"…"
[6] 1. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Beurteilung des BG, die angegriffene Regelung in Ziffer 1.4 AUB 2010 genüge dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.
[7] a) Hiernach ist der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass die Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen VN verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben, dass die Klausel die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen soweit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Dem VN soll bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vor Augen geführt werden, in welchem Umfang er Versicherungsschutz erlangt und welche Umstände seinen Versicherungsschutz gefährden (Senat VersR 2018, 532 Rn 8 m.w.N.). Nur dann kann er die Entscheidung treffen, ob er den angebotenen Versicherungsschutz nimmt oder nicht (Senat VersR 2017, 1330 Rn 13 m.w.N.).
[8] Maßgebend sind die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden Durchschnittskunden. Insoweit gilt kein anderer Maßstab als derjenige, der auch bei der Auslegung von Versicherungsbedingungen zu beachten ist (…). …
[9] b) Unter Anlegung dieser Maßstäbe erweist sich die angegriffene Regelung in Ziffer 1.4 AUB 2010 nicht als intransparent.
[10] aa) (1) Der durchschnittliche VN wird sich zunächst am Wortlaut von Ziffer 1.4 AUB 2010 orientieren und das Adjektiv “erhöhte' dem Substantiv “Kraftanstrengung' zuordnen. Anstrengung ist nach allgemeinem Sprachgebrauch eine starke Beanspruchung der Kräfte (vgl. Duden, Das Bedeutungswörterbuch, 4. Aufl.). Der VN wird erkennen, dass die Klausel den Einsatz von Muskelkraft verlangt, und zwar – wie ihm das vorangestellte Wort “erhöhte' verdeutlicht – eine qualifizierte Form von Muskeleinsatz. Das wird er dahingehend verstehen, dass der Einsatz von Muskelkraft gesteigert sein muss, einerseits also denjenigen, der mit einer normalen körperlichen Bewegung oder Tätigkeit des täglichen Lebens naturgemäß verbunden ist, übersteigen muss, andererseits aber auch kein völlig außergewöhnlicher oder extremer Krafteinsatz erforderlich ist. Nicht erfasst sind erkennbar normale körperliche Bewegungen oder Tätigkeiten des täglichen Lebens, die zwar einen gewissen Muskeleinsatz, aber nach allgemeiner Lebenserfahrung keine bemerkenswerte Anstrengung erfordern, wie z.B. Gehen, Laufen, Aufstehen, Hocken oder Bücken (vgl. OLG Düsseldorf r+s 1999, 296, 297; OLG Frankfurt zfs 2014, 404; r+s 1995, 157; OLG Karlsruhe VersR 2019, 745, 747 …).
[11] (2) Entgegen der Auffassung der Revision bleibt der Vergleichsmaßstab der “erhöhten' Kraftanstrengung nicht unklar. Nach dem Wortlaut der Klausel kommt es darauf an, dass (und inwieweit) sich der Versicherte angestrengt hat. Daraus wird ein durchschnittlicher VN folgern, dass für die Frage, ob ein Bewegungsablauf oder eine Tätigkeit eine erhöhte Kraftanstrengung im Vergleich zu normalen Abläufen des täglichen Lebens erfordert, auf die individuellen körperlichen Verhältnisse abzustellen ist. Er wird also einen subjektiven Maßstab anlegen. Eine objektive, auf einen durchschnittlichen Versicherten abstellende Betrachtung wird er als fernliegend erachten (vgl. OLG Dresden r+s 2008, 432, 434; OLG Frankfurt r+s 1995, 157; OLG Hamm VersR 2011, 1136; MüKo-VVG/Dörner, 2. Aufl., § 178 Rn 104 …).
[12] (3) Dass sich der Einsatz von Muskelkraft auf die Bewegung anderer Massen als die des eigenen Körpers beziehen muss oder dass überhaupt eine Bewegung erforderlich ist, kann der durchschnittliche VN – wie die Revision zutreffend ausführt – dem Wortlaut nicht entnehmen. Vielmehr wird er jeden Einsatz von gesteigerter Muskelkraft unter den Begriff der erhöhten Kraftanstrengung fassen, also auch solche Abläufe, im Zuge derer er durch Muskelanspannung seinen eigenen Körper bewegt oder – wie etwa bei dem erfolglosen Versuch, einen schweren Gegenstand anzuheben – zu bewegen versucht (vgl. OLG Frankfurt zfs 2014, 404; r+s 1995, 157; OLG Naumburg r+s 2013, 452, 453; OLG Saarbrücken r+s 2002, 348 f. … ; a.A. OLG Celle r+s 1991, 357).
[13] (4) Ebenso wenig kommt es nach dem Wortlaut darauf an, ob die erhöhte Kraftanstrengung nur einmalig oder – etwa anlässlich beruflicher oder sportlicher Betätigung – häufig oder regelmäßig ausgeübt wurde. Maßgeblich für den durchschnittlichen VN ist vielmehr allein, inwieweit der konkrete Muskeleinsatz gemessen an der individuellen (möglicherweise – was der Feststellung im Einzelfall bedarf – durch häufige Vornahme gestärkten) körperlichen Konstitution über denjenigen von normalen Bewegungsabläufen oder Tätigkeiten des täglichen Lebens hinausgeht; die für den jeweiligen Sport oder Beruf typischen Abläufe wird er dagegen nicht als Vergleichsmaßstab ansehen (vgl. OLG Naumburg a.a.O.; OLG Nürnberg NJW-RR 2000, 1273; OLG Saarbrücken a.a.O. …).
[14] bb) Der systematische Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der Klausel...