“ … II. Der Rechtsbeschwerde kann ein Erfolg nicht versagt bleiben.
1. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist allerdings Verjährung nicht eingetreten. Der Senat kann dabei offen lassen, ob die vom Verteidiger lediglich behauptete Nichteinsehbarkeit der Geschäftsnummer auf dem von der Verwaltungsbehörde verwendeten Fensterumschlag nach Änderung des § 3 Abs.1 VwZG eine Unwirksamkeit der Zustellung noch bedingen kann (vgl. OLG Koblenz zfs 2004, 285; Brandenburgisches OLG NStZ-RR 2006, 23 f.), denn wie sich aus dem Einspruchsschreiben seines Verteidigers vom 31.1.2007 ergibt, hat der Betroffene den Bußgeldbescheid vom 24.1.2007 tatsächlich erhalten, so dass ein etwaiger Zustellungsmangel nach § 51 Abs.1 OWiG i.V.m. § 8 VwZG i.d.F. vom 12.8.2006 als geheilt gelten würde (Göhler, OWiG, 14. Aufl. 2006, § 51 Rn 52).
2. Soweit die Rechtsbeschwerde mit der Verfahrensrüge allerdings geltend macht, der Betroffene sei nicht auf eine Veränderung des rechtlichen Gesichtspunkts im Hinblick auf die Verurteilung wegen einer Vorsatztat hingewiesen worden, ist diese hingegen begründet.
Da der Bußgeldbescheid vom 24.1.2007 zur Schuldform keine Angaben enthält, ist insoweit vom Vorwurf fahrlässiger Tatbegehung auszugehen (Senat, Beschl. v. 27.4.2006, 1 Ss 25/06; OLG Schleswig SchlHA 2001, 138; OLG Düsseldorf zfs 1994, 228), weshalb der Bußgeldrichter in entsprechender Anwendung des § 265 StPO den Betroffenen auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes hätte hinweisen müssen (Senat a.a.O.; OLG Dresden DAR 2004, 102; OLG Hamm VRS 63, 56 [= zfs 1982, 320]). Diese wesentliche Förmlichkeit ist dem Protokoll nicht zu entnehmen, wobei es nicht darauf ankommt, ob der Betroffene mit einer solchen Umgestaltung rechnen musste (OLG Braunschweig NStZ-RR 2002, 179 f.; Brandenburgisches OLG zfs 2000, 174 f.).
Hinzu kommt vorliegend, dass ein solcher rechtlicher Hinweis in der Hauptverhandlung vorliegend auch deshalb nicht ergehen durfte, weil der am 9.5.2007 wirksam von seinem Erscheinen entbundene Betroffene in der Hauptverhandlung nicht anwesend war und sich deshalb auch nicht hierzu äußern konnte. Zur Wahrung des rechtlichen Gehörs des Betroffenen hätte der Tatrichter deshalb bei einer Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes vor einer solchen Entscheidung dem abwesenden Betroffenen oder zumindest seinem Verteidiger Gelegenheit zur Äußerung geben müssen (Bay. ObLG b. Rüth, DAR 1979, 243; Göhler, a.a.O. § 74 Rn 18).
Da das Urteil schon aus diesem Grund der Aufhebung unterliegt, kann der Senat offen lassen, ob das Gericht in dem Abwesenheitsverfahren Beweismittel verwertet hat, mit deren Verwertung der Betroffene nicht zu rechnen brauchte. Eine solche Verletzung des rechtlichen Gehörs wird allgemein dann angenommen, wenn das Gericht im Abwesenheitsverfahren sein Urteil auf nicht aus den Akten ersichtliche und deshalb dem Betroffenen unbekannte Beweismittel stützt (Thüringer OLG VRS 107, 348 ff.; OLG Hamm VRS 93, 359 f.; Göhler, OWiG, a.a.O., § 80 Rn 17). Vorliegend war zwar der Zeuge PHM K als Beweismittel in der Ladung zur Hauptverhandlung am 18.6.2007 benannt, seine Bekundung, "der Betroffene habe nach Belehrung geäußert, dass er die Verkehrszeichen mit Höchstgeschwindigkeit 60 km/h bemerkt habe und wisse, dass er zu schnell gewesen sei", steht jedoch im Widerspruch zu der durch diesen Beamten protokollierten Verkehrsanzeige, nach welcher der Betroffene neben der Zugabe des Verkehrsverstoßes gerade keine weiteren Angaben zur Sache gemacht haben soll."
3. Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil.
a. Die Annahme einer vorsätzlichen Tatbegehung wird auf Grund der Angaben des Zeugen PHM K von den Feststellungen getragen, so dass für eine Berichtigung des Schuldspruchs und die Verurteilung wegen einer fahrlässigen Tat durch den Senat (§ 79 Abs. 6 OWiG) kein Raum bleibt.
Nach den getroffenen Feststellungen überschritt der Betroffene mit seinem Kraftfahrzeug nämlich die außerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 53 km/h trotz positiver Kenntnis des aufgestellten geschwindigkeitsbegrenzenden Verkehrszeichens.
b. Weiterhin ist nicht auszuschließen, dass sich der Betroffene nach einem förmlichen gerichtlichen Hinweis anders verteidigt oder seinen Einspruch zurückgenommen hätte (OLG Dresden DAR 2004, 102), zumal der Bußgeldrichter auf Grund der Veränderung der Schuldform – rechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden – eine Erhöhung der Regelbuße vorgenommen hat. Da diese mit 300 EUR aber über der Regelbuße und auch erheblich über der Geringfügigkeitsgrenze liegt, wird der Tatrichter in der neuen Hauptverhandlung Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnisses des Betroffenen, insbesondere zu seiner beruflichen Tätigkeit, zu treffen haben (vgl. hierzu näher Senat NZV 2007, 98 f.; Göhler, a.a.O., Rn 21 ff., 24), um zu klären, ob dem Betroffenen, ggf. auch unter Zubilligung von Zahlungserleichterungen, eine Bezahlung der Geldbuße möglich ist. … .“
Mitgeteilt von RA JR Hans-Jürgen Gebhardt, Homburg