RVG § 31b; VV RVG Nr. 1000 1003; ZPO § 278 Abs. 6
Leitsatz
§ 31b RVG trifft eine Bestimmung zum Gegenstandswert der Einigungsgebühr für den Fall, dass die unter anwaltlicher Mitwirkung erzielte Einigung ausschließlich eine Zahlungsvereinbarung i.S.d. Nr. 1000 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VV RVG zum Gegenstand hat. Sie gilt bei einem gerichtlichen Vergleich über die Titulierung der Klageforderung mit ratenweiser Abzahlung nicht.
Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschl. v. 14.11.2018 – 9 W 162/18
Sachverhalt
Die Kl. hat gegen die Bekl. einen Mahnbescheid über 11.322,14 EUR nebst Zinsen erwirkt. Nachdem die Bekl. gegen diesen Mahnbescheid uneingeschränkt Widerspruch eingelegt hatte, bot sie der Kl. im streitigen Verfahren den Abschluss eines Vergleichs an. Danach sollte die Bekl. die Klageforderung in monatlichen Raten abzahlen sowie die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs tragen. Außerdem sollte der gesamte noch offene Restbetrag sofort fällig werden, wenn die Bekl. mit der Zahlung einer Rate länger als zehn Tage in Rückstand geraten sollte. Die Kl. nahm diesen Vergleichsvorschlag an. Hieraufhin stellte das Prozessgericht durch Beschluss gem. § 278 Abs. 6 ZPO das Zustandekommen und den Inhalt des Vergleichs fest und setzte den Streitwert auf 11.322,14 EUR fest.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Kl. u.a. eine 1,0 Einigungsgebühr nach Nrn. 1000, 1003 VV RVG nach einem Gegenstandswert von 11.322,14 EUR geltend gemacht. Die Rechtspflegerin des LG hat diese Gebühr neben den anderen hier nicht interessierenden Kosten antragsgemäß festgesetzt. Mit ihrer hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde hat die Bekl. geltend gemacht, der Vergleich habe lediglich eine Vereinbarung über die Zahlungsmodalitäten zum Inhalt gehabt, so dass sich der Gegenstandswert hierfür nach § 31b RVG richte. Die sofortige Beschwerde hatte beim OLG Schleswig keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen:
"… II. Die gem. § 104 Abs. 3 S. 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Bekl. hat in der Sache keinen Erfolg. Mit Recht ist die Rechtspflegerin davon ausgegangen, dass die von der Bekl. zu erstattende Einigungsgebühr des klägerischen Prozessbevollmächtigten aus dem vom LG für die Hauptsache einschließlich des Vergleichs festgesetzten Wert zu berechnen ist (§ 32 Abs. 1 RVG) und nicht aus einem auf 20 % der vom Vergleich betroffenen Forderungen zu reduzierenden Wert. Die der gegenteiligen Ansicht der Bekl. zugrunde liegende Vorschrift des § 31b RVG ist nicht anwendbar."
1. Die Bestimmung des § 31b RVG zum Gegenstandswert bei Zahlungsvereinbarungen betrifft den Fall, dass die unter anwaltlicher Mitwirkung erzielte Einigung ausschließlich eine Zahlungsvereinbarung i.S.d. Nr. 1000 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VV RVG zum Gegenstand hat. Das ergibt sich bereits aus der Verwendung des dort legal definierten Begriffs und der ausdrücklichen Verweisung auf diesen Gebührentatbestand. Zudem folgt der entsprechende Regelungszusammenhang aus der Gesetzesbegründung (Regierungsentwurf vom 14.11.2012 zum 2. KostRMoG, BT-Drucks 17/11471, S. 269). § 31b RVG enthält mithin eine Bestimmung zum Gegenstandswert für die Bemessung derjenigen Einigungsgebühr, die für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages entsteht, durch den (nur) die Erfüllung des Anspruchs geregelt wird bei gleichzeitigem vorläufigen Verzicht entweder auf die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs oder – wenn über den Anspruch bereits ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel vorliegt – auf Vollstreckungsmaßnahmen aus diesem Titel.
Hiervon abzugrenzen ist ein Vertrag, der den Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt, der also Grund oder Höhe eines Anspruchs selbst und nicht nur dessen Erfüllung betrifft. Die Mitwirkung des Anwalts an einem solchen Vertrag löst die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VV RVG aus, sofern sich der Regelungsgehalt des Vertrages nicht darauf beschränkt, dass der Schuldner den Anspruch schlicht anerkennt oder der Gläubiger auf den Anspruch verzichtet (Nr. 1000 Abs. 1 S. 2 VV RVG). Die Wertvorschrift des § 31b RVG gilt für diesen Vertrag auch dann nicht, wenn in ihm zugleich Zahlungsmodalitäten geregelt werden (vgl. Gerold/Schmidt/Mayer, RVG 23. Aufl., § 31b Rn 4 und 10 f.; Hartung/Schons/Enders, RVG, 3. Aufl., § 31b Rn 5 m.w.N.; Mayer/Kroiß/Klees, RVG, 7. Aufl., § 31b Rn 3; BeckOK/Streitwert/v. Seltmann, Schuld- und Sachenrecht – Ratenzahlungsvergleich Rn 1; Thiel, in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., § 31b RVG Rn 2 und 16; N. Schneider AGS 2014, 413 in Anm. zu OLG München; AGS 2014, 411 = RVGreport 2014, 189 [Hansens]; AG Vaihingen JurBüro 2015, 550 mit Anm. Drumann; Hergenröder AGS 2014, 371, 372; a.A. BeckOK/RVG/Sommerfeldt, September 2018, § 31b Rn 5, wenn zunächst bestritten, dann aber unter Abschluss Ratenzahlungsvereinbarung anerkannt). Sie wurde mit dem 2. KostRMoG vom 23.7.2013 für den Gebührentatbestand der Nr. 1000 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VV RVG eingeführt, dessen Aufnahme der Gesetzgeber zur Durchsetzung seine...