Dieses Prinzip betrifft allerdings nur den Umfang eines gegebenen Schadensersatzanspruchs und besagt nicht etwa, dass es in allen Schadensfällen Ersatz gibt. Das ist keineswegs der Fall.
a) Unser Deliktsrecht enthält keine Generalklausel zur Gewährung von Schadensersatz. Vielmehr gibt es nach dem Enumerationsprinzip des § 823 Abs. 1 BGB deliktischen Schadensersatz nur bei Verletzung der einzeln aufgezählten Rechtsgüter. Während das allgemeine Persönlichkeitsrecht als "sonstiges Recht" in den Kreis der sog. absoluten und damit deliktisch geschützten Rechte aufgenommen wurde, ist nach allgemeiner Auffassung das Vermögen als solches kein sonstiges Recht im Sinn des § 823 Abs. 1 BGB, d.h. ein Recht, das einem gegenüber jedermann zusteht. Das wurde kürzlich wieder einmal deutlich, als ein Unternehmer nach einem Verkehrsunfall, den sein Fahrer erlitten hatte, Schadensersatz für die Kosten eines Ersatzfahrers verlangte. Die Tatsacheninstanzen hatten nicht erkannt, dass dieser Schaden nicht auf der Verletzung eines Rechtsguts des Unternehmers beruhte und dieser auch nicht einen übergegangenen Anspruch geltend machte, sondern einen eigenen, jedoch mittelbaren Vermögensschaden, der grundsätzlich nicht erstattungsfähig ist. Die Klage wurde mithin im Revisionsverfahren abgewiesen.
Auch die Ersatzpflicht nach § 7 StVG knüpft an bestimmte Rechtsgüter an. Sie hat zur Voraussetzung, dass beim Betrieb eines Kfz oder eines Anhängers ein Mensch getötet oder sein Körper bzw. seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt worden ist. Zu Fragen der Anhängerhaftung, die im Jahr 2002 durch das bereits erwähnte Gesetz eingeführt worden ist, hatte übrigens das OLG Hamburg vor einiger Zeit eine Revision zugelassen, über die inzwischen auch entschieden wurde. Leider sind wir gar nicht bis zur Rechtsfrage gekommen, weil sich im Revisionsverfahren herausstellte, dass die Haftung des beklagten Büros "Grüne Karte" bereits am Fehlen der Passivlegitimation scheitern musste.
b) Die Anknüpfung der Ersatzpflicht an bestimmte Rechtsgüter hat zur Folge, dass reine Vermögensschäden oft nur unter dem Blickpunkt einer Schutzgesetzverletzung nach § 823 Abs. 2 BGB ersatzfähig sind. Der Bundesgerichtshof hat in mehreren neuen Entscheidungen präzisiert, unter welchen Voraussetzungen eine Rechtsnorm ein Schutzgesetz im Sinn von § 823 Abs. 2 BGB darstellt. Hierfür reicht es nicht aus, dass der Individualschutz durch Befolgung der Norm objektiv als deren Reflex erreicht werden kann. Er muss vielmehr im Aufgabenbereich der Norm liegen, wobei Schutzumfang und Kreis der Geschützten deutlich erkennbar sein müssen. Deshalb kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes an sowie darauf, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zugunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder doch mitgewollt hat. In den einschlägigen Entscheidungen wird betont, dass die Beschränkung des deliktsrechtlichen Schutzes auf die absoluten Rechtsgüter des § 823 Abs. 1 BGB eine gesetzgeberische Wertung enthält, die nicht dadurch überspielt werden darf, dass der Anwendungsbereich des § 823 Abs. 2 BGB ausufert. Deshalb lässt sich dieser Rechtsprechung keine Tendenz entnehmen, die Haftung für reine Vermögensschäden durch großzügige Anwendung des § 823 Abs. 2 BGB auszuweiten.
c) Eine wesentliche Einschränkung der Haftung ergibt sich auch vom Kreis der Ersatzberechtigten her. Dies zeigt ein Fall, bei dem der Sohn des Klägers – mit dem zusammen er eine Landwirtschaft betrieb – beim Bau einer Scheune durch das Umstürzen einer fehlerhaften Fertigwand getötet wurde. Das hatte die Aufgabe des Betriebs durch den Kläger zur Folge, der hierdurch beträchtliche finanzielle Einbußen erlitten hat. Gleichwohl erhielt er keinen Schadensersatz. Zwar war das Leben des Sohnes ein absolutes Rechtsgut im Sinn des § 823 Abs. 1 BGB; jedoch konnten aus dessen Verletzung Schadensersatzansprüche für Dritte nur unter den besonderen Voraussetzungen der §§ 844, 845 BGB erwachsen. Deshalb hatte sein Vater keinen deliktischen Anspruch auf Ersatz von Schäden, die bei ihm mittelbar durch die Tötung des Sohnes eingetreten sind, zumal es sich dabei um Vermögensschäden handelte, die ohnehin nach § 823 Abs. 1 BGB nicht ersatzfähig waren. Derartige Nachteile können also außerhalb der §§ 844, 845 BGB grundsätzlich nicht haftungsrechtlich geltend gemacht werden. Für den Landwirt war das ein hartes Ergebnis, das umso mehr auffällt, als in anderen Fällen ein Unterhaltsschaden ganz genau unter Hinzurechnung von Eigenheimzulagen, Kinderzulagen u.Ä. zu bemessen ist, wenn ein Anspruch nach § 844 BGB besteht.
d) Eine ähnlich harte Konsequenz aus dem Deliktssystem des BGB zeigt sich bei der Versagung einer immateriellen Entschädigung nach dem Tod eines nahen Verwandten, also beim sog. Angehörigenschmerzensgeld. Zu dessen Einführung hat sich der Gesetzgeber auch bei der Neu...