ARB 75 § 25 I
Leitsatz
Macht ein früherer Rechtsanwalt und Notar Ansprüche auf Schadensersatz gegen den Praxisabwickler wegen Vereitelung der Auszahlung von nach Zurückgabe der Zulassung abzurechnenden Honoraransprüchen geltend, so besteht kein zum Deckungsausschluss führender Zusammenhang mit der selbständigen und freiberuflichen Tätigkeit.
AG Schöneberg, Urt. v. 30.11.2006 – 106 C 263/06
Sachverhalt
Der Kläger begehrt Rechtsschutz für eine Schadensersatzklage gegen den Praxisabwickler seiner früheren Kanzlei als Rechtsanwalt und Honorar. Nach Zurückgabe der Zulassung abzurechnende Honoraransprüche konnte er nicht verwirklichen, weil dieser ein Guthaben auf einem Anderkonto, aus dem die Honoraransprüche befriedigt werden sollten, an den inzwischen insolventen Mandanten ausgekehrt hatte. Die Beklagte verweigerte Deckung wegen eines Zusammenhangs mit der selbständigen freiberuflichen Tätigkeit des Klägers.
Aus den Gründen
“ … Der Anspruch auf Versicherungsschutz ist nicht gem. § 25 I ARB 75 wegen eines Zusammenhangs zu einer selbständigen oder freiberuflichen Tätigkeit des Klägers ausgeschlossen.
Zwar genügt für den Ausschluss gem. § 25 I ARB 75 bereits ein mittelbarer Zusammenhang mit der selbständigen Tätigkeit (statt aller: Harbauer-Stahl, Rechtsschutzversicherung, 7. Aufl. 2004, zu § 25 ARB 75 Rn 23a). Indes genügt diesbezüglich nicht jeder mittelbarer Zusammenhang; vielmehr bedarf es eines inneren sachlichen Bezugs dergestalt, dass die Interessenwahrnehmung der jetzigen oder künftigen selbständigen oder freiberuflichen Tätigkeit dient oder mit einer derartigen früheren in enger Beziehung stand (statt aller: Harbauer-Stahl, a.a.O., zu § 25 ARB 75 Rn 24 m.w.N.).
Ein derartiger Zusammenhang besteht bei der von dem Kläger begehrten Interessenwahrnehmung nicht.
Es kann dahingestellt bleiben, ob das maßgebliche Kriterium für einen ausreichenden Zusammenhang darin zu erblicken ist, welchen Rechtsstatus der Kläger innehatte, als der Anspruch gegen den Notar B entstanden ist (so offenbar: LG Köln zfs 1993, 245). Denn sollte es maßgebend auf dieses Kriterium ankommen, so würde kein ausreichender Zusammenhang bestehen können. Denn die Schadensersatzansprüche gegen den Notar B konnten erst zu einem Zeitpunkt erwachsen, als der Kläger infolge der Rückgabe seiner Zulassungen bereits Privatier war.
Auch wenn man diesem – seine rechtshistorischen Ursachen in §§ 2, 3 I 6 ALR findenden – zeitlichen Kriterium (vgl. ferner RGZ 105, 115, 118; Medicus, Unmittelbarer und mittelbarer Schaden, 1977, S. 30 ff.; kritisch u.a. Maier-Sieg, Der Folgeschaden, 2000, S. 12 ff.) keine maßgebende Beachtung schenken sollte, besteht kein hinreichender Zusammenhang. Ist das maßgebende Kriterium nicht in der zeitlichen Komponente der Anspruchsentstehung zu suchen, so ist auf den Anspruchsgegenstand abzustellen. Der Anspruchsgrund hinsichtlich der begehrten Interessenwahrnehmung ist nicht eine Geltendmachung von Gebühren aus dem Mandat K. Vielmehr liegt der Anspruchsgegenstand in der unzureichenden Realisierung dieser Gebühren durch den Notar B. Dieser hat auf Grund einer vorschnellen Auskehrung von Fremdgeld und der Insolvenz des Gebührenschuldners die Realisierung der Gebühren unmöglich gemacht, obwohl er zu einer solchen Realisierung auf Grund eines anwaltlichen Dienstverhältnisses zum Kläger verpflichtet war. Dass die Beklagte eine solche vertragliche Vereinbarung bestreitet, ist unerheblich. Denn sie ist für den Ausschluss des Versicherungsschutzes beweispflichtig (vgl. Harbauer-Stahl, a.a.O. zu § 25 ARB 75 Rn 24 m.w.N.). Diesen Vertrag schloss der Kläger indes nicht im Rahmen seiner ausgeübten Tätigkeit als Anwalt und Notar. Er schloss ihn vielmehr in Hinblick auf seinen Zustand als Privatier. … “
Mitgeteilt von RAuN a.D. Lehmann, Berlin
Anmerkung
Hinweis:
Vgl. zu der Streitfrage LG Köln zfs 1993, 245.