebstahls hinreichend dargelegt hat. Jedenfalls ist die Bekl. gem. § 28 Abs. 1 S. 1 VVG vollständig leistungsfrei.
1. Dies ergibt sich schon aus den vorsätzlichen Obliegenheitsverletzungen des Kl. im Zusammenhang mit der verzögerten Herausgabe des Schlüssels …
Der Kl. hat bei Frage Nrn. 12 und 13 des Fragebogens zunächst verschwiegen, dass er zwei Schlüssel bei Übergabe des Fahrzeugs erhalten hat. Zudem hat er die Weisung aus dem Schreiben vom 18.10.2021, "alle" Schlüssel herauszugeben, bis zum 22.5.2022 nicht befolgt, obwohl ihm dies möglich und zumutbar gewesen wäre.
b) Dieses Verschweigen und die Nichtherausgabe erfolgten auch vorsätzlich, wie das LG zutreffend festgestellt hat, so dass es auf § 28 Abs. 2 S. 2 VVG nicht ankommt. Zwar trägt der VR insoweit die Beweislast. Den VN trifft jedoch eine Substanziierungslast. Er muss die zu der Obliegenheitsverletzung führenden Umstände, die seiner Sphäre angehören, also z.B. die Gründe für etwaige objektive Falschangaben oder Nichtherausgabe, dartun und der Nachprüfung zugänglich machen (OLG Celle BeckRS 2017, 136112; …).
Vorliegend war die Fragestellung im Befragungsbogen und die Weisung zur Herausgabe eindeutig. Dem Kl. war bewusst, zwei Schlüssel zu besitzen, was er selbst in der Berufungsbegründung durch den Hinweis auf seine Angaben gegenüber der Polizei ("einen regulären Schlüssel und einen Plastikdummie") eingeräumt hat. Dass es sich bei diesem "Plastikdummie" auch in den Augen des Kl. um einen voll funktionsfähigen Schlüssel gehandelt hat, mit dem das Motorrad gestartet werden konnte, folgt zwanglos aus dem bei Erwerb des Motorrades auch von ihm unterzeichneten Übergabeprotokoll vom 23.4.2021, in dem dieser Schlüssel als "Ersatzschlüssel" bezeichnet wird, was schon nach dem Wortsinn umschreibt, dass er auch zum Starten des Motors an die Stelle des Funkschlüssels treten kann. Auch der Kl. selbst hat in der E-Mail vom 29.3.2022 diesen Notschlüssel als "Ersatzschlüssel" benannt, in seiner Anzeige gegenüber der Polizei hat er auf die Frage "wieviele Fahrzeugschlüssel existieren zum Fahrzeug … ?" geantwortet ". Es hat Keyless Ride. ich bin im Besitz von zwei Schlüsseln. Die sind alle zu Hause."
Die im Widerspruch hierzu stehende zweimalige unwahre Angabe gegenüber der Bekl., nur einen Schlüssel zu besitzen, hält auch der Senat angesichts dieser Umstände mit dem LG für vorsätzlich. Hierfür genügt es nämlich, dass der VN den Obliegenheitsverstoß für möglich hält und ihn billigend in Kauf nimmt, wobei er die Merkmale der Obliegenheit im Kern kraft einer "Parallelwertung in der Laiensphäre" kennt (Prölss/Martin/Armbrüster VVG, § 28 Rn 188). Bei Aufklärungsobliegenheiten ist diese Kenntnis im Allgemeinen anzunehmen, da nach allgemeiner Lebenserfahrung jeder VN weiß, dass er weder unmittelbar noch mittelbar die Feststellungen des VR erschweren darf, sondern ihn nach besten Kräften bei der Aufklärung unterstützen muss (OLG Saarbrücken NJW-RR 2021, 291).
Ein solcher Vorsatz entfällt vorliegend auch nicht etwa deswegen, weil der Kl. aufgrund einer unklaren Mitwirkungsaufforderung der Bekl. über diese Obliegenheit im Unklaren gewesen wäre. Die Aufforderung der Bekl. zur Übersendung war gerade nicht auf den Hauptschlüssel beschränkt, sondern erfasste eindeutig und unmissverständlich alle Schlüssel. Dass der Kl. diese Aufforderung auch im vorgenannten Sinne verstanden hat, folgt aus seiner E-Mail vom 29.3.2022, in der er einräumte, "den Ersatzschlüssel" bislang nicht vorgelegt zu haben, ohne diesen indes an die Bekl. zu übersenden. Nach dem objektiven Empfängerhorizont konnte die Bekl. dieses Schreiben im Übrigen nur so verstehen, dass sie den Ersatzschlüssel erst im Anschluss an eine Zahlung in der vom Kl. geforderten Höhe und nur unter Verzicht auf ihre Einwendungen zum Entwendungsvorgang erhalten werde, weil der Kl. angab, diesen derzeit noch "für den Koffersatz" zu benötigen und erst "bei Bedarf nach der Schadensregulierung" übersenden zu wollen.
Die Mitwirkungsobliegenheiten des VN hat dieser jedoch im Rahmen des ihm Zumutbaren vollständig und unbedingt zu erfüllen. Sie kann insbesondere nicht von der vorherigen Zahlung der Versicherungsleistung abhängig gemacht werden, weil dadurch letztlich dem VR alle Aufklärungsmöglichkeiten genommen und alle Einwendungen abgeschnitten werden. Eine gleichwohl vom VN erfolgte Bedingung, einen Fahrzugschlüssel erst nach einer Zahlung der Versicherungsleistung zu übersenden, lässt angesichts dessen den Rückschluss auf einen Willen des VN zu, sich über seine vertraglichen Aufklärungsobliegenheiten schlicht und ohne plausiblen Grund hinwegzusetzten, was wiederum den Schluss auf eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung...