“Die Klage ist begründet.
Der Kläger kann von der Beklagten vollen Ausgleich der Reparaturrechnung vom 23.3.2007 verlangen, mithin Freistellung des noch offenen Restbetrages in Höhe von 724,78 EUR (§§ 7, 17 StVG, § 3 Nr. 1 PflVersG, § 249 BGB).
Nach dem vom Kläger eingeholten Schadensgutachten des Kfz-Sachverständigen vom 23.3.2007 liegt zwar sog. wirtschaftlicher Totalschaden vor, da die voraussichtlichen Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert übersteigen. Jedoch ist der Unfallgeschädigte nach st. Rspr. des BGH, der auch das erkennende Gericht folgt, grundsätzlich berechtigt, im Falle fachgerecht durchgeführter Reparatur gleichwohl Erstattung von tatsächlich angefallenen Reparaturkosten bis zur Höhe von 130 % des Wiederbeschaffungswertes ersetzt zu verlangen. Dabei ist entgegen der Ansicht der Beklagten bei der Berechnung dieses Integritätszuschlages ein Restwert nicht in Abzug zu bringen. Der Zuschlag von 30 % ist vielmehr ohne Abzug des Restwertes nach dem vollen Wiederbeschaffungswert zu bemessen (BGH NJW 1992, 302; BGH NJW 2003, 2085). Bei dem hier ermittelten Wiederbeschaffungswert von 1.700 EUR liegt die 130 %-Grenze mithin bei 2.210 EUR. Diese ist durch die streitgegenständliche Reparaturrechnung vom 23.3.2007 eingehalten. Dass die dort abgerechnete Reparatur die streitgegenständlichen Schäden betrifft und fachgerecht durchgeführt worden ist, bestreitet selbst die Beklagte nicht. Damit kann der Kläger vollen Ausgleich bzw. Freistellung von der Rechnung vom 23.3.2007 als Schadensersatz verlangen.
Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, zur Bewilligung des Integritätszuschlages sei weiterhin erforderlich, dass der Kläger eine Weiterbenutzung des reparierten Fahrzeugs über einen Zeitraum von 6 Monaten nachweise, vermag dem das erkennende Gericht nicht zu folgen. Insbesondere folgt die von Beklagtenseite reklamierte weitere Anspruchsvoraussetzung auch nicht aus der Entscheidung des BGH vom 23.5.2006 (NJW 2006, 2179). Die Entscheidung betrifft lediglich die Abrechnung auf Gutachtensbasis. Da in diesem Fall nach bereits anerkannter Rspr. eine Obergrenze beim Wiederbeschaffungswert zu ziehen ist, hat der BGH nunmehr entschieden, dass von diesem der Restwert dann nicht abzuziehen ist, wenn der Geschädigte das Fahrzeug – gegebenenfalls unrepariert – mindestens noch 6 Monate nach dem Unfall weiter benutzt hat. Der Entscheidung ist nicht zu entnehmen, dass der BGH auch für den Fall der Abrechnung konkret angefallener Reparaturkosten gleichwohl diesen – weiteren – Nachweis des Integritätsinteresses fordert. Der Kläger macht insoweit zu Recht geltend, dass sich in der Tatsache der Durchführung einer fachgerechten Reparatur das klägerische Integritätsinteresse in seiner stärksten Form manifestiert. Nach Auffassung des erkennenden Gerichts hat ein Unfallgeschädigter sein Integritätsinteresse dann ausreichend belegt, wenn er das fachgerecht reparierte Fahrzeug nach der Reparatur aus der Werkstatt abholt. Eine Verpflichtung, das reparierte Fahrzeug sodann über einen gewissen Zeitraum – noch dazu 6 Monate – nicht zu veräußern, besteht nicht. Eine solche Verpflichtung lässt sich nach Auffassung des erkennenden Gerichts auch nicht der vorgenannten BGH-Entscheidung entnehmen. Die Entscheidung wollte ersichtlich lediglich eine bestehende Lücke bei den Fällen fiktiver Abrechnung schließen, nicht aber die mittlerweile standardisierte Abrechnung echter 130 %-Fälle ändern. Dementsprechend war der Klage in der Hauptsache stattzugeben.“
Mitgeteilt von RA Alexander Jaeger, Frankfurt/M., RA Friedrich-Wilhelm Wortmann, Bochum-Wattenscheid