Zum Umfang des Deckungsausschlusses nach § 11 Nr. 4 AKB:
Die Entscheidung des AmtsG Coburg, die in den Medien Aufmerksamkeit gefunden hat, betrifft einen im Grunde alltäglichen, in der Rspr. jedoch bislang nicht thematisierten Fall: In dem von der KH-Versicherung geschützten Kraftfahrzeug wird aus privatem Anlass, hier einer familiären Weihnachtsfeier, eine Person mitgenommen, die ihrerseits wertvolleres "Gepäck", hier ein Cello, mit sich führt. Der Fahrer erleidet einen Unfall, bei dem das Gut des Beifahrers beschädigt wird. Der Beifahrer verlangt von der KH-Versicherung Schadensersatz. Das scheint § 11 Nr. 4 AKB, der der Abgrenzung zur Transportversicherung (§ 130 Abs. 1 VVG) dient, seine Rechtfertigung in § 4 Nr. 3 KfzPflVV findet und daher einer AVB-Kontrolle voraussichtlich standhält (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB), auszuschließen.
Zutreffend weist allerdings das AG Coburg auf die Auslegung des § 11 Nr. 4 2. Alt. AKB hin. "Überwiegend der Personenbeförderung" dient eine Fahrt nur, wenn ihr Zweck allein dem Transport eines Fahrgastes i.S.v. §§ 1, 2 PersbefG, § 48 FeV, also vor allem mit Bussen, Taxen oder Mietwagen mit Fahrer, ist.
Was aber bedeutet § 11 Nr. 4 1.Alt. AKB, den das AmtsG recht knapp und unter Übernahme einer Kommentarstelle abgehandelt hat. Sind wirklich die Instrumente des zu seiner Musikschule gefahrenen Kindes, die Sportgeräte der zu einem Wettkampf gefahrenen Mannschaftsmitglieder, die Geschenkpakete des aus Gefälligkeit nach Hause mitgenommenen Nachbarn nicht haftpflichtversichert? Und muss daher der Halter und Fahrer, wie sich aus dem mit dem Wortlaut des § 4 Nr. 3 KfzPflVV gerade nicht (mehr) übereinstimmenden § 8 StVG ergibt, allein (und angesichts der Benzinklauseln auch nicht durch seine private Haftpflichtversicherung gedeckt) für den Schaden einstehen? Und trägt gar der Fahrgast, dessen Hausratversicherung in einem solchen Fall gleichfalls nicht einsteht, weil keine versicherte Gefahr eingetreten ist, das Insolvenzrisiko? Darüber entscheidet in der Tat, was man darunter versteht, die beförderte Person müsse die Sache "üblicherweise mit sich" führen. Das AmtsG Coburg verlangt ein gewissermaßen "ständiges", gewohnheitsmäßiges, vom Zweck und Ziel der Fahrt unabhängiges "Beisichtragen". Das ist jedoch keineswegs zwingend und daher eine unzulässige Interpretation zu Lasten des Versicherten. "Üblich" bedeutet nämlich den allgemeinen Gewohnheiten, dem Brauch entsprechend. Es muss "normal" und nicht außergewöhnlich erscheinen, dass eine solche Sache mitgeführt wird. Nur dadurch wird die Abgrenzung zur Transportversicherung auch nachvollzogen: Dass man ein Cello in einem von einem Dritten versicherten Wagen zu einer Weihnachtsfeier mitnimmt, ohne für diese Beförderung gesondert Deckung zu beschaffen, entspricht gewöhnlichem Geschehen, ist gebräuchlich und daher üblich.
Prof. Dr. Rixecker