Das Urteil gibt ein Verhalten wieder, das in der Praxis häufig festzustellen ist. Viele Rechtsanwälte machen sich keine Gedanken, ob ihren rechtsschutzversicherten Mandanten der geltend gemachte materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch auf Zahlung der Anwaltsvergütung überhaupt noch zusteht. Das ist dann nicht mehr der Fall, wenn die eingeklagte Anwaltsvergütung von der Rechtsschutzversicherung bereits bezahlt worden und der Erstattungsanspruch deshalb auf sie gem. § 67 VVG a.F. übergegangen ist.
In der Praxis wird dieser Forderungsübergang vom Kläger häufig nicht vorgetragen. Macht er gleichwohl den Anspruch im eigenen Namen geltend, erfüllt er zumindest den objektiven Tatbestand des Prozessbetruges. Hat sein Prozessbevollmächtigter von allen Umständen Kenntnis, besteht ebenfalls die Gefahr, dass dieser sich selbst strafbar macht. Der Rechtsanwalt sollte deshalb schon im eigenen Interesse für seinen Auftraggeber die Ermächtigung der Rechtsschutzversicherung einholen, nach der der Kläger berechtigt ist, die Anwaltskosten im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen. Dies sollte dann in der Klageschrift auch vorgetragen werden und muss dann im Streitfall vom Kläger auch bewiesen werden.
Gelegentlich hört man von dem Wunsch der einen oder anderen Rechtsschutzversicherung, die dem Rechtsanwalt des Versicherungsnehmers beispielsweise eine 1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG gezahlt hat, der Versicherungsnehmer möge doch eine 2,5 Geschäftsgebühr einklagen, das Gericht werde den richtigen Gebührensatz dann schon zuerkennen. Diesem Wunsch sollte der Rechtsanwalt jedoch nur nachkommen, wenn auch nach seiner Einschätzung ein höherer Gebührensatz angemessen ist. Auf die Rechtsschutzversicherung übergegangen und von der Ermächtigung der Versicherung nur erfasst ist aber lediglich der Betrag der Anwaltsvergütung, der von der Versicherung übernommen wurde. Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass der Kläger aus eigenem Recht einen höheren Satz der Geschäftsgebühr einklagt als von der Rechtsschutzversicherung gezahlt worden ist. In einem solchen Fall muss dann in der Klageschrift vorgetragen werden, dass die 1,3 Geschäftsgebühr auf Grund der Ermächtigung der Rechtsschutzversicherung im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft, der darüber hinausgehende Gebührenbetrag hingegen aus eigenem Recht des Klägers geltend gemacht wird.
Liegt eine Ermächtigung der Rechtsschutzversicherung vor, kann das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Rechtsschutzinteresse des Klägers nicht verneint werden. Dieser hat zwar wegen der Zahlung der Rechtsschutzversicherung letztlich keinen Schaden erlitten. Das rechtliche Interesse besteht jedoch darin, dass der Kläger im Hinblick auf die zukünftige Fortdauer des Rechtsschutzversicherungsvertrages seinen Vertrag nach Möglichkeit "schadenfrei" halten will, um eine etwaige Kündigung des Versicherungsvertrages durch seine Rechtsschutzversicherung möglichst auszuschließen, siehe hierzu auch LG Bremen RVGreport 2005, 359 (Henke).
Der bisher in § 67 Abs. 1 S. 1 VVG geregelte Forderungsübergang auf den Rechtsschutzversicherer ist in der ab 1.1.2008 geltenden Neufassung des VVG in dessen § 86 Abs. 1 S. 1 VVG – insoweit wortgleich – geregelt. § 86 Abs. 2 VVG n.F. bestimmt ergänzend die Obliegenheit des Versicherungsnehmers, seinen Versicherer bei der Durchsetzung des übergegangenen Ersatzanspruches zu unterstützen und regelt auch die Rechtsfolgen einer Obliegenheitsverletzung. Über die Neuerungen des VVG 2008 hat Rixecker in dieser Zeitschrift ausführlich berichtet.
Heinz Hansens