" … II. Die Beschwerde des ASt. gegen den Beschl. des VG Braunschweig v. 6.7.2012 hat keinen Erfolg, weil sich aus den seitens des Senats allein zu prüfenden dargelegten Beschwerdegründen, soweit sie in dem Verfahren nach § 146 Abs. 4 VwGO berücksichtigt werden können, nicht ergibt, dass die angefochtene Entscheidung in der begehrten Weise abzuändern ist (§ 146 Abs. 4 S. 3 und 6 VwGO)."

Entgegen der Auffassung des ASt. kann der Senat die zur Begründung der Beschwerde vorgebrachten Gründe nur in eingeschränktem Umfang berücksichtigen.

Dies folgt allerdings nicht bereits daraus, dass das Beschwerdegericht gem. § 146 Abs. 4 S. 1 und 6 VwGO nur diejenigen Gründe zu prüfen hat, die binnen der einmonatigen Frist des § 146 Abs. 4 S. 1 VwGO vorgebracht werden. Denn diese Frist ist hier nicht maßgeblich. Der ASt. hätte vielmehr gem. § 58 Abs. 2 S. 1 VwGO und § 57 VwGO i.V.m. den §§ 222 Abs. 1 ZPO, 188 Abs. 2 und 187 Abs. 1 BGB seine Beschwerde noch bis zum Ablauf des 16.7. 2013 einlegen und begründen können (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22. 12. 1999 – BVerwG 6 B 88.99, NVwZ-RR, 2000, 325). Das VG hat ihm nämlich eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt. Diese Belehrung ist unrichtig, weil sie den falschen Eindruck erweckt, allein die in ihr genannten Personen seien befugt, einen ASt. in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vor dem OVG zu vertreten. Der Eindruck ist falsch, da die Belehrung den Kreis der möglichen Prozessbevollmächtigten nur unvollständig nennt, indem sie von den postulationsfähigen europäischen Hochschullehrern i.S.d. aktuellen Fassung des § 67 Abs. 2 S. 1 VwGO (i.V.m. § 67 Abs. 4 S. 3 VwGO) diejenigen unerwähnt lässt, die nicht an einer deutschen Hochschule i.S.d. Hochschulrahmengesetzes tätig sind (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 27.9.2012 – 7 MS 33/12, juris, Rn 25 ff.).

Das Vorbringen des ASt. kann nur in beschränktem Umfang der Entscheidung des Senats zugrunde gelegt werden, weil das OVG im Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 VwGO grds. von der Sachlage zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung der Vorinstanz auszugehen hat (Kugele, VwGO, 1. Aufl. 2013, § 146 Rn 25; Bader, Die Neuregelung des Rechtsmittelrechts und sonstige Änderungen der VwGO durch das Rechtsmittelbereinigungsgesetz, VBlBW 2002, 471 [474] – inzwischen allerdings a.A. ders. in: Bader u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 146 Rn 30).

Entgegen einer verbreiteten Meinung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. zum Meinungsstand: Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 146 Rn 42, und Guckelberger, in: Sodan/Ziekow [Hrsg.], 3. Aufl. 2010, § 146 Rn 81) sind Änderungen des Sachverhalts, die sich erst nach dem Ergehen des angefochtenen Beschl. erster Instanz ergeben haben, in einem Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 VwGO regelmäßig nicht zu berücksichtigen. Ausnahmen sind nur in engen Grenzen im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes oder der Prozessökonomie anzuerkennen, aber im vorliegenden Falle nicht einschlägig. Sie kämen beispielsweise für Fallgestaltungen in Betracht, die denjenigen der §§ 80 Abs. 8 VwGO und 264 Nr. 3 ZPO (i.V.m. § 173 S. 1 VwGO) vergleichbar sind.

Die grds. fehlende Berücksichtigungsfähigkeit derjenigen Umstände, die erst nach dem Ergehen der angefochtenen Entscheidung eingetreten sind, ergibt sich für das Beschwerdeverfahren des § 146 Abs. 4 VwGO zum einen aus der Spezialität des Verfahrens nach § 80 Abs. 7 S. 2 VwGO, das eigens dafür vorgesehen ist, solchen Veränderungen Rechnung zu tragen. Sie resultiert zum anderen aus der begrenzten Funktion der Beschwerde nach § 146 Abs. 4 VwGO. Diese Begrenzung kommt sowohl darin zum Ausdruck, dass es dem Beschwerdeführer obliegt, sich in seiner Beschwerdebegründung mit der angefochtenen Entscheidung auseinanderzusetzen (§ 146 Abs. 4 S. 3 VwGO), als auch darin, dass das OVG nur die dargelegten Gründe zu prüfen hat (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO). Denn aus beidem folgt, dass es nicht die Aufgabe des Beschwerdegerichts ist, in einem Verfahren nach § 146 Abs. 4 VwGO den Streitfall neu aufzubereiten und in vollem Umfang nachzuprüfen (vgl. Bader, a.a.O., VBlBW 2002, S. 474). Es hat in diesem Verfahren keine originäre Entscheidung zu treffen, sondern – jedenfalls in der Regel – nur retrospektiv die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung im Lichte des Beschwerdevorbringens zu überprüfen. Das ergibt sich nach Auffassung des Senats auch aus der Gesetzgebungsgeschichte. Denn mit der Abschaffung der Zulassungs- und Einführung der Darlegungsbeschwerde durch das Rechtsmittelbereinigungsgesetz war ein Kompromiss bezweckt, nicht dagegen eine überwiegende Rückkehr zu einem Beschwerdeverfahren wie es vor dem 6. VwGO-Änderungsgesetz bestanden hatte.

Der ASt. ist deshalb darauf verwiesen, solche Umstände, die erst nach dem 6.7.2012 eingetreten sind, in einem Änderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 S. 2 VwGO geltend zu machen (vgl. Kugele, a.a.O., Rn 26; Bader, a.a.O., VBlBW 2002, S. 474). Das gilt insb. für die Tatsachen, dass er sich inzwischen einer Begutachtung durch das Flugmedizinische Zentrum E. un...

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