AHB § 4 Abs. 1 Nr. 6b Hs. 1
Leitsatz
Ausschlussobjekte des Leistungsausschlusses in § 4 Abs. 1 Nr. 6a Hs. 1 AHB sind allein solche bewegliche Sachen, die Gegenstand des Auftrags des Versicherungsnehmers sind.
BGH, Beschl. v. 15.9.2010 – IV ZR 113/08
Sachverhalt
Der Kl. begehrt Deckungsschutz aus einem am 21.5.1991 mit der Bekl. abgeschlossenen Haftpflichtversicherungsvertrag wegen der Beschädigung eines Radladers der A GmbH. Der Kl., der ein Garten- und Landschaftsbauunternehmen betreibt, bezieht bei der A GmbH Kies, der entweder von der A GmbH angeliefert oder bei Selbstabholung auf deren Kiesgrube mit deren Radlader aufgeladen wird. Auf Grund besonderen Vertrauensverhältnisses war dem Kl. gestattet, den Radlader in Abwesenheit von Mitarbeitern der A GmbH selbst zu bedienen und den aufgeladenen Kies selbst zu wiegen. Dabei beschädigte er den Radlader. Die Bekl. versagte Versicherungsschutz im Hinblick auf die Bearbeitungsschadensklausel der AHB.
2 Aus den Gründen:
[2] "… 2. Auch soweit das BG den Leistungsausschluss aus § 4 Abs. 1 Nr. 6b Hs. 1 AHB dahin ausgelegt hat, dass hiervon nur ein sog. Auftragsgegenstand erfasst wird, nicht aber ein Arbeitsmittel, Werkzeug oder eine im unmittelbaren Wirkungsbereich der beruflichen Tätigkeit des Versicherungsnehmers einer Berufshaftpflichtversicherung befindliche bewegliche Sache, ist die Zulassung der Revision weder wegen grds. Bedeutung der Sache noch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rspr. geboten."
[3] a) Die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene Rechtsfrage, ob die vom Senat im Urt. v. 3.5.2000 (VersR 2000, 963 unter II 2) für den – unbewegliche Sachen betreffenden – Leistungsausschluss aus § 4 Abs. 1 Nr. 6b Hs. 2 AHB aufgestellten Maßstäbe auf den – bewegliche Sachen betreffenden – Leistungsausschluss aus § 4 Abs. 1 Nr. 6b Hs. 1 AHB zu übertragen seien, kann dahinstehen.
[4] Der Beschwerdeführerin ist zwar zuzugeben, dass der Senat in der genannten Entscheidung die Beschränkung des Leistungsausschlusses auf den Auftragsgegenstand, mithin den auftragsgemäß bearbeiteten Grundstücksteil, vorwiegend aus dem nur in § 4 Abs. 1 Nr. 6b Hs. 2 AHB enthaltenen Unmittelbarkeitserfordernis hergeleitet hat. Die vom BG gefundene Auslegung des 1. HS erweist sich jedoch bereits bei Anlegung der allgemeinen Maßstäbe als zutreffend, die der Senat in st. Rspr. der Auslegung von Leistungsausschlussklauseln zu Grunde legt. Eines Rückgriffs auf die zu § 4 Abs. 1 Nr. 6b Hs. 2 AHB ergangene Senatsentscheidung bedarf es insoweit nicht.
[5] b) AVB sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss (vgl. BGHZ 123, 83, 85 m.w.N.). Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an.
[6] aa) Kann der Versicherungsnehmer einem Leistungsausschluss entnehmen, dass der Versicherer sich in gewissem Umfang vom übernommenen Haftungsrisiko freihalten will (vgl. dazu Senat VersR 2000, 962 unter II 2b), bleiben die Interessen des Versicherungsnehmers für die Auslegung im Weiteren dennoch bedeutsam. Sein Hauptinteresse an einer Betriebshaftpflichtversicherung geht in Berufszweigen, in denen der Versicherungsnehmer bei seiner Tätigkeit zwangsläufig mit fremden Sachen in Berührung kommt, dahin, gerade auch gegen das Risiko versichert zu sein, wegen einer bei der Berufsausübung verursachten Beschädigung fremder Sachen in Anspruch genommen zu werden (vgl. Senat a.a.O.; Rottmüller, VersR 1986, 843, 849). Findet er dennoch einen diesbezüglichen Risikoausschluss vor, so ist ihm jedenfalls daran gelegen, dass der erstrebte Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der erkennbare Zweck des Leistungsausschlusses dies gebietet. Deshalb sind Risikoausschlussklauseln nach st. Rspr. des Senats eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. Der Zweck der Ausschlussregelung ist dabei nur in den Grenzen der Wortwahl berücksichtigungsfähig (vgl. Senat VersR 1995, 162 unter 3b; VersR 1999, 748 unter 2d und ständig).
[7] bb) Bei der hier vereinbarten Ausschlussklausel braucht der Versicherungsnehmer nicht damit zu rechnen, dass außer dem Gegenstand seines Auftrags auch noch weitere Sachen, mit denen er im Rahmen seiner Tätigkeit in Berührung kommt, Ausschlussobjekte sein sollen.
[8] Er wird zwar erkennen, dass der Haftpflichtversicherer das allgemeine Schadensersatzrisiko des Betriebes auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts (§ 1 Nr. 1 AHB) zu tragen bereit ist, nicht aber besondere Risiken, die gerade daraus erwachsen, dass der Versicherungsnehmer im Rahmen seiner gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit auch anderweitigen Ansprüchen ausgesetzt ist, die daher rühren, dass sich diese berufliche Tätigkeit auf fremde Sachen bezieht, bezüglich derer dem Ver...