"… Dem Kl. steht gegen die Bekl. ein Anspruch auf Zahlung von 5.050 EUR nebst Zinsen und außergerichtlicher Anwaltskosten aus der bestehenden Vollkaskoversicherung zu."
1. a) Der Senat hält es nach § 286 ZPO für erwiesen, dass der Kl. mit dem bei der Bekl. versicherten Fahrzeug in den frühen Morgenstunden des 1.4.2015 auf der BAB (…) eine Mittelleitplanke beschädigt und damit einen Versicherungsfall gem. Ziff. A. 2.1.1 der dem Vertrag zugrunde liegenden AKB 2015 ausgelöst hat. (…)
b) Für die arglistige Verletzung einer Aufklärungsobliegenheit gem. Ziff. E. 2.1 und E. 1.1.3 AKB 2015 trägt die Bekl. die Beweislast (…). Diesen Beweis hat sie nicht geführt.
aa) Nach E.1.1.3, 1. Unterpunkt AKB 2015 ist der VN verpflichtet, den Unfallort nicht zu verlassen, “ohne die gesetzlich erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen und die dabei gesetzlich erforderliche Wartezeit zu beachten (Unfallflucht)'. Entgegen der Auffassung der Bekl. geht diese Aufklärungsobliegenheit nicht über die Verwirklichung des Tatbestandes des § 142 Abs. 1 StGB hinaus. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhanges verstehen muss (…). Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den VN erkennbar sind (…). Zu einer vergleichbaren Klausel hat der 6. Senat des OLG Dresden (NJW 2018, 3033) Folgendes ausgeführt:
Zitat
“Die entsprechenden Klauseln der AKB sind dahingehend auszulegen, dass derjenige, der durch das Verlassen der Unfallstelle den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 142 StGB (“unerlaubtes Entfernen vom Unfallort') erfüllt, grds. auch seine Aufklärungsobliegenheit in der Kaskoversicherung verletzt (…). Eine darüber hinausgehende Reichweite der Obliegenheiten des VN ergibt sich aus den vorgenannten Klauseln der AKB hingegen nicht. Allerdings wird anknüpfend an deren Wortlaut, wonach der VN den Unfallort nicht verlassen dürfe, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen, teilweise davon ausgegangen, dass eine – von den Anforderungen des § 142 StGB losgelöste und darüber hinausgehende – versicherungsvertragliche Aufklärungspflicht bestehe (…). Dem folgt der Senat nicht. Zwar ist es zutreffend, dass die geltende Regelung in den AKB, die auf den Straftatbestand des § 142 StGB keinen Bezug nimmt, eine eigenständige Aufklärungspflicht begründet. Allerdings ist deren Reichweite nach dem Verständnishorizont eines durchschnittlichen VN zu ermitteln. Ein solcher wird die vertragliche Pflicht, den Unfallort nicht vor Ermöglichung der erforderlichen Feststellungen zu verlassen, auf den Straftatbestand des § 142 StGB beziehen. Er darf deshalb davon ausgehen, seinen Aufklärungsobliegenheiten gerecht zu werden, wenn er den strafrechtlich sanktionierten Handlungspflichten, die als allgemein bekannt zu gelten haben, gerecht wird (so etwa OLG München zfs 2016, 274; OLG Saarbrücken zfs 2016, 211). Insbesondere besteht daher aufgrund der AKB nicht die Pflicht, vor Verlassen des Unfallorts stets die Polizei zu rufen, wenn innerhalb der Wartefrist des § 142 Abs. 1 Nr. 2 StGB keine feststellungsbereiten Personen eintreffen (…).'
Dem schließt sich der Senat auch für die hier verwendete Klausel an. Die Formulierung in den AKB 2015 der Bekl. knüpft an den Tatbestand der Unfallflucht gem. § 142 Abs. 1 StGB an, indem der Fahrer verpflichtet wird, den Unfallort nicht zu verlassen, ohne die “gesetzlich erforderlichen' Feststellungen zu ermöglichen und dabei auch die “gesetzlich erforderliche Wartezeit' zu beachten. Auch der Hinweis auf die “Unfallflucht' lässt für einen verständigen VN den Schluss zu, dass sich seine versicherungsrechtlichen Obliegenheiten mit den an ihn gestellten strafrechtlichen Verhaltensanforderungen nach § 142 Abs. 1 StGB decken und ihm versicherungsrechtlich keine weitergehenden Pflichten auferlegt werden.
Nach Auffassung des BGH kann zwar die unterlassene Erfüllung der Pflicht nach § 142 Abs. 2 StGB eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit begründen, wenn auch der VR nicht unverzüglich benachrichtigt wird. Der Zweck des § 142 StGB bestehe darin, die privaten Interessen der Unfallbeteiligten und Geschädigten zu schützen, insb. die ihnen aus dem Verkehrsunfall erwachsenen zivilrechtlichen Ansprüche zu sichern und dem Verlust von Beweismitteln zu begegnen (so BGH zfs 2013, 91). Dies decke sich regelmäßig mit dem Interesse des VR an der vollständigen Aufklärung des Unfallherganges und der Unfallursachen, das mit dem Verlassen des Unfallortes nachhaltig beeinträchtigt wird. Dabei gehe es auch darum, dem VR die Feststellung von Tatsachen zu ermöglichen, aus denen sich seine Leistungsfreiheit...