VVG § 45 Abs. 1 § 28 Abs. 2, Abs. 4 § 81; BFINH § 1 Abs. 1a) § 21 Abs. 1 § 22 § 24 Abs. 1e)
Leitsatz
1. Erteilt der VR dem Kreditgeber des VN einen Sicherungsschein, erlischt die Befugnis des VN, die Forderung im eigenen Namen geltend zu machen. Auch eine Feststellungsklage kann er dann nicht mehr erheben.
2. Die Obliegenheit zur Vorlage von Belegen setzt ein konkretes Auskunftsverlangen voraus.
3. Stellt die StA ein gegen den VN geführtes Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO ein, kommt eine Beweisantizipation zu Lasten des VN im Rahmen eines Prozesskostenhilfeverfahrens nicht in Betracht.
OLG Dresden, Beschl. v. 20.8.2018 – 4 W 600/18
1 Sachverhalt:
Der ASt. beabsichtigt, die AG aus einer bei ihr gehaltenen Inhalts- und einer Betriebsunterbrechungsversicherung wegen eines Brandschadens vom 15.2.2016 in seinem Ladengeschäft in Anspruch zu nehmen. Das LG hat den Antrag abgelehnt. Es sei zwar zu seinen Gunsten davon auszugehen, dass die Indizien für eine Anklageerhebung in einem gegen den ASt. geführten Strafverfahren nicht ausreichen würden. Der ASt. sei aber dem Vorbringen der AG, er habe an der Aufklärung des Versicherungsfalles nicht ausreichend mitgewirkt, nicht entgegen getreten und habe die Indizien, die für seine Beteiligung an dem Brand sprächen, nicht plausibel und nachvollziehbar entkräftet.
2 Aus den Gründen:
"… 1. Für das Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren ist von einer Aktivlegitimation des ASt. auszugehen."
Zwar hat er unstreitig seine gesamte Ladeneinrichtung im Januar 2016 zur Sicherheit an die O.S. übereignet und zugleich mit dieser vereinbart, die streitgegenständliche Inhaltsversicherung für fremde Rechnung aufrecht zu erhalten. Auswirkungen auf die Aktivlegitimation hatte diese Vereinbarung indes nicht. Nach § 21 Abs. 1 BFINH stehen auch bei einer Versicherung für fremde Rechnung die Rechte aus dem Vertrag ausschließlich dem VN zu, auch wenn die versicherte Person den Versicherungsschein besitzt. Selbst wenn man in der Regelung in Ziff. 3 des Sicherungsscheins vom 26.1.2017, die die Befugnis des VN ausschließt, über Rechte, die dem Geber zustehen, in eigenem Namen zu verfügen, eine Abtretung von Ansprüchen aus der streitgegenständlichen Inhaltsversicherung sieht, bleibt der ASt. im Verhältnis zur Versicherung berechtigt, diese Ansprüche im eigenen Namen geltend zu machen (§ 45 Abs. 1 VVG). § 45 Abs. 1 VVG ermächtigt den VN zur prozessualen Durchsetzung der Forderung des Versicherten im Wege der gesetzlichen Prozessstandschaft (BGH NJW 2017, 2466).
Diese Verfügungsbefugnis kann zwar durch einen zugunsten des Kreditgebers des VN vom VR erteilten Sicherungsschein abbedungen werden, mit der Folge, dass allein der Versicherte zur Geltendmachung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag und zur Annahme der Versicherungsleistung befugt sein soll (Staudinger/Halm/Wenst, VVG, § 45 Rn 11 m.w.N.). Dies umfasst auch die Befugnis, gegenüber dem VR eine Feststellungsklage zu erheben. Die AG hat jedoch nicht substantiiert darlegen können, einen solchen Sicherungsschein zugunsten der O.S. ausgestellt zu haben. Der von ihr vorgelegte Entwurf enthält keine Unterschrift des VR und ist ohnehin nur auf die Inhalts-, nicht aber auf die Betriebsunterbrechungsversicherung bezogen. Die in der Anspruchsanmeldung der O.S. vom 29.9.2016 aufgeführte Versicherungsnummer mit der Endziffer ist überdies nicht mit dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag identisch. Es kann daher im Prozesskostenhilfeverfahren nicht zu Lasten des ASt. unterstellt werden, dass die AG, die an der Ausstellung eines solchen Sicherungsscheines kein eigenes Interesse hat, sich hierauf eingelassen hat, zumal offen geblieben ist, zu welchen Bedingungen ggf. ein solcher Sicherungsschein ausgestellt worden sein soll. Der ASt. hat hierzu unter Zeugenbeweisantritt behauptet, mit der O.S. abweichend von Ziff. 3 des vorgelegten Sicherungsscheins seine Befugnis zur Geltendmachung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag vereinbart zu haben, soweit sie die aktuelle Forderung der O.S. übersteigen. Für das Prozesskostenhilfeverfahren ist bei dieser Sachlage zu seinen Gunsten vom Fortbestand der Aktivlegitimation des ASt. auszugehen, zumal er mit Schriftsatz vom 2.8.2018 ebenfalls behauptet hat, den Feststellungsantrag Ziff. 3 “in Absprache und Einverständnis' mit der O.S. stellen zu dürfen. Den genauen Umständen dieser Vereinbarung wird das LG auf gesonderten Vortrag der Parteien ggf. im Hauptsacheverfahren nachzugehen haben. (…)
4. Ein vorsätzlicher Verstoß gegen eine vertragliche Obliegenheit, an der Feststellung des Schadens mitzuwirken (§ 28 Abs. 2 VVG), kann dem ASt. entgegen der Auffassung des LG nicht vorgeworfen werden.
a. Zwar hat die AG mit ihrem Schreiben vom 31.3.2016 auf die Folgen möglicher Obliegenheitsverletzungen hingewiesen und damit dem Erfordernis des § 28 Abs. 4 VVG n.F. hinreichend Genüge getan. Denn die betreffende Belehrung muss in Zusammenhang mit dem Anlass erfolgen, der die Obliegenheiten entstehen lässt, muss dann aber nicht wiederholt werden, wenn noch weitere Auskü...